Novalis Heinrich von Ofterdingen Erstausgabe 1802 ... - Germanistik
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Edda, Mathilde muß ihn opfern, er wird wieder ein Mensch. Während dieser Verwandlungen<br />
hat er allerlei wunderliche Gespräche.«<br />
Er ist glücklich mit Mathilden, die zugleich die Morgenländerin und Cyane ist. Das froheste<br />
Fest des Gemüts wird gefeiert, Alles vorhergehende war Tod. Letzter Traum und Erwachen.<br />
»Klingsohr kömmt wieder als König <strong>von</strong> Atlantis. <strong>Heinrich</strong>s Mutter ist Phantasie, der Vater ist<br />
der Sinn, Schwaning ist der Mond, der Bergmann ist der Antiquar, auch zugleich das Eisen.<br />
Kaiser Friedrich ist Arktur. Auch der Graf <strong>von</strong> Hohenzollern und die Kaufleute kommen<br />
wieder. « Alles fliegt in eine Allegorie zusammen. Cyane bringt dem Kaiser den Stein, aber<br />
<strong>Heinrich</strong> ist nun selbst der Dichter aus jenem Märchen, welches ihm vordem die Kaufleute<br />
erzählten.<br />
Das selige Land leidet nur noch <strong>von</strong> einer Bezauberung, indem es dem Wechsel der<br />
Jahreszeiten unterworfen ist, <strong>Heinrich</strong> zerstört das Sonnenreich. Mit einem großen Gedicht,<br />
wo<strong>von</strong> nur der Anfang aufgeschrieben ist, sollte das ganze Werk beschlossen werden:<br />
Die Vermählung der Jahreszeiten<br />
Tief in Gedanken stand der neue Monarch. Er gedachte<br />
Jetzt des nächtlichen Traums, und der Erzählung auch,<br />
Als er zu erst <strong>von</strong> der himmlischen Blume gehört und getroffen<br />
Still <strong>von</strong> der Weissagung, mächtige Liebe gefühlt.<br />
Noch dünkt ihm, er höre die tiefeindringende Stimme,<br />
Eben verließe der Gast erst den geselligen Kreis<br />
Flüchtige Schimmer des Mondes erhellten die klappernden Fenster<br />
Und in des Jünglings Brust tobe verzehrende Glut.<br />
»Edda«, sagte der König, »was ist des liebenden Herzens<br />
Innigster Wunsch? was ist ihm der unsäglichste Schmerz?<br />
Sag es, wir wollen ihm helfen, die Macht ist unser, und herrlich<br />
Werde die Zeit, nun du wieder den Himmel beglückst.«<br />
»Wären die Zeiten nicht so ungesellig, verbände<br />
Zukunft mit Gegenwart und mit Vergangenheit sich,<br />
Schlösse Frühling sich an Herbst, und Sommer an Winter,<br />
Wäre zu spielenden Ernst Jugend mit Alter gepaart:<br />
Dann mein süßer Gemahl versiegte die Quelle der Schmerzen,<br />
Aller Empfindungen Wunsch wäre dem Herzen gewährt.«<br />
Also die Königin; freudig umschlang sie der schöne Geliebte;<br />
»Ausgesprochen hast du wahrlich ein himmlisches Wort,<br />
Was schon längst auf den Lippen der tiefer Fühlenden schwebte,<br />
Aber den deinigen erst rein und gedeihlich entklang.<br />
Führe man schnell den Wagen herbei, wir holen sie selber,<br />
Erstlich die Zeiten des Jahrs, dann auch des Menschengeschlechts.«<br />
Sie fahren zur Sonne, und holen zuerst den Tag, dann zur Nacht, dann nach Norden, um<br />
den Winter, alsdann nach Süden, um den Sommer zu finden, <strong>von</strong> Osten bringen sie den<br />
Frühling, <strong>von</strong> Westen den Herbst. Dann eilen sie zur Jugend, dann zum Alter, zur<br />
Vergangenheit, wie zur Zukunft. –<br />
Dieses ist, was ich dem Leser aus meinen Erinnerungen, und aus einzelnen Worten und<br />
Winken in den Papieren meines Freundes habe geben können. Die Ausarbeitung dieser<br />
großen Aufgabe würde ein bleibendes Denkmal einer neuen Poesie gewesen sein. Ich habe<br />
in dieser Anzeige lieber trocken und kurz sein wollen, als in die Gefahr geraten, <strong>von</strong> meiner