Digitalisiert von Thomas Günzel für www ... - Nonstop Systems
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Seite 30 TELEFUNKEN – ZEITUNG Nr.17<br />
leisten. Die Maschinengewehre wurden abgebaut<br />
und die Schutzwache schmolz <strong>von</strong><br />
Stunde zu Stunde zusammen. Es hielt die<br />
Leute nicht mehr im Waffenrock, den sie solange<br />
widerwillig getragen, und einer nach dem<br />
andern verschwand. Am Abend des 9. November<br />
zogen nur noch 12 Mann auf Wache; aber<br />
auch sie stellten in vorgerückter Stunde die<br />
Flinte beiseite, und selbst der Führer der Besatzung,<br />
ein Leutnant, verließ die Station.<br />
Bild 16. Faksimile des Ausweises <strong>für</strong> Herrn<br />
Hilderscheid<br />
Gegen 1½ Uhr nachts erwachte ich durch<br />
Autogerassel und Stimmengewirr, und eilte nur<br />
notdürftig bekleidet in den Senderraum der<br />
Hochfrequenzstation. Ich erblickte dort 4 Zivilisten<br />
und etwa 20 schwerbewaffnete „Soldaten“,<br />
<strong>von</strong> denen einer, <strong>von</strong> der russischen Telegraphenagentur,<br />
sofort einen Funkspruch <strong>für</strong><br />
Moskau aufsetzte, der auf dem Fernschreiber<br />
nach Königswusterhausen weitergegeben, aber<br />
<strong>von</strong> dort nicht gefunkt wurde. Weitere 20<br />
Mann und ein Personenwagen mit aufgebauten<br />
Maschinengewehren hatten die Einfahrt zur<br />
Station besetzt. Den Grund zur Besetzung<br />
hatte einer der Zivilisten, der Maschinist<br />
Schmelter, gegeben. Dieser veranlaßte die<br />
Wahl eines provisorischen Soldatenrates und<br />
verließ vormittag mit der Hälfte der Mannschaft<br />
die Station. Jetzt ergriff auch die<br />
Funkerbesatzung das Revolutionsfieber. Die<br />
meisten wollten unverzüglich Urlaub haben,<br />
andere sofort entlassen werden, sodaß es unmöglich<br />
war, den Betrieb der Station regelrecht<br />
fortführen zu können. Erst die ungewöhnliche<br />
Maßnahme einer Schweineschlachtung<br />
und der Herrichtung eines opulenten Revolutionsmahles<br />
vermochte bei der Besatzung<br />
wieder einigen Geschmack an der Tätigkeit<br />
in Nauen zu erwecken. Doch ehe es dazu<br />
kam, spannte eine neue Sensation die Nerven.<br />
Ein Panzerauto näherte sich in rasender Fahrt<br />
der Station und hielt dort. Ein mit Selbstladepistolen<br />
drohend gespickter Zivilist und