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Seite 82 TELEFUNKEN – ZEITUNG Nr.17<br />
seine Mysterien einzuweihen. Mir ist noch<br />
heute der <strong>von</strong> ihm dabei herangezogene Vergleich<br />
der ein Kind schaukelnden Gouvernante<br />
mit den aufgeschaukelten Schwingungsenergien<br />
gegenwärtig.<br />
Der Verkehr mit Pola klappte ganz ordentlich<br />
und die Großstation sorgte auch im übrigen<br />
da<strong>für</strong>, daß über unseren Leuten und uns<br />
wahrer Funkergeist waltete und der Betrieb<br />
mit Dampf ging.<br />
Die Versuche Nauen—Togo hatten uns gerade<br />
zu einer nicht unangenehm empfundenen<br />
Bild 74. Empfängerraum der Großstation Nauen während des Krieges<br />
Pause verholfen und wir saßen nun wieder<br />
alle da, wie Funker zu sitzen pflegen: den<br />
Hörer am Ohre, Bleistift in der rechten Hand,<br />
Zigarre im Mundwinkel und die Linke am Kondensator,<br />
und erwarteten Polas Antwort auf<br />
unseren Anruf. Pola kam auch, aber gleichzeitig<br />
kam noch jemand anders und der konnte<br />
leider besser, nämlich der Eiffelturm. Zufall,<br />
dachten wir uns und riefen wieder. Dasselbe<br />
Bild!<br />
„Nanu?“ Nochmal gerufen und dazu:<br />
„Nehmt mehr Energie, Eiffelturm stört.“ Umschalten,<br />
horchen, Pola fängt an und dann —<br />
rumms Eiffel und diesmal ganz zynisch und<br />
offen: „Bonjour messieurs M. G. E.! Comment<br />
ça va-t-il?“ Der „Premier“ tobte und ich erbleichte<br />
schuldbewußt. Nach einer Weile hörte<br />
dann Eiffel auf und — wir wollten gerade wieder<br />
rufen — da kam Pola wieder: „Eiffel stört.<br />
Nehmens jetzt den Roller. Servus.“ Der<br />
Anfang war klar, der Schluß war klar, aber der<br />
„Roller" stand nicht in unserer FT-Vorschrift!<br />
Die kannte ich nämlich, denn der<br />
Hauptmann legte Wert darauf. Ganz abgesehen<br />
da<strong>von</strong>, daß ich nicht wußte: war das nun<br />
eine Aufforderung, wir sollten den Roller<br />
nehmen oder hieß das, sie werden ihn nehmen?<br />
Den Teufel auch: das österreichische Dolmetscherexamen<br />
hatte keiner <strong>von</strong> uns gemacht!<br />
Die Aufklärung folgte in ganz kurzer Zeit:<br />
rerr, rerr, rerr, rerr fing das Telephon an zu<br />
rollen: „Anfangszeichen“ — unser Anruf —<br />
„<strong>von</strong> Pola“ alles stimmte und: „Natürlich“,<br />
rief der „Premier“: Den „Roller“ hat er genommen.<br />
Die haben außer der tönenden noch<br />
ne Knarrfunkenanlage.“<br />
„Man lernt nie aus,“ philosophierte ich,<br />
„knarren heißt auf österreichisch also rollen,<br />
— Nu wenn schon.“<br />
Lange dauerte leider die „Rollerfreude“<br />
nicht, denn der Eiffelturm hatte die Kunstpause<br />
ebenfalls gut benutzt und „rollte“ uns nun<br />
seinerseits dazwischen, daß Pola nicht mehr<br />
dagegen aufkam und nach einigen vergeblichen<br />
Verständigungsversuchen aufhörte. Wir waren<br />
am Rande unserer Kunst, die Funker feixten,<br />
der Ingenieur goß <strong>für</strong> alle Fälle Schnaps ein,<br />
und ich entfernte die zerbrechlicheren Gegenstände<br />
aus des „Premiers“ Nähe. Er aber —<br />
es ist leicht einen Feldherrn zu schildern, der<br />
die Seinen zum Siege führt, schwieriger dagegen,<br />
den Gedankengängen eines alten Funkerfuchses<br />
zu folgen. Er also dachte nach, lächelte,<br />
dann lachte er und sagte zu mir: „Sind Sie<br />
Humanist?“ Ich beschloß, ihn nicht erst durch<br />
Fragen nach Vernunftsgründen zu reizen, und