Universitätsblätter 2009 - Gießener Hochschulgesellschaft
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Gleichstellung von Frauen in Wissenschaft und<br />
Forschung an deutschen Hochschulen“ kommen<br />
will, ein überzeugendes Gleichstellungskonzept<br />
einreichen, dessen Qualität und vor<br />
allem reale Umsetzung in der Praxis Voraussetzung<br />
für die Bewilligung der Gelder ist.<br />
Perspektiven: Von der Frauenförderung<br />
zur egalitären Wissenschaftskultur?<br />
Genau dies hat die Justus-Liebig-Universität<br />
Gießen unter Leitung des Präsidenten, Prof.<br />
Dr. Stefan Hormuth, mit ihrem im November<br />
2008 verabschiedeten Gleichstellungskonzept<br />
erfolgreich getan. Anlass, sich für das Professorinnenprogramm<br />
zu bewerben, waren einerseits<br />
die erheblichen Mittel, die dieses Programm<br />
zur Verfügung stellt, andererseits die<br />
Einsicht, dass eine Universität, an der zwei<br />
Drittel aller Studierenden hoch motivierte junge<br />
Frauen sind, es sich nicht leisten kann, ihr<br />
Potenzial nicht angemessen zu fördern. Nun<br />
will die Universität mit einem ganzen Bündel<br />
von Maßnahmen eine neue institutionelle Kultur<br />
verankern, die der Profilierung von Nachwuchswissenschaftlerinnen<br />
sowie der Anerkennung<br />
aller Wissenschaftlerinnen verpflichtet<br />
ist. Ziel der JLU ist, bei künftigen Berufungen<br />
eine Quote von 50 Prozent zu erreichen, um so<br />
den Frauenanteil bei den Professuren deutlich<br />
zu erhöhen. Diese Quote ist nicht neu, schon<br />
das Hessische Gleichberechtigungsgesetz hatte<br />
dieselbe Quote vorgegeben, doch werden nun<br />
neue Strategien verfolgt, die sich sowohl auf<br />
die Rekrutierungsverfahren als auch auf die Bewertung<br />
wissenschaftlicher Leistungen beziehen.<br />
So sollen z. B. Berufungskommissionen<br />
den Begriff der „gleichen Qualifikation“ kritisch<br />
prüfen und abwägen, inwieweit die eigene<br />
Fachkultur bislang Barrieren für Bewerberinnen<br />
erzeugt hat, um bestehende Benachteiligungen<br />
nicht weiter zu verstetigen. Hier<br />
kommt der Vermittlung von Genderkompetenz<br />
als Schlüsselqualifikation für Führungsaufgaben,<br />
Teamfähigkeit und die akademische<br />
Lehre eine besondere Bedeutung zu. Ihre Vermittlung<br />
wird Teil der vorgesehenen Qualifi<br />
zierungsmaßnahmen für WissenschaftlerInnen<br />
sein.<br />
Zahlreiche weitere Maßnahmen sind geplant<br />
wie ein Ideen-Wettbewerb zur Förderung von<br />
Frauen auf allen Qualifikationsstufen, die Ausschreibung<br />
eines Frauenförderpreises der JLU,<br />
ein Monitoringsystem zur Dokumentation<br />
gleichstellungspolitischer Entwicklungen, die<br />
Erstellung eines Leitfadens für Berufungsverfahren<br />
oder ein Forschungsprojekt zur Analyse<br />
der Organisationskultur der JLU unter Gleichstellungsaspekten.<br />
Seit 2005 ist die Justus-<br />
Liebig-Universität „familiengerechte Hochschule“<br />
und unterstützt Studierende und Beschäftigte<br />
mit Kindern in Studium und Beruf.<br />
Das Gleichstellungskonzept sieht auch hier<br />
weitere Maßnahmen vor wie den Ausbau von<br />
Kinderbetreuungsmöglichkeiten, Initiativen zur<br />
Unterstützung von so genannten „Dual Career<br />
Couples“ sowie zur familienfreundlichen Ausgestaltung<br />
von Lern- und Arbeitsbedingungen.<br />
Darüber hinaus sollen Themen der Frauen- und<br />
Geschlechterforschung bei der Ausschreibung<br />
bestimmter Professuren (etwa in der Pädagogik,<br />
der Medizin oder den Rechtswissenschaften)<br />
mehr berücksichtigt werden. Auch<br />
die verstärkte Beteiligung an Nachwuchs fördernden<br />
Netzwerken und Mentoring-Programmen<br />
ist vorgesehen.<br />
Um das umfangreiche Gleichstellungskonzept<br />
in die Praxis umzusetzen, wurde eine neue Stelle<br />
der Programmkoordinatorin geschaffen, die<br />
alle notwendigen Schritte in die Wege leiten<br />
und organisieren wird. Eine vom Präsidium der<br />
JLU eingesetzte ständige Gleichstellungskommission<br />
wird die Umsetzung der beschlossenen<br />
Maßnahmen überwachen. Auch für die Frauenbeauftragte<br />
der JLU – Marion Oberschelp hat<br />
dieses Amt seit Herbst 2006 alleine inne, da<br />
ihre Kollegin Gerda Weigel-Greilich das Amt<br />
der Bürgermeisterin der Stadt Gießen übernommen<br />
hat – bedeutet das Gleichstellungskonzept<br />
eine Erweiterung ihrer Zuständigkeiten.<br />
Sie ist Mitglied der Gleichstellungskommission,<br />
verantwortlich für die Arbeit der<br />
Programmkoordinatorin und Ansprechpartnerin<br />
bei der Realisierung der geplanten Maßnahmen.<br />
So wird sie durch den Perspektivenwechsel<br />
der Universität von der Frauenförderung zur<br />
Verwirklichung einer egalitären Wissenschaftskultur<br />
auf dem Gebiet der Chancengleichheit<br />
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