Seite 80 TELEFUNKEN – ZEITUNG Nr.17 Bild 71 Das Stationshaus 1911-16 Bild 72 Die Drehstrom-, Gleichstrom- Umformer Bild 73 Der 500 Perioden-, generator des Tonfunken-Senders
Nr.17 TELEFUNKEN – ZEITUNG Seite 81 Rechten offenbar als letzte Waffe <strong>für</strong> die Verteidigung eine Liebenröhre hielt, davor der Premier, die Rechte am Funkerschwert, die Linke drohend erhoben; „Herr, ich mache Sie persönlich <strong>für</strong> alles, verstehen Sie, alle Folgen verantwortlich. An der Mastspitze —.“ — — Der Rest des Ungewitters kam über mein Haupt, denn ich hatte den Ernst der Lage leider verkannt und das lachenerstickende Taschentuch nicht mehr rasch genug vors Gesicht bekommen. Im übrigen dampfte der Halbrusse mit dem nächsten Zuge nach Berlin, um irgend einen dringenden Patentwellenmesser zu holen, der aber erst in 8 Tagen fertig sein konnte. Am Nachmittage trafen die anderen Funker ein und der Rest des Tages verging uns mit gründlichem Kennenlernen der Station. Ich schwur mir dabei und zwar ohne Hintergedanken, mich der spröden Technik erheblich intensiver zu widmen; denn so wie der „Premier“ diese ganzen verzwickten Maschinen und Schaltungen begriff und auseinandersetzte, das imponierte mir doch mächtig. Sicherlich ist die Behauptung, daß man aus einem Bleistift, etwas Schokoladentafelstanniolpapier, einer Streichholzschachtel, Draht und einer Lage Butterbrotpapier „bequem“ 'ne Funkenstation bauen könne, etwas gewagt. Wenn ich aber bedenke, wie der „Premier“ damals die Entwicklung der gewaltigen Isolatoren, Funkenstrecken, Drähte und Spulen aus obigen Ingredienzien schilderte (denn das war eines seiner Lieblingsthemata), so erscheint mir nichts mehr unmöglich. Am nächsten Morgen fingen wir an — der Verkehr mit Pola sollte erst am Nachmittag stattfinden — uns ein wenig mit Metz zu unterhalten. Der Premier war nicht dabei, weshalb weiß ich nicht mehr, und wir anderen, wir waren alle drei soweit ganz muntere Burschen, hatten aber <strong>von</strong> dem Großfunkenbetrieb recht wenig Ahnung. Ja — als echte stark kavalleristisch angehauchte Feldfunker verachteten wir die Großstationen im Grunde unseres Herzens. Als sich Metz nun so prompt meldete und der schon erwähnte Stationsingenieur sogar mit Hilfe des Lautverstärkers — eines Apparats, der damals rein äußerlich wie ein 4—6zylindriger Stern-Umlaufmotor aussah — den Empfangsraum mit lautpfeifenden Signalen durchtönen ließ, imponierte uns das doch und wir konnten unseren Gefühlen nicht besser Ausdruck geben, als dadurch, daß wir — unchiffriert natürlich — an Metz funkten; „Das geht ja großartig. Wer dort? Hier M. . . . G. . . und E. . ." Ich gebe mein Wort darauf, wir hättens lieber nicht tun sollen! Denn als ich 10 Stunden später zum Nachtdienst antrat, fand ich den „Premier“, der sich mit mir darin teilen sollte, stirnrunzelnd über das Stationsbuch einerseits und über ein Diensttelegramm andererseits gebeugt: „Zur Stelle!“ „Sie wissen, daß Sie vor ein Kriegsgericht gehören?“ Ich sah den Feldmarschallstab im allgemeinen und meine Laufbahn als Funkeroffizier im besonderen langsam aus meinem militärischen Zukunftsbilde entschwinden und kam erst wieder zu mir bei dem Gedanken, daß ich als jüngster Dachs unmöglich die alleinige Verantwortung <strong>für</strong> die Ereignisse des heutigen Morgens zu tragen brauchte. „Was ist denn eigentlich los?“ „Was los ist? Blamiert sind wir. Vor der ganzen Funkenwelt, vor dem Eiffelturm und was noch schlimmer ist, vor der Großstation Metz, die sich so wie so schon immer über uns Feldfunker lustig macht! Hier!“ Was sahen meine Augen? „SS-Telegramm <strong>von</strong> Radio Metz an Radio Nauen. “ Auszug aus hiesigem Stationsbuch <strong>von</strong> heute Vormittag. Absatz: Von Nauen an Metz: Das geht ja großartig. Wer dort? Hier M. G. und E. Absatz. Von Eiffelturm an Metz: „C'est ça! Merci beaucoup! Vous — êtes très aimables de nous communiquer les noms des Officiers de Nauen. Vous ne pouvez — pas peutêtre nous envoyer le Journal de Nauen directement ? “*) Gleiche Meldung erging an Inspektion der Feldtelegraphie. Unterschrift Radio Metz. „Allmächtiger,“ dachte ich — „das —“ „Na“ — das na war so lang wie der Funkerturm hoch — „na — wie finden Sie das? “ Man kann den Römern <strong>für</strong> die Erfindung der rhetorischen Fragen nicht dankbar genug sein! Denn so bot sich mir die Möglichkeit, des „Premiers“ Frage als rhetorische zu behandeln, nämlich gar nicht zu beantworten. Ein Verfahren, das übrigens beim Kommiß schon oft Schlimmeres verhütet hat. Vielmehr begann ich mit Rieseneifer den Lautverstärker einzustellen, so daß der Premier <strong>von</strong> seinem Telegramm abließ und, um der gänzlichen Unbrauchbarmachung dieses wertvollen Apparates vorzubeugen, begann, mich energisch in *) Das stimmt! Besten Dank! Es ist zu liebenswürdig, daß Sie uns die Namen der Nauener Offiziere mitteilen. Können Sie uns nicht gleich das Stationsbuch <strong>von</strong> Nauen schicken?