12.09.2013 Aufrufe

Steiermarkwein Ausgabe 11 - Winter 2011

Winter 2011 Rotwein

Winter 2011
Rotwein

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

der Springer auszurotten, scheiterte<br />

der Metzgerssohn Brenner aus dem<br />

Allgäu allerdings.<br />

Ein letzter Versuch<br />

Bald nach dem Tod von Bischof Brenner<br />

wagten sich einige Springer wieder an<br />

die Öffentlichkeit. Die Kirche bei St. Leonhard<br />

in den Windischen Büheln, die<br />

nur aus Brettern und Reisig bestand,<br />

bauten die Menschen immer wieder<br />

– entgegen dem Befehl der Landesregierung<br />

– auf. Vergeblich wandte die<br />

Springergemeinde in mehreren Bittgesuchen<br />

sich an den Landesherrn, sowie<br />

an den neuen Bischof von Seckau, ja<br />

sogar an den Papst, ihnen ein eigenes<br />

Kirchlein zu gestatten, aber alle Mühe<br />

war vergeblich. Auch der Pfarrer von<br />

St. Leonhard, Peter Miloschiz, der den<br />

Springern den Wiederaufbau ihrer<br />

Kirche erlaubte (es hieß gegen Geld),<br />

wurde eingesperrt, aber gleich wieder<br />

freigelassen, nachdem er versprochen<br />

hatte, die Sekte zu bekämpfen und ihre<br />

Kirche zu vernichten. Im Untergrund<br />

bestand die Sekte fort. 1622 wagten<br />

es die Springer die Kirche in Radoch<br />

neu zu errichten, doch ein strenger<br />

Befehl Kaiser Ferdinands II. führte im<br />

Jahre 1625 zur neuerlichen Zerstörung<br />

des Baues. Von da ab verlieren sich die<br />

Spuren der Springer im steirischen<br />

Weinland. An jenen Stellen, wo einst<br />

die Kirchlein der Springer standen, veranlasste<br />

die Amtskirche Ersatzbauten,<br />

weil die slowenische Bevölkerung diese<br />

Plätze noch weiterhin aufsuchte, um<br />

das Andenken, an jene zu pflegen, die<br />

ihnen in Notfällen zur Seite standen.<br />

Eine Spurensuche<br />

Als die Springer einst aus dem österreichischen<br />

Küstenland abwanderten,<br />

verschwanden sie wohl auch aus unserer<br />

Gegend, um woanders ihr Treiben<br />

fortzusetzen. In dem Büchlein „Admont<br />

und das Gesäuse in der Sage“ fand ich<br />

Berichte, die ebenfalls auf ähnliche Ereignisse<br />

hinweisen.<br />

Die orgiastischen Tänze, wie sie die<br />

Springer ausführten, finden sich schon<br />

bei den Dionysosfesten der alten Hellenen<br />

und sind im 20. Jahrhundert bei<br />

den „Ghost dancers“ am amerikanischen<br />

Kontinent festzustellen. Ebenso<br />

bei den seit 1760 nachgewiesenen<br />

„Jumpers“ (Springer) in Wales, die sich<br />

in eine Trance tanzen und dann zu bellen<br />

beginnen, weshalb man sie auch<br />

„barkers“ nennt. In Telfs in Tirol war bei<br />

dem Dienste der heiligen Kümmernis<br />

noch im Jahre 1820 ein so wilder Tanz<br />

üblich, dass der dortige Pfarrer das Bild<br />

dieser Heiligen verbrennen ließ.<br />

Im Gebiet von Leutschach blieb die<br />

Erinnerung an das Wirken der Springer,<br />

besonders an ihren Gründer, dem<br />

Schneider, lebendig. Manche zählen<br />

die Springer zu den Wiedertäufern, was<br />

falsch ist. Dort, wo einst die Versammlungen<br />

der Sekte stattfanden, erhielt<br />

die Gegend den Flurnamen „Schneiderleitn“,<br />

den die Einheimischen noch<br />

1950 zuordnen konnten. Die Springersekte<br />

war eine Bewegung, die einen<br />

volkskundlich und religionsgeschichtlich<br />

interessanten Kult praktizierte, der<br />

sich in den nächsten Jahrhunderten<br />

weit verbreiten sollte und leider nicht<br />

wissenschaftlich erforscht ist.<br />

Von der früheren Existenz der Springer<br />

profitieren noch heute „Sagenforscher“,<br />

welche die in der Bevölkerung<br />

noch fragmentarisch vorhandenen Legenden<br />

aus dieser Zeit, die sich in den<br />

letzten vierhundert Jahren mit allem<br />

Möglichen und Unmöglichen anreicherten,<br />

kolportieren. Schwurmessen,<br />

Teufelssagen, Erzählungen von Geistlichen<br />

mit telepathischen Fähigkeiten<br />

sowie die Verwertung von rothaarigen<br />

Frauen zu pharmazeutischen Produkten,<br />

haben ihre Wurzeln in den Erinnerungen<br />

an die Springer.<br />

Quellen:<br />

Die Etrusker beginnen zu sprechen. Zacharie<br />

Mayanie, 1962.<br />

Fürstbischof Martin Brenner von Dr. Leopold<br />

Schuster 1898.<br />

Visitationsbericht vom August 1614.<br />

Aquilinius Julius Cäsar berichtet 1773 in seiner<br />

„Beschreibung des Herzogtums Steyermark“.<br />

Staats- und Kirchengeschichte des Herzogtums<br />

Steyermark, 1788.<br />

Geschichte des Protestantismus in der Steiermark,<br />

1859.<br />

P. Wichner, über einige Urbare aus dem 14. und<br />

15. Jahrhundert im Admonter Archive.<br />

Alpenländische Monatshefte, Schulverein Südmark,<br />

vom März 1928.<br />

Allgemeine Wein-Zeitung Nr. 1087/1904 vom<br />

27. Oktober 1904.<br />

Prophetismus und Heilserwartung, Guglielmo<br />

Guariglia, 1959.<br />

U. B. Uni. Graz.<br />

Wikipedia.<br />

Josef Andreas Janisch, topographisch-statistisches<br />

Lexikon von Steiermark, Graz 1878.<br />

79

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!