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II - CCA Monatsblatt

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In eigener SerieSache<br />

misswüchsige Kinder bewirken. Darauf deuten auch die Strohpuppen hin, die<br />

man in manchen Gegenden ins Feuer wirft (Hanslverbrennen). Insbesondere<br />

sollten auch Hagelschäden abgewehrt werden. In dieser Beziehung deckt sich<br />

das Johannisfeuer mit dem Hagelfeuer. Diese dem Johannisfeuer nachgesagten<br />

Wirkungen liegen vermutlich in der hohen Popularität des Heiligen Johannes<br />

begründet, dem auch sonst starke Kräfte zuerkannt wurden. Deshalb waren im<br />

Mittelalter die Namen Hans, Johannes, Jan oder Jean weit verbreitet.<br />

Brauchtum um dem Johannistag ist weltweit verbreitet<br />

Das Johannisfeuer findet man in verschiedensten Varianten nicht nur in<br />

Deutschland, sondern fast über ganz Europa und darüber hinaus weltweit<br />

verbreitet. In Skandinavien und dem Baltikum sind Johannisfeiern sehr beliebt;<br />

in Litauen ist Joninės, in Lettland Jāņi und in Estland Jaanipäev der populärste<br />

Feiertag überhaupt. Ein Ausnahmefall ist Schweden, wo statt des Johannisfests<br />

Mittsommer gefeiert wird. Die Johannisnacht heißt auf den Färöern Jóansøka.<br />

Seit 1834 wird der Johannistag von den Franko-Kanadier n in Québec als<br />

Nationalfeiertag begangen. In Folge dessen erklärte 1908 Papst Pius X. Johannes<br />

den Täufer zum Schutzpatron der Franko-Kanadier. Seit 1977 trägt der Johannistag<br />

in der Provinz Quebéc den Namen „Nationalfeiertag“ und ist ein arbeitsfreier<br />

Feiertag.<br />

In Brasilien, insbesondere im Nordosten, wird das Fest als portugiesisch São<br />

João gefeiert. Zentren dieses zweitwichtigsten Festes nach Karnevals sind v.a.<br />

die Städte Caruaru in Pernambuco und Campina Grande in Paraíba. Da das<br />

Fest zeitlich mit der Maisernte zusammenfällt, werden zahlreiche Maisgerichte<br />

(Kuchen, Puddings, Suppen und Maiskolben, die über dem Johannisfeuer gegrillt<br />

werden) gegessen. Die reichhaltigen Kulturdarbietungen werden dominiert von<br />

den Tänzen Forró und Pastoril. Die Frauen tragen zu São João zumeist bunte,<br />

weite Kleider, die Männer karierte Hemden und Strohhüte.<br />

Aktuelles Brauchtum in Deutschland<br />

Als kleiner Junge durfte ich in meinem fränkischen Dorf mit anderen Jugendlichen<br />

das Holz zum Johannisfeuer sammeln. Wir zogen mit einem Leiterwagen durch<br />

die Straßen und baten lautstark mit verschiedenen Sprüchen um eine Holzspende.<br />

Dieses Holz wurde abseits vom Dorf zu einem freien Platz gebracht und als<br />

riesiger Haufen aufgeschichtet. Leider versuchten manche Dorfbewohner das<br />

Sammeln als Müllentsorgung zu missbrauchen. So wurden alte Bettmatratzen bis<br />

hin zu Autoreifen unter dem Holzhaufen versteckt. Spätestens beim Anzünden<br />

roch man, dass nicht nur Holz dabei war. Besonders lang war dann die Nacht.<br />

Denn der riesige Holzhaufen wurde erst bei Einbruch der Dunkelheit angezündet.<br />

So war es für uns Kinder ein wirklich besonderer Tag, denn wann durfte man sonst<br />

so lange aufbleiben und dann noch in der Dunkelheit draußen am Ortsrand. So<br />

In eigener SerieSache<br />

wurde der Rückweg zum Haus noch zu einem zusätzlichen Erlebnis.<br />

In jüngster Zeit feiern die Dorfgemeinschaften meistens am Wochenende um dem<br />

Johannitag. So wird vor und nach dem Feuer ein kleines Fest veranstaltet. Für das<br />

leibliche Wohl sorgen die Ortsvereine und für die Sicherheit rund um das Feuer<br />

die Freiwillige Feuerwehr. Dann sitzen abends die Bewohner in gemütlicher<br />

Runde zusammen, allerlei Neuigkeiten werden ausgetauscht und vielleicht<br />

werden auch noch alte Geschichten erzählt, denn viele Volkssagen ranken sich<br />

um dem Johannistag.<br />

Volkssagen um dem Johannistag<br />

Dieser Tag war auch in vielen Volkssagen und im Brauchtum zu Hause. Als früher<br />

noch in Deutschland Flachs für das Spinnen und Weben angebaut wurde, blühte<br />

er um Johanni herum. Speziell in dieer Johanninacht tanzten die Mädel um das<br />

Flachsfeld. Aber auch in anderen Nächten kamen Menschen zum Feld. So empfahl<br />

ein Brauch: wer an Schwindel leidet, muss nach Sonnenuntergang dreimal nackt<br />

um ein Flachsfeld laufen, dann bekommt der Flachs den Schwindel, und er selbst<br />

ist gesund.<br />

Viele der alten Volkssagen sind sogenannte Erlösungssagen. Die Gemeinsamkeit<br />

dieser Sagenart liegt darin, dass sich beispielsweise am Johannistag – nur einmal<br />

im Jahr also – der Berg, beziehungsweise der Felsen öffnet und der Eintritt in die<br />

„Anderswelt“ gelingt. Dabei können nur an diesem Tage die dorthin Verbannten<br />

und so Eingeschlossenen von ihrem Schicksal erlöst werden. Der Zutritt gelingt<br />

oft nur mit einem symbolischen Schlüssel. Dieser ist meist eine „Wunderblume“,<br />

zum Beispiel eine Schlüsselblume, Springwurzel oder blühendes Farnkraut. Als<br />

Belohnung winken große Schätze. Geblendet vom plötzlichen Reichtum vergessen<br />

die Eindringlinge, trotz der Warnung: „Vergiss das Beste nicht“, das Wichtigste,<br />

eben den „Schlüssel“ wieder mitzunehmen, und damit ist die Chance vertan, die<br />

Verbannten zu erlösen.<br />

Nicht selten kommt es vor, dass die „Schatzsucherin“ ihr eigenes Kind im Berg<br />

lässt. Wieder im Freien, bemerkt sie erst ihr Unglück, aber da ist es zu spät.<br />

Genau ein Jahr, bis zum nächsten Johannistag, muss die Unglückliche warten und<br />

bangen, erst dann öffnet sich der Berg wieder.<br />

In den fränkischen Sagen „Das verlorene Kind“ im Epprechtstein im Fichtelgebirge<br />

und „Der Hirschbrunnen auf dem Patersberge“ hat die Mutter Glück und findet<br />

ihr Kind wohlbehalten im Berg. Aber es gibt auch Sagen, bei denen die Kinder<br />

nicht mehr lebendig herauskommen. Denn es gilt dabei: „was dem Totenreich<br />

einmal gehört, kann nicht mehr zum Erdenleben zurückkehren.“<br />

Es gibt aber auch Geschichten, wonach sich der Berg erst nach 100 Jahren wieder<br />

öffnet. So kommt ein Schäfer in der Johannisnacht am Staffelberg vorbei. In der<br />

„Geisterstunde“ öffnet sich der Berg. Eine Stimme lockt ihn hinein und fordert<br />

2/2011 38 Käseblatt<br />

Käseblatt 39<br />

2/2011

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