16.11.2013 Aufrufe

Digitalisiert von Thomas Günzel für www ... - Nonstop Systems

Digitalisiert von Thomas Günzel für www ... - Nonstop Systems

Digitalisiert von Thomas Günzel für www ... - Nonstop Systems

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Nr.17 TELEFUNKEN – ZEITUNG Seite 81<br />

Rechten offenbar als letzte Waffe <strong>für</strong> die Verteidigung<br />

eine Liebenröhre hielt, davor der<br />

Premier, die Rechte am Funkerschwert, die Linke<br />

drohend erhoben; „Herr, ich mache Sie persönlich<br />

<strong>für</strong> alles, verstehen Sie, alle Folgen verantwortlich.<br />

An der Mastspitze —.“ — —<br />

Der Rest des Ungewitters kam über mein<br />

Haupt, denn ich hatte den Ernst der Lage leider<br />

verkannt und das lachenerstickende<br />

Taschentuch nicht mehr rasch genug vors Gesicht<br />

bekommen.<br />

Im übrigen dampfte der Halbrusse mit dem<br />

nächsten Zuge nach Berlin, um irgend einen<br />

dringenden Patentwellenmesser zu holen, der<br />

aber erst in 8 Tagen fertig sein konnte.<br />

Am Nachmittage trafen die anderen Funker<br />

ein und der Rest des Tages verging uns<br />

mit gründlichem Kennenlernen der Station. Ich<br />

schwur mir dabei und zwar ohne Hintergedanken,<br />

mich der spröden Technik erheblich intensiver<br />

zu widmen; denn so wie der „Premier“<br />

diese ganzen verzwickten Maschinen und<br />

Schaltungen begriff und auseinandersetzte, das<br />

imponierte mir doch mächtig.<br />

Sicherlich ist die Behauptung, daß man aus<br />

einem Bleistift, etwas Schokoladentafelstanniolpapier,<br />

einer Streichholzschachtel, Draht und<br />

einer Lage Butterbrotpapier „bequem“ 'ne<br />

Funkenstation bauen könne, etwas gewagt.<br />

Wenn ich aber bedenke, wie der „Premier“<br />

damals die Entwicklung der gewaltigen Isolatoren,<br />

Funkenstrecken, Drähte und Spulen aus<br />

obigen Ingredienzien schilderte (denn das war<br />

eines seiner Lieblingsthemata), so erscheint<br />

mir nichts mehr unmöglich.<br />

Am nächsten Morgen fingen wir an — der<br />

Verkehr mit Pola sollte erst am Nachmittag<br />

stattfinden — uns ein wenig mit Metz zu<br />

unterhalten. Der Premier war nicht dabei,<br />

weshalb weiß ich nicht mehr, und wir anderen,<br />

wir waren alle drei soweit ganz muntere Burschen,<br />

hatten aber <strong>von</strong> dem Großfunkenbetrieb<br />

recht wenig Ahnung. Ja — als echte stark<br />

kavalleristisch angehauchte Feldfunker verachteten<br />

wir die Großstationen im Grunde unseres<br />

Herzens. Als sich Metz nun so prompt<br />

meldete und der schon erwähnte Stationsingenieur<br />

sogar mit Hilfe des Lautverstärkers —<br />

eines Apparats, der damals rein äußerlich wie<br />

ein 4—6zylindriger Stern-Umlaufmotor aussah<br />

— den Empfangsraum mit lautpfeifenden<br />

Signalen durchtönen ließ, imponierte uns das<br />

doch und wir konnten unseren Gefühlen nicht<br />

besser Ausdruck geben, als dadurch, daß wir<br />

— unchiffriert natürlich — an Metz funkten;<br />

„Das geht ja großartig. Wer dort? Hier<br />

M. . . . G. . . und E. . ." Ich gebe mein Wort<br />

darauf, wir hättens lieber nicht tun sollen!<br />

Denn als ich 10 Stunden später zum Nachtdienst<br />

antrat, fand ich den „Premier“, der sich<br />

mit mir darin teilen sollte, stirnrunzelnd über<br />

das Stationsbuch einerseits und über ein<br />

Diensttelegramm andererseits gebeugt:<br />

„Zur Stelle!“<br />

„Sie wissen, daß Sie vor ein Kriegsgericht<br />

gehören?“<br />

Ich sah den Feldmarschallstab im allgemeinen<br />

und meine Laufbahn als Funkeroffizier<br />

im besonderen langsam aus meinem militärischen<br />

Zukunftsbilde entschwinden und kam erst<br />

wieder zu mir bei dem Gedanken, daß ich als<br />

jüngster Dachs unmöglich die alleinige Verantwortung<br />

<strong>für</strong> die Ereignisse des heutigen<br />

Morgens zu tragen brauchte.<br />

„Was ist denn eigentlich los?“<br />

„Was los ist? Blamiert sind wir. Vor<br />

der ganzen Funkenwelt, vor dem Eiffelturm<br />

und was noch schlimmer ist, vor der Großstation<br />

Metz, die sich so wie so schon immer<br />

über uns Feldfunker lustig macht! Hier!“<br />

Was sahen meine Augen?<br />

„SS-Telegramm <strong>von</strong> Radio Metz an Radio<br />

Nauen. “<br />

Auszug aus hiesigem Stationsbuch <strong>von</strong><br />

heute Vormittag. Absatz: Von Nauen an Metz:<br />

Das geht ja großartig. Wer dort? Hier M. G.<br />

und E. Absatz.<br />

Von Eiffelturm an Metz:<br />

„C'est ça! Merci beaucoup! Vous — êtes<br />

très aimables de nous communiquer les noms<br />

des Officiers de Nauen. Vous ne pouvez — pas<br />

peutêtre nous envoyer le Journal de Nauen<br />

directement ? “*)<br />

Gleiche Meldung erging an Inspektion der<br />

Feldtelegraphie.<br />

Unterschrift Radio Metz.<br />

„Allmächtiger,“ dachte ich — „das —“<br />

„Na“ — das na war so lang wie der Funkerturm<br />

hoch — „na — wie finden Sie das? “<br />

Man kann den Römern <strong>für</strong> die Erfindung<br />

der rhetorischen Fragen nicht dankbar genug<br />

sein! Denn so bot sich mir die Möglichkeit, des<br />

„Premiers“ Frage als rhetorische zu behandeln,<br />

nämlich gar nicht zu beantworten. Ein Verfahren,<br />

das übrigens beim Kommiß schon oft<br />

Schlimmeres verhütet hat. Vielmehr begann<br />

ich mit Rieseneifer den Lautverstärker einzustellen,<br />

so daß der Premier <strong>von</strong> seinem Telegramm<br />

abließ und, um der gänzlichen Unbrauchbarmachung<br />

dieses wertvollen Apparates<br />

vorzubeugen, begann, mich energisch in<br />

*) Das stimmt! Besten Dank! Es ist zu liebenswürdig, daß<br />

Sie uns die Namen der Nauener Offiziere mitteilen. Können Sie<br />

uns nicht gleich das Stationsbuch <strong>von</strong> Nauen schicken?

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!