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Seite 8 TELEFUNKEN – ZEITUNG Nr.17<br />
aus dem Gedächtnis die Druckluftpumpe im<br />
zusammengesetzten Zustande. Riedler war<br />
darüber entzückt und stellte fest, daß Arco ungewöhnliche<br />
Raumphantasie und Formengedächtnis<br />
besitze. Er riet ihm dringend, den<br />
Abschied zu nehmen und Technik zu studieren.<br />
Er stellte ihm hier<strong>für</strong> einen Studienplan mit<br />
der Richtung zum Maschinenbau zusammen,<br />
aber ganz ohne Rücksicht auf eine Examensmöglichkeit,<br />
und Arco bezog die Technische<br />
Hochschule zu Charlottenburg.<br />
Während seines Studiums (1893—1896)<br />
lernte er Professor Slaby kennen, der ihn einlud,<br />
als Assistent zu ihm zu kommen. Er sagte<br />
ihm, daß er ein ganz neues Gebiet in Arbeit<br />
nähme, das aussichtsreich sei und in das er<br />
sich gründlich einzuarbeiten Gelegenheit hätte.<br />
Es handelte sich um die drahtlose Telegraphie,<br />
<strong>von</strong> der Slaby bei seiner Anwesenheit als Gast<br />
Marconis in England einen tiefen Eindruck erhalten<br />
hatte.<br />
Arco ging nur ungern zu dem neuen, ihm<br />
fremden Gebiet über, aber er wurde Assistent<br />
und zwar <strong>für</strong> den Unterrichtsbetrieb während<br />
des Sommers im Laboratorium <strong>für</strong><br />
Wärmemechanik (dem ursprünglichen Spezialgebiet<br />
Slabys), während des Winters im Elektrotechnischen<br />
Laboratorium. Obwohl Arco<br />
kinematische Angelegenheiten viel mehr interessierten,<br />
blieb er doch bis 1898 bei Slaby.<br />
Ueber seiner neuen Arbeit vergaß er, sich exmatrikulieren<br />
zu lassen, und stand so semesterlang<br />
am schwarzen Brett der Technischen<br />
Hochschule, bis er endlich aus der Liste der<br />
Studierenden gestrichen wurde, weil er nicht<br />
belegt hatte.<br />
Zu jener Zeit hatte Graf Arco, wie er sagt,<br />
den „Radvogel“. Beim Radeln lernte er auch<br />
Erich Rathenau kennen, den heute bereits<br />
verstorbenen Sohn Emil Rathenaus. Erich Rathenau<br />
war damals Direktor des Kabelwerkes<br />
der AEG. Dieser lud ihn ein, als Elektriker<br />
dorthin zu kommen. Er hatte zwar nicht viel<br />
Lust dazu, nahm jedoch das Angebot wegen<br />
des höheren Gehaltes an und war mehrere<br />
Jahre Ingenieur des Kabelwerkes. Er vereinfachte<br />
einige Kabelprüfmethoden und versuchte,<br />
die Abnahmeforderungen, die damals<br />
<strong>für</strong> Wechselstrom-Starkstromkabel besonders<br />
hinsichtlich des Isolationswiderstandes hoch<br />
waren, mehr auf Isolationsfestigkeit zu verschieben.<br />
Das entsprach, wie die spätere<br />
Entwicklung gezeigt hat, den Bedingungen der<br />
Wirklichkeit weit mehr und führte auch zu<br />
besseren Fabrikationsmethoden. Er arbeitete,<br />
auch ein praktisches Verfahren aus, um Isolationsdefekte<br />
an isolierten Drähten automatisch<br />
zu finden; dieses Verfahren ist heute<br />
noch im Gebrauch.<br />
Da Prof. Slaby den Grafen Arco <strong>für</strong> seine<br />
Versuche in der drahtlosen Telegraphie des<br />
öfteren <strong>von</strong> der AEG reklamierte, wurde Arco<br />
allmählich neben seiner anderen Tätigkeit auch<br />
Ingenieur der AEG <strong>für</strong> drahtlose Telegraphie.<br />
Im Jahre 1897 machte Slaby wieder einmal<br />
Versuche in Sakrow; Arco war zu jener Zeit<br />
gerade zu einer Übung eingezogen und machte<br />
diese Versuche in Uniform mit. Dadurch erregte<br />
er das Interesse des Kaisers, dem Slaby<br />
seine Versuche zeigte. Der Kaiser erinnerte<br />
sich bei dieser Gelegenheit, daß ihm der Graf<br />
schon einmal gelegentlich eines Parademarsches<br />
auf dem Tempelhofer Felde aufgefallen<br />
sei, wo er wegen seiner kurzen Beine nicht mitkam.<br />
Den Kaiser interessierte die Funkentelegraphie<br />
außerordentlich und Slaby machte ihn<br />
auf deren großen Wert <strong>für</strong> die Marine aufmerksam.<br />
Die Versuche dazu übertrug er<br />
Arco. Auf diese Weise entstand die erste<br />
drahtlose Apparatur, und zwar in der Werkzeugmacherei<br />
der Kabelwerke der AEG. Für<br />
die Expedition nach China sollten ebenfalls<br />
zwei drahtlose Stationen mitgenommen werden.<br />
Arco wollte sie auf zwei Lastautomobilen<br />
einbauen, aber es gelang nur, ein einziges Lastautomobil<br />
in ganz Berlin aufzutreiben, das<br />
zweite bekam schließlich die Form eines ausrangierten<br />
Bierwagens. Natürlich wurde die<br />
Apparatur in der kurzen zur Verfügung stehenden<br />
Zeit nicht fertig, und so ergab sich dann<br />
das komische Intermezzo, daß der Maler noch<br />
mit Farbentopf und Pinsel hinter dem Bierwagen<br />
zu dessen letzter Verschönerung herlief,<br />
während er bereits zum Bahnhof gefahren<br />
wurde.<br />
Uebrigens wollte es ein tragisches Geschick,<br />
daß diese mit so viel Mühe fertiggestellte erste<br />
fahrbare Militärstation nicht zur praktischen<br />
Verwendung kam: Beim Ausschiffen in China<br />
versank sie auf Nimmerwiedersehen in den<br />
gelben Fluten des Peiho!<br />
Gelegentlich der Arbeit im Kabelwerk trug<br />
sich ein Unfall zu, der leicht sehr ernste Folgen<br />
hätte haben können. Für einen Experimentalvortrag<br />
Walter Rathenaus vor dem Kaiser<br />
hatte Arco einen großen Tesla-Transformator<br />
zusammengestellt, dessen Spule in einem<br />
Petroleumbade angeordnet war. Bei einer Erprobung<br />
an einem heißen Sommertage schlug<br />
zwischen Primär- und Sekundärwicklung ein<br />
Funke über und im nächsten Augenblick stand<br />
das große Petroleumbad in hellen Flammen.<br />
Der Brand konnte durch energische Maßnahmen<br />
lokalisiert werden, obgleich eine große