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Nr.17 TELEFUNKEN – ZEITUNG Seite 101<br />

Telefunkenbeamte in der Gefangenschaft<br />

Der plötzliche Ausbruch des Weltkrieges,<br />

der so viele Deutsche, die im Ausland beruflich<br />

tätig waren, an der Heimreise verhindert hat,<br />

überraschte auch eine große Anzahl unserer Ingenieure,<br />

Monteure und Telegraphisten in überseeischen<br />

Ländern. Sehr verschieden war das<br />

Schicksal, das ihnen bereitet wurde; einige<br />

sind bereits aus der Gefangenschaft entlassen<br />

worden, die meisten andern werden noch zurückgehalten.<br />

Die beim Bau der vier Südseestationen<br />

(Samoa, Yap, Nauru, Rabaul) beschäftigten Beamten<br />

wurden nach Einnahme der Stationen<br />

auf drei verschiedene Lager in Australien<br />

verteilt. Eine Gruppe, bei der sich Ingenieur<br />

Hirsch befand, kam nach Motuihi, einer Insel<br />

in der Bucht <strong>von</strong> Auckland, andere Herren unter<br />

Führung des Betriebsleiters Hermann Kaspar<br />

nach dem deutschen Konzentrationslager<br />

in Liverpool bei Sydney, Ingenieur Brauns,<br />

der Frau und Tochter bei sich hatte, nach<br />

Berrima, einem Orte im Innern <strong>von</strong> Neu Süd-<br />

Wales. Der Bauleiter der Station Rabaul,<br />

Ingenieur Kleinschmidt, erkrankte wenige Tage<br />

nach Ausbruch des Krieges an Gehirnmalaria;<br />

er kam in das Hospital in<br />

Herbertshöhe, wo er am 16. September<br />

starb; auch er muß als Opfer des Weltkrieges<br />

angesehen werden. Dem Bauleiter der<br />

Station Yap, Ingenieur Köhler, glückte es,<br />

wenige Wochen nach Ausbruch des Krieges<br />

über Japan nach Shanghai zu gelangen, wo<br />

er während der Dauer des Krieges verblieb.<br />

Seit Mitte April befindet er sich bereits in<br />

Deutschland. Mit ihm zusammen war der Monteur<br />

Hermann, dem es ebenfalls gelang, über<br />

Japan nach Shanghai zu kommen.<br />

Ingenieur Hirsch und die bei ihm befindlichen<br />

Herren hatten, bevor sie nach Motuihi<br />

gebracht wurden, noch einige recht gefährliche<br />

Stunden auf der Station in Samoa durchmachen<br />

müssen. Sie hatten im letzten Augenblick<br />

einige wichtige Teile der Apparate ihrer<br />

Station unbrauchbar gemacht und weder die<br />

Zusage einer hohen Belohnung, falls die Station<br />

wieder in Gang käme, noch die Androhung mit<br />

Erschießen konnte sie dazu bewegen, den Engländern<br />

ihren Willen zu tun. Aufrechte Charaktere,<br />

so wie wir sie stets kannten, blieben<br />

sie auch standhaft gegenüber dem Feinde.<br />

Den Reichsbehörden wurde ihr standfestes<br />

Verhalten bekannt gegeben; die Anerkennung<br />

wird hoffentlich nicht ausbleiben.<br />

Sonst ging es den Herren in Motuihi im allgemeinen<br />

leidlich; sie hatten zwar unter dem Mangel<br />

an Zeitungen zu leiden, aber mit den ihnen<br />

<strong>von</strong> hier aus gesandten Unterstützungsgeldern<br />

konnten sie sich manche Erleichterungen verschaffen.<br />

Zu Weihnachten erhielten sie <strong>von</strong><br />

uns stets eine größere Büchersendung, die<br />

auch richtig an den Bestimmungsort gelangte.<br />

Sehr schlecht spielte dagegen das Schicksal<br />

dem Telegraphisten Grün mit. Dieser<br />

wurde nach wenigen Monaten aus Ursachen,<br />

die sich unsrer Kenntnis entziehen, <strong>von</strong> den andern<br />

Herren getrennt und auf die Festung<br />

De<strong>von</strong>port gebracht, wo er längere Zeit blieb.<br />

Dort traf er mit den Leuten des deutschen<br />

Kriegsschiffs „Seeadler“ zusammen, beteiligte<br />

sich bei deren Fluchtversuch, der leider ein<br />

vorzeitiges Ende nahm, und wurde nun <strong>von</strong><br />

neuem gefangen gesetzt. Die Nachrichten, die<br />

wir durch seine Familie erhielten, lauteten<br />

nicht sehr günstig.<br />

Von Ingenieur Hirsch wie auch <strong>von</strong> andern<br />

Herren, hatten wir hin und wieder Nachrichten,<br />

in denen er uns über das Tun und Treiben<br />

auf der Insel und ihre Beschäftigung, um den<br />

Geist rege zu erhalten, Bericht erstattete. Auch<br />

einige Bilder erhielten wir, obgleich mancher<br />

Brief sein Ziel nicht erreichte. In Motuihi befanden<br />

sich auch Regierungsbeamte aus<br />

Samoa.<br />

Die mit Betriebsleiter Kaspar nach Liverpool<br />

bei Sydney gebrachten Herren hatten, wie<br />

aus den spärlichen brieflichen Nachrichten hervorgeht,<br />

ebenfalls im allgemeinen nicht zu klagen;<br />

natürlich lastete drückend auf allen der<br />

Verlust der Freiheit, obgleich sie mehr Bewegungsfreiheit<br />

gehabt zu haben scheinen als<br />

die Herren auf Motuihi.<br />

Ingenieur Brauns, der, wie oben bereits<br />

mitgeteilt, mit Frau und Tochter in einem Lager<br />

in der Nähe <strong>von</strong> Berrima interniert war,<br />

schrieb uns ebenfalls, daß er und die Seinen<br />

nicht schlecht behandelt würden. Er bewohnte<br />

ein kleines Häuschen, trieb etwas Landwirtschaft,<br />

beschäftigte sich auch wissenschaftlich;<br />

aber auch ihn bedrückte der Verlust der Freiheit<br />

sehr.<br />

In den letzten Monaten wurden sämtliche<br />

Herren nach Konzentrationslagern gebracht;<br />

anscheinend sammelt man die in verschiedenen<br />

Orten befindlichen Gefangenen, um sie<br />

<strong>für</strong> die Heimsendung mehr beisammen zu<br />

haben.<br />

Die in unserer Großstation Windhuk befindlichen<br />

Herren wurden nach Besetzung der<br />

Kolonie durch die Engländer aus der Station<br />

entfernt, aber es war ihnen, wie allen Deut-

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