16.11.2013 Aufrufe

Digitalisiert von Thomas Günzel für www ... - Nonstop Systems

Digitalisiert von Thomas Günzel für www ... - Nonstop Systems

Digitalisiert von Thomas Günzel für www ... - Nonstop Systems

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Seite 102 TELEFUNKEN – ZEITUNG Nr.17<br />

sehen in Deutsch-Südwest gestattet, sich eine<br />

Beschäftigung zu suchen und ihr ungehindert<br />

nachzugehen. Sie hatten allerdings in der<br />

ersten Zeit Schwierigkeiten zufolge der Entwertung<br />

der deutschen Mark, auch dauerte es<br />

einige Zeit, ehe sie eine Beschäftigung fanden,<br />

aber immerhin durften sie sich in der Kolonie<br />

frei bewegen.<br />

Am schlimmsten spielte das Schicksal unsern<br />

in Kamina (Togo) befindlichen Beamten<br />

mit. Nachdem die Station <strong>von</strong> den vereinigten<br />

englischen und französischen Kräften genommen<br />

worden, wurden unsere<br />

Herren ebenso wie<br />

alle andern in der Kolonie<br />

befindlichen Deutschen<br />

den Franzosen<br />

übergeben, und die Leiden,<br />

die sie bis zu ihrer<br />

endgültigen Internierung<br />

in Frankreich durchzumachen<br />

hatten, werden<br />

auf ewig ein Schandmal<br />

in der Geschichte Frankreichs<br />

bilden. Schreiben<br />

war ihnen nicht gestattet,<br />

sonstige Nachrichten trafen<br />

<strong>von</strong> drüben nicht ein.<br />

Erst Ende 1916 nach der<br />

Rückkehr einiger Regierungsbeamten<br />

bekam man<br />

<strong>von</strong> ihnen zu hören. Die<br />

deutschen Männer, Frauen<br />

und Kinder wurden, <strong>von</strong><br />

Schwarzen bewacht, unter<br />

dem Kommando <strong>von</strong> französischen<br />

Offizieren nach<br />

dem Innern <strong>von</strong> Dahomey<br />

(Cotonou, Caya und Candi)<br />

transportiert. Den ungefähr<br />

800 Kilometer<br />

langen Weg mußten sie größtenteils zu<br />

Fuß in der größten Hitze, kaum mit dem<br />

Notdürftigsten versehen und bei der denkbar<br />

schlechtesten Beköstigung zurücklegen. Und<br />

dies mutete man Leuten zu, die teilweise jahrelang<br />

in den Tropen gelebt hatten. Für Heilmittel<br />

war nicht im geringsten gesorgt, und<br />

hätten sich nicht bei den einzelnen Abteilungen<br />

deutsche Regierungs- und Militärärzte aus der<br />

Kolonie befunden, so wären alle elend umgekommen.<br />

Nach langen Monaten der Gefangenschaft<br />

wurden alle teils zu Fuß, teil mit der<br />

Bahn an die Küste geschafft und <strong>von</strong> da nach<br />

Marokko und Algier verladen, wo sie, also auch<br />

unsere Herren, in kleinen Städten im Innern<br />

unter ganz unzulänglichen Verhältnissen in<br />

Lagern untergebracht wurden. Auch hier war<br />

den Internierten nicht gestattet, nach der Heimat<br />

zu schreiben, noch <strong>von</strong> dort Nachrichten<br />

zu empfangen. Auch die ihnen gesandten Unterstützungsgelder<br />

wurden ihnen nicht ausgezahlt;<br />

erst später wurden ihnen nach endlosen<br />

Bemühungen Teilbeträge ausgehändigt.<br />

Unter den seiner Zeit nach Dahomey und<br />

später nach Algier Transportierten befand sich<br />

auch der Erbauer der Großstation Kamina,<br />

Baron Codelli nebst Frau und Kind, das noch<br />

nicht l Jahr alt war. Wegen andauernder und<br />

wiederholten Dysenterie-<br />

Anfälle wurden unser Ingenieur<br />

Doetsch und der<br />

beim Bau in Kamina beschäftigt<br />

gewesene AEG-<br />

Monteur Fichter nach<br />

Südfrankreich gebracht.<br />

Endlich nach langen Reklamationen<br />

der Reichsbehörden<br />

wurden unsere<br />

andern noch in Algier<br />

und Marokko verbliebenen<br />

Herren Ende 1916<br />

nach Frankreich gebracht<br />

und zunächst in Uzès,<br />

später in Ile Longue (Dép.<br />

Finisterre) interniert, wo<br />

sie sich mit Ausnahme<br />

des Herrn Dr. Esau, der<br />

späterhin in der Schweiz<br />

interniert und dann freigelassen<br />

wurde, noch befinden.<br />

In den letzten<br />

Wochen erlangte der<br />

Monteur Kößler, da er<br />

Oesterreicher ist, die<br />

Freiheit. In Ile Longue<br />

war die Behandlung bedeutend<br />

besser. Die<br />

Herren leiden aber natürlich sehr unter der<br />

jahrelangen Internierung und trotz aller unserer<br />

Bemühungen gelang es nicht, die Ueberführung<br />

nach der Schweiz durchzusetzen.<br />

Durch regelmäßige monatliche geldliche Unterstützungen,<br />

Sendungen an Kleidungsstücken<br />

und Genußmitteln zu Weihnachten, suchten wir<br />

das Los unserer Herren nach Tunlichkeit zu<br />

erleichtern. Alle unsere Beamten, ohne Ausnahme,<br />

befaßten sich mit wissenschaftlichen<br />

Arbeiten, um sich rege zu erhalten; und was<br />

sie hauptsächlich aufrecht erhielt, war die Hoffnung<br />

auf baldige Freiheit. Hoffen wir, daß<br />

ihr allersehnlichster Wunsch bald in Erfüllung<br />

geht und sie wieder in ihrem alten Wirkungskreis<br />

tätig sein können.<br />

Bild 90. Station Lüderitzbucht

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!