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Seite 62 TELEFUNKEN – ZEITUNG Nr.17<br />
zwischen Deutschland und Österreich und<br />
dem Orient hatte das preußische Kriegsministerium<br />
im Einvernehmen mit dem Auswärtigen<br />
Amt und dem Reichspostamt schon<br />
Anfang August 1914 Schritte getan, um eine<br />
direkte funkentelegraphische Nachrichtenübermittlung<br />
zwischen Berlin—Wien und dem<br />
Orient herzustellen.<br />
So entstand zunächst die Funkengroßstation<br />
Osmanié bei Konstantinopel als Gegenstation<br />
<strong>für</strong> die Großstation Nauen (s. unsere erste<br />
Kriegsnummer).<br />
Am 8. 9. 1914 ging die erste Materialsendung<br />
<strong>für</strong> Osmanie in Berlin ab, erreichte nach<br />
größten Durchfuhrschwierigkeiten durch das<br />
„neutrale“ Rumänien am 8. 10. 1914 Konstantinopel,<br />
und bereits am 17. 12. 1914 konnten die<br />
ersten drahtlosen Nachrichten <strong>von</strong> Nauen in<br />
der türkischen Hauptstadt aufgenommen werden.<br />
Vom 8. 1. 1915 ab fand sodann regelmäßiger<br />
FT-Verkehr zwischen Nauen—Konstantinopel<br />
und Wien—Konstantinopel statt.<br />
Mit einem Schlage war durch diese direkte<br />
Nachrichtenverbindung das Lügennetz zerrissen,<br />
das die Entente, unterstützt <strong>von</strong> „Neutralen“,<br />
bis dahin über die türkische Hauptstadt geworfen<br />
hatte. Ein <strong>von</strong> der deutschen Botschaft in<br />
der Hauptstraße <strong>von</strong> Konstantinopel eingerichteter<br />
Nachrichtensaal sorgte <strong>für</strong> rasche und<br />
wahrheitsgetreue Verbreitung der Nauen-Berichte<br />
und an die Presse wurden die wichtigsten<br />
Nachrichten im Auszug zur Veröffentlichung<br />
gegeben. Der Erfolg der neuen Einrichtungen<br />
zeigte sich bald dadurch, daß die<br />
bisher allein verbreiteten feindlichen Nachrichten<br />
immer seltener wurden, bzw. bei Neuauftauchen<br />
derartiger Lügenmeldungen durch die<br />
amtlichen Nauen-Berichte rasch widerlegt<br />
werden konnten. Die Presse in Konstantinopel<br />
lebte nur <strong>von</strong> den Nauen-Berichten und zeigte<br />
leere Spalten, wenn ab und zu die Meldungen<br />
nicht rechtzeitig eintrafen oder Störungen bei<br />
deren Aufnahmen eintraten.<br />
Neben dieser außerordentlich wichtigen<br />
Versorgung der türkischen Hauptstadt mit<br />
wahrheitsgetreuen Nachrichten spielte Nauen<br />
auch im Austausch wichtiger diplomatischer<br />
Telegramme zwischen Berlin und Konstantinopel<br />
damals eine ganz hervorragende politische<br />
Rolle.<br />
Um nun auch in Syrien, Palästina und Mesopotamien<br />
baldmöglichst den die öffentliche<br />
Meinung zersetzenden Einfluß der lügenhaften<br />
Ententenachrichten auszuschalten, wurde in<br />
Damaskus, Jerusalem und Bagdad die Errichtung<br />
provisorischer Empfangsanlagen beschleunigt<br />
in die Wege geleitet, und bald konnten<br />
auch in diesen Städten des türkischen Reiches<br />
die Nauenberichte dem Publikum zur Kenntnis<br />
gebracht werden. Weitere FT-Stationen entstanden<br />
dann der Reihe nach in den Dardanellen,<br />
in Panderma (Armeeoberkommando<br />
der 5. türk. Armee, Exzellenz Liman <strong>von</strong> Sanders)<br />
und in Tschanak (Oberkommando der<br />
Meerengen, Exzellenz v. Merten), in Smyrna<br />
und Ardin, in Zougouldak und Sinope an den<br />
Mittelländischen- und Schwarzen Meerküsten<br />
Kleinasiens. Überall saßen deutsche Funker zur<br />
Aufnahme der Nauenberichte, die täglich<br />
sowohl <strong>von</strong> den Deutschen, wie auch <strong>von</strong> unseren<br />
türkischen Bundesgenossen mit Spannung<br />
erwartet wurden. „Was berichtet Nauen?“<br />
Diese Frage haben die deutschen Funker im<br />
Orient während der 4 Kriegsjahre wohl täglich<br />
mehr als hundertmal gehört.<br />
Ganz besondere Bedeutung gewann Nauen<br />
<strong>für</strong> die Türkei in den kritischen Tagen des<br />
März 1915, als fast täglich mit einem Durchbruch<br />
der Dardanellen gerechnet werden<br />
mußte, welcher auch die FT-Station Osmanié<br />
bei Konstantinopel außer Betrieb gesetzt und<br />
damit jede Verbindung mit Deutschland gestört<br />
haben würde.<br />
Als Notstation war <strong>für</strong> diesen Fall in Eski-<br />
Schehir in Kleinasien eine FT-Station errichtet<br />
worden, welche trotz der geringen verfügbaren<br />
Sendeenergie des <strong>von</strong> Osmanié ins Innere<br />
Kleinasiens überführten 2,5 kW-Telefunkensenders<br />
die Verbindung mit Nauen aufnehmen und<br />
damit die sowohl politisch wie militärisch<br />
wichtige Nachrichtenverbindung zwischen<br />
Deutschland und der Türkei im Bedarfsfalle<br />
sicherstellen konnte, wenn infolge eines gelungenen<br />
Durchbruchs durch die Dardanellen die<br />
ganze türkische Regierung mit den diplomatischen<br />
Vertretungen nach Kleinasien übersiedeln<br />
und die türkische Armee ihren Widerstand in<br />
Kleinasien fortzusetzen gezwungen gewesen<br />
wäre. Zum Glück trat dieser Fall dank der<br />
heldenmütigen Verteidigung der Meerengen<br />
nicht ein, so daß die Station Eski-Schehir, in<br />
der Hauptsache als Abhörstation verwendet,<br />
täglich die Nauenberichte aufnehmen und diese<br />
vervielfältigt durch Mitgabe an die durchfahrenden<br />
Züge der Anatolischen Bahn in türkischer<br />
und französischer Sprache über alle Stationen<br />
dieser einzigen Bahnlinie Kleinasiens<br />
verbreiten konnte.<br />
Als dann nach und nach mit dem Heranziehen<br />
der deutschen Truppen <strong>für</strong> den Orient<br />
auch deutsche Funkerabteilungen mit ihren<br />
Feldstationen im fernsten Süden und Südosten<br />
des osmanischen Reiches, an der persischen