Universitätsblätter 2009 - Gießener Hochschulgesellschaft
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Art, nor the Conceit or Caprice of Man has<br />
spoil’d their genuine Order, by breaking in<br />
upon that primitive State. Even the rude Rocks,<br />
the mossy Caverns, the irregular unwrought<br />
Grotto’s, and broken Falls of Waters, with all<br />
the horrid Graces of the Wilderness it-self, as<br />
representing Nature more, will be the more<br />
engaging, and appear with a Magnificence beyond<br />
the formal Mockery of Princely Gardens.<br />
(Shaftesbury, Complete Works, ed. Benda et<br />
al., part 3, sect. 2)<br />
(Ich werde nicht länger der Leidenschaft widerstehen,<br />
die in mir nach Dingen von natürlicher<br />
Art wächst; wo weder die Kunst noch menschliche<br />
Eitelkeit oder Laune ihre echte Ordnung<br />
gestört hat, indem sie in den ursprünglichen Zustand<br />
eingedrungen ist. Selbst die rauhen Felsen,<br />
die moosigen Höhlen, die unregelmäßigen,<br />
unbearbeiteten Grotten und unebenen Wasserfälle<br />
mit all den schrecklichen Reizen der Wildnis<br />
selbst, werden, da sie die Natur mehr verkörpern,<br />
umso gewinnender sein und mit einer<br />
Pracht in Erscheinung treten, welche die förmliche<br />
Farce von Fürstengärten weit übertrifft.)<br />
Diese Erklärung lässt sich sowohl als ein Plädoyer<br />
für die Natürlichkeit verstehen, welche sich<br />
in dem englischen Garten findet (mit einer entsprechenden<br />
Zurückweisung der Künstlichkeit<br />
des Barockgartens bzw. des so genannten formal<br />
garden), als auch als ein romantisches Manifest<br />
für eine Rückkehr zur Natur. Zur gleichen<br />
Zeit sind die Worte des Theocles nicht eine<br />
nüchterne Feststellung, sondern ein leidenschaftliches<br />
Bekenntnis, wie es so typisch für<br />
romantische Ausdrucksformen ist.<br />
Wir sind dem Schlüsselwort nature (bzw. Natur)<br />
bereits in Addisons „Pleasures-of-the-Imagination“-Essays<br />
begegnet. So ist es nicht erstaunlich,<br />
wenn in einer späteren Nummer des<br />
Spectator (477, vom 6. September 1712) ein<br />
fiktiver Korrespondent dieses aufgreift. Nachdem<br />
er seinen eigenen Garten beschrieben hat,<br />
den ein geübter Gärtner („a skillful Gardener“)<br />
als natürliche Wildnis („as a natural Wilderness“)<br />
betrachten würde, hebt er am Ende seiner<br />
Beschreibung gerade diesen Aspekt besonders<br />
hervor:<br />
[...] you will find, by the Account which I have<br />
already given you, that my Compositions in<br />
Gardening are altogether after the Pindarick<br />
Manner, and run into the beautiful Wildness of<br />
Nature without affecting the nicer Elegancies<br />
of Art. (vol. 4, p. 13)<br />
(Sie werden durch den Bericht, den ich Ihnen<br />
schon gegeben habe, finden, dass meine Kompositionen<br />
im Gartenbau ganz nach der Pindarischen<br />
Art sind und in die schöne Wildheit der<br />
Natur laufen, ohne die feinere Eleganz der<br />
Kunst fälschlich nachzuahmen.)<br />
Pindar mit seinen Oden – in der englischen<br />
Dichtung der Romantik sicherlich eine der bedeutendsten<br />
Formen – stand für leidenschaftliche<br />
Wildheit. In diesem Fall meint Addisons<br />
Briefschreiber natürlich die Wildheit der Natur,<br />
die sich in dem – wie wir sagen würden – englischen<br />
Garten zeigt.<br />
Dies ist auch der Aspekt, den Horace Walpole<br />
in dem frühesten Überblick über die Entwicklung<br />
des englischen Gartens betont, in der<br />
Schrift On Modern Gardening (Über die moderne<br />
Gartenkunst) (1770). Dort schreibt er<br />
über die entscheidende Phase in der Evolution<br />
des neuen Konzepts in einer viel zitierten Passage:<br />
[...] when nature was taken into the plan [...],<br />
every step that was made, pointed out new<br />
beauties and inspired new ideas. At that moment<br />
appeared Kent, painter enough to taste<br />
the charms of landscape, bold and opinionative<br />
enough to dare and to dictate, and born with a<br />
genius to strike out a great system from the<br />
twilight of imperfect essays. He leaped the<br />
fence, and saw that all nature was a garden.<br />
(Walpole, 264)<br />
([...] als die Natur in den Plan übernommen<br />
wurde, zeigte jeder Schritt, der getan wurde,<br />
neue Schönheiten und regte neue Ideen an. In<br />
diesem Augenblick trat Kent in Erscheinung,<br />
Maler genug, um die Reize der Landschaft zu<br />
erleben, kühn und eigenwillig genug, um etwas<br />
zu wagen und vorzuschreiben, und mit einer<br />
genialen Schöpferkraft geboren, um ein<br />
großes System aus dem Zwielicht unvollkommener<br />
Versuche herauszuarbeiten. Er sprang<br />
über den Zaun und sah, dass die ganze Natur<br />
ein Garten war.)<br />
Kent, der große Pionier des englischen Gartens,<br />
wird hier gesehen als mit den Qualitäten<br />
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