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Seite 92 TELEFUNKEN – ZEITUNG Nr.17<br />

Stadt führte eine Mauer, die aus Stein und<br />

Pallisadenwänden bestand, welche <strong>von</strong> zwei<br />

Toren unterbrochen wurde; im Süden durch<br />

das Mühlentor, später Potsdamertor, im Norden<br />

durch das Ruppiner Tor. Außerhalb der<br />

Stadt waren 16 Windmühlen, das Armenhaus,<br />

an dessen Stelle heut das Rathaus steht, und<br />

eine Herberge, damit die Reisenden, welche<br />

nach Schluß der Tore zuwanderten, Unterkunft<br />

fanden; an ihrer Stelle steht heute das<br />

erste Hotel, der Hamburger Hof.<br />

Durch die Revolution in Berlin am<br />

18. März 1848 erhielt Nauen am 20. März<br />

Einquartierung <strong>von</strong> Garde - Fußsoldaten,<br />

welche nach 14 Tagen <strong>von</strong> Garde-Kürassieren<br />

abgelöst wurden. Diese blieben bis zum<br />

Herbst hier. Da die Bürgerschaft die Soldaten<br />

gut aufgenommen hatte, versprach der<br />

König der Stadt Nauen <strong>für</strong> 25 Jahre Militär.<br />

Im Herbst 1848 kamen 2 Schwadronen Zieten-Husaren<br />

in Nauen in Garnison. Bemerkenswert<br />

ist, daß der Generalfeldmarschall<br />

Graf Haeseler in Nauen als Offizier die militärische<br />

Laufbahn begann. 1860 wurden die<br />

Husaren durch 2 Schwadronen vom dritten<br />

Garde - Ulanen - Regiment abgelöst, welche<br />

Nauen 1876 verließen. Durch das Garnisonleben<br />

wurde es in Nauen lebendiger. Es passierte<br />

eben mehr, wodurch der Weiblichkeit<br />

Stoff zum Klatschen gegeben wurde; auch hatten<br />

die Bürger mehr oder weniger Vorteile<br />

durch die Soldaten. Wir sahen die Garde-<br />

Ulanen 1866 und 1870 in das Feld rücken<br />

und nach Kriegsende auch in die festlich geschmückte<br />

Stadt wieder einziehen.<br />

Die Stadt wurde vom Bürgermeister, einem<br />

Beigeordneten, vier Ratsmännern und zwölf<br />

Stadtverordneten verwaltet und war in vier<br />

Bezirke geteilt; jeder Bezirk hatte einen Viertelskommissarius<br />

zum Vorstand und <strong>für</strong> die<br />

Ruhe sorgten bei Tage zwei Polizeidiener und<br />

in der Nacht zwei Nachtwächter. Wie friedlich<br />

muß es im Städtchen gewesen sein! Morgens<br />

blies der Kuhhirt das Horn; aus vielen<br />

Häusern kam das liebe Vieh zusammen,<br />

um zur Weide zu gehen. Dann wurde<br />

es reger in den Straßen; die Ackerbürger<br />

fuhren nach den Aeckern. Das allgemeine Tagewerk<br />

begann morgens um 6 Uhr. Allmählich<br />

erschienen die Schulkinder; Knaben und<br />

Mädchen wurden zusammen unterrichtet. Es<br />

ist zu bewundern, daß die Knaben in der<br />

einfachen vier-, später sechsklassigen Schule<br />

wöchentlich vier lateinische Unterrichtsstunden<br />

hatten. Programmäßig kam nach Ostern<br />

der Tanzlehrer Stahl aus Potsdam nach<br />

Nauen und brachte der Jugend die Tanzkunst<br />

und die Anstandslehre bei. Auch zeigten<br />

sich längst verschwundene Straßentypen, wie<br />

Schnelläufer, Zigeuner, Mausefallenkerle, Bärenführer<br />

mit Affen, Dromedaren usw.<br />

Wöchentlich sandten ein bis zweimal die<br />

30 umliegenden Dörfer Botenfrauen, welche<br />

Einkäufe <strong>für</strong> die Dörfer besorgten und auch<br />

bestellte Waren mitnahmen. Eine Botenfrau<br />

war die Seele des Dorfes; sie war mit allen<br />

Heimlichkeiten der Frauen gut vertraut und<br />

den Geschäftsleuten sehr willkommen. Gern<br />

wurde ihr Gastfreundschaft gewährt, damit<br />

sie alles richtig besorgte. Auf einem Hundewagen<br />

beförderte sie die Einkäufe.<br />

Außer den zweimal in Nauen stattfindenden<br />

Schützenfesten ist wohl neben den Jahrmärkten<br />

wenig Abwechslung in der Stadt gewesen.<br />

Im Jahr 1854 entstand die Liedertafel,<br />

welche mit der Nauener Bürgerschaft<br />

heute noch in guten freundschaftlichen Beziehungen<br />

steht und immer noch in Freud und<br />

Leid zum Lied bereit ist,<br />

Wie bereits früher erwähnt, hatte die Stadt<br />

viel unter Feuersgefahr zu leiden. 1802 wurde<br />

die erste Königl. Preuß. Feuerordnung <strong>für</strong> die<br />

Stadt Nauen gedruckt; fünf andere folgten bis<br />

1885. Ein nächtlicher Feuerlärm war <strong>von</strong><br />

derartigem Getöse, daß bald ein Toter aufwachen<br />

konnte. Die Glock' brammte (Nauener<br />

Ausdruck), die Nachtwächter tuteten in<br />

das Horn, und jeder, der die Straße betrat,<br />

rief „Feuer“. Mit <strong>für</strong>chterlichem Gerassel<br />

fuhren die Wassertienen zur Brandstelle. Eine<br />

jede Wassertiene wollte die erste sein, da<br />

dem Fahrer 5 Thaler Prämie winkten; ob<br />

Wasser in der Tiene war, blieb Nebensache.<br />

Die Feuerspritzen wurden <strong>von</strong> den Gewerken<br />

bedient und erhielten das Wasser <strong>von</strong> den 38<br />

Stadtbrunnen. Den Brunnendienst versah<br />

der Brunnenherr mit seinen Mannschaften.<br />

Sehr praktisch war folgende Verordnung: Ein<br />

jeder Hausbesitzer hat bei einem Gewitter<br />

einen großen Eimer mit Wasser gefüllt zu<br />

stellen; dadurch war in der Not Wasser zum<br />

Löschen zur Genüge vorhanden. Die Feuersnot<br />

war bald zu bewältigen, da es in der Stadt<br />

nur zweistöckige Häuser gab; erst nach 1870<br />

wurde <strong>von</strong> einer Frau Kraatz ein dreistöckiges<br />

Haus gebaut. Die Familie Kraatz war<br />

hier stark vertreten, darum hatte jede Familie<br />

Kraatz einen Beinamen. Der Volksmund<br />

legte dieser Frau Kraatz den wohl einzig dastehenden<br />

Beinamen „die 3stöckige Kraatzen“<br />

bei.<br />

1861 sollte nun das Jahr sein, welches<br />

Nauen in andere Bahnen lenkte. Es entstand<br />

ein Turnverein, ein Vorschuß-Kassenverein,<br />

der heute noch segensreich wirkt, und als<br />

dritter im Bunde ein Gewerbeverein. Letz-

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