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Digitalisiert von Thomas Günzel für www ... - Nonstop Systems

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Nr.17 TELEFUNKEN – ZEITUNG Seite 79<br />

Minus mal Minus gibt Plus. Nicht bloß in<br />

der Mathematik! Manchmal auch beim Kommiß.<br />

Jedenfalls: der „Premier“, genannt der<br />

Funkenlöwe, fragte mich erst: „Haben Sie<br />

schon mal einen 200 Meter hohen Funkenmast<br />

gesehen?“<br />

„Nee!“<br />

„Haben Sie 'ne Ahnung <strong>von</strong> Großstationsbetrieb?“<br />

„Nee!“<br />

„Na dann — (man beachte Minus mal Minus<br />

gleich Plus) — na dann können Sie eigentlich<br />

mit nach Nauen.“<br />

„Wie lange?“<br />

„Weiß ich noch nicht. Richten Sie sich<br />

darnach ein!“<br />

Es gibt gar nichts schöneres wie eine klare<br />

Auskunft! — Ich packte also <strong>für</strong> so 'ne halbe<br />

Woche Zigarren ein, Nachtzeug und Zahnbürste<br />

und 2 Stunden später fuhren wir per Eisenbahn<br />

nach dem kleinen, märkischen Städtchen, das<br />

damals durch die Flugversuche, die sein Rathausturm<br />

in einer stürmischen Nacht machte,<br />

gerade wieder vorübergehend berühmt geworden<br />

war.<br />

Unterwegs beklopfte Leo erst sachgemäß<br />

mit dem Funkerschwert die Kupeewände, ob<br />

wir vor unberufenen Lauschern sicher wären,<br />

drohte mir dann kalt aber eindringlich den Tod<br />

durch Erschießen oder 15 Jahre lang absolutes<br />

Sendeverbot <strong>für</strong> die mir etwa unterstellten<br />

Funkenstationen an (was ich im Vergleich zum<br />

Erschießen <strong>für</strong> eine sehr grausame Strafe<br />

finde) und machte mich dann mit dem Zweck<br />

des Unternehmens bekannt.<br />

Die Oesterreicher — <strong>von</strong> deren Funkerei<br />

wir damals ebensowenig wußten, wie ein<br />

„Drahter“ <strong>von</strong> unserer eigenen — hatten nach<br />

Pola einen neuen Tonfunkensender bekommen<br />

und der sollte nun mal auf Reichweiten usw.<br />

ausprobiert werden. Als vermittelnde Stelle<br />

und damit die Sache nicht so auffiele, sollte<br />

die Festungsstation Metz mitspielen. Das<br />

Ganze war natürlich noch viel geheimer, als<br />

sich das so beschreiben läßt, und insbesondere<br />

sollten wir uns vor dem bösen Eiffelturm hüten,<br />

der uns schon so manches liebe Mal gestört<br />

und geärgert hatte.<br />

Ich war schwer begeistert und allerhand<br />

poetische Betrachtungen über „Krieg im<br />

Aether“ und „Wettstreit der Elektronen“<br />

Krieg im Frieden<br />

(Eine Nacht im alten Nauen)<br />

Von Hauptmann Meydam<br />

drängten sich über meine jugendlichen Leutnantslippen.<br />

In Nauen brachten wir unser Gepäck im<br />

„Hamburger Hof“ unter und ratterten dann<br />

mit einem Auto zur Station. Das Auto stellte<br />

den Motorkenntnissen der Stationsbeamten<br />

übrigens ein glänzendes Zeugnis aus: Nur erprobte<br />

Fachleute durften sich ihm anvertrauen,<br />

denn der Motor pflegte unterwegs die Mitfahrenden<br />

vor technische Aufgaben zu stellen, die<br />

der Kraftwagenführer allein zu lösen nie imstande<br />

gewesen wäre!<br />

Die Station war damals noch nicht<br />

annähernd das, was sie heute ist, aber trotzdem<br />

ein imponierender Beweis deutscher Funkentechnik.<br />

Leise auf dem Glasfuß hin und her<br />

schwingend schien sich der damals eben fertig<br />

gewordene 200 Meter hohe Turm in den Wolken<br />

zu verlieren; das neue Stationshaus lag<br />

blitzsauber da. Ich konstatierte in kurzem, daß<br />

ich den tiefsinnigen Betrachtungen über Kapazität,<br />

Leistungsfaktoren, Hoch- und Niederfrequenz,<br />

in denen die Telefunken-Ingenieure mit<br />

dem „Premier“ begeistert dahinplätscherten,<br />

doch nicht folgen könne und kroch auf eigene<br />

Faust in der Station herum, denn unser eigentlicher<br />

Dienst sollte erst am nächsten Tage beginnen.<br />

Es wurden nämlich noch zwei Offiziere<br />

und eine Anzahl Mannschaften erwartet.<br />

Im Maschinenraum fand ich als Hauptsachverständigen<br />

einen Italiener — und bei den<br />

Apparaten oben einen deutsch-russischen Ingenieur!<br />

— Ganz harmlos erzähle ich dem<br />

„Premier“ diesen internationalen Zug, der die<br />

weltumspannende Bedeutung Telefunkens sichtbar<br />

dokumentiere, um ihm zu beweisen, welch<br />

Interesse ich bereits entwickelt hätte.<br />

Beim Italiener zuckte er bloß, aber als ich<br />

den Russen nannte, packte er mich gewaltig<br />

am Arm und schrie: „Wo liegt er?“<br />

Mein Gesicht war wahrscheinlich ebenso<br />

schlau wie nichtssagend, denn mit dem Schrei<br />

„der Kerl muß weg“ entsprang der Premier<br />

ins Haus. Die ganze Diskussion, die er mit<br />

dem Stationsingenieur, einem weiland Einjährig-Gefreiten<br />

der Frankfurter Funker-Abteilung,<br />

hatte, habe ich leider nicht gehört, aber<br />

ich kam doch noch rechtzeitig, um das Bild<br />

voll zu genießen.<br />

Der Stationsingenieur, die Linke an den<br />

Empfangstisch geklammert, während er in der

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