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II - CCA Monatsblatt

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In eigener LeuteSache<br />

Die Karawane zieht weiter…<br />

Nach 4 Jahren verlassen die Manderlas Bolivien.<br />

Nicht dass unsere vier Jahre in Bolivien langweilig gewesen wären: Bloqueos und<br />

Bergbesteigungen, Touren und Tränengas, Diebstahl und Distanzen könnte man<br />

als Schlagworte benutzen, um unsere Zeit in Bolivien zu charakterisieren.<br />

Wir waren erst ein paar Tage in La Paz und holten unser neues Auto vom Händler<br />

ab. Keine 24 Stunden später war es dann auch schon aufgebrochen und fachmännisch<br />

„ausgeweidet“. Drei Monate hat die Reparatur gedauert und eine richtige<br />

Stange Geld gekostet. Kaum war der Wagen fertig, ging’s auf die erste Tour<br />

durch Bolivien. In Sucre gab es Freitag vormittags eine friedliche Kundgebung.<br />

Als diese vorbei war, kamen Vermummte und zündeten an allen vier Ecken des<br />

Hauptplatzes Autoreifen an. In unserem Hotel „Colonial“ saßen wir tatsächlich<br />

in der ersten Reihe, direkt unter unserem Fenster brannten die Autoreifen. Das<br />

Hotel hatte dicht gemacht, keiner kam mehr rein oder raus. Vom Dach des Etablissements<br />

aus hatten wir einen eindrucksvollen Blick auf die wogende Schlacht<br />

zwischen Studenten und der Polizei, bis dann eine Tränengas-Granate direkt vor<br />

unseren Füßen landete und die Rauchschwaden uns mit tränenden Augen und<br />

brennendem Gesicht vom Dach vertrieben.<br />

Wir wollten am nächsten Morgen die Stadt verlassen, aber alle Ausfahrtstraßen<br />

waren von Demonstranten abgeriegelt. Ein freundlicher Taxifahrer zeigte uns<br />

einen Schleichweg: auf der Straße nach Tarabuco bis zur Tranca, dort rechts ab in<br />

ein Flussbett, diesem einige Kilometer folgen bis zur Straße nach Potosi, die wir<br />

In eigener LeuteSache<br />

wenige Kilometer hinter der Straßensperre am Stadtrand von Sucre erreichten. An<br />

diesem Wochenende im November 2007 gab es leider drei Tote als Resultat der<br />

Straßenschlachten.<br />

In den ersten drei Monaten hat uns Bolivien gleich viel von seinem Gesicht<br />

gezeigt. Will man dieses Land in Worte fassen, so fehlen einem diese meistens, zumindest<br />

geht es uns so. Vielleicht kennzeichnet folgender Spruch einer Alteingesessenen<br />

die Sympathie für das Land am besten: „La Paz grows on you“. Und<br />

das tat es dann auch. Bolivien und insbesondere das Altiplano dürften wohl das<br />

Authentischste sein, was man in diesem Kontinent finden kann. Wo sonst prägen<br />

Cholitas das Straßenbild so markant? Aber auch: wo sonst gibt es derartig viele<br />

bloqueos, movilizaciones, paros, huelgas etc.? Wer hätte wegen dieser Philosophie<br />

seine Reisepläne nicht schon umwerfen, anpassen oder überdenken müssen? Und<br />

irgendwann, ganz ehrlich, geht einem das doch schon ganz schön auf die Nerven.<br />

Dies zusammen mit der ewig langen Reise nach Europa und der allgegenwärtigen<br />

Kälte hier oben sind in unseren Augen aber auch die einzigen Wermutstropfen.<br />

Ansonsten hat es uns hier ausnehmend gut gefallen.<br />

Der Kälte kann man entfliehen durch Reisen nach Santa Cruz oder Tarija. Und<br />

davon haben wir Gebrauch gemacht. An der Plaza in Tarija zu sitzen, im „Gattopardo“<br />

lecker zu essen und im Hotel Los Parales „abzuhängen“, das hat doch<br />

etwas. Nicht zu vergessen die guten Weine, die es in Bolivien ja auch gibt. Der<br />

Cabernet Sauvignon von Aranjuez oder die Reserva von La Concepción nehmen<br />

es durchaus mit Casillero del Diablo und Kollegen auf.<br />

Was die Gastronomie anbelangt, so kann La Paz sicherlich nicht mit kulinarischen<br />

Zentren mithalten. Aber unser Chalet, der Reinecke, das Vienna etc. sind eben<br />

auch nicht zu verachten. Überhaupt: die Wurstwaren, Aufschnitt usw. von Stege<br />

lassen einen nicht von der deutschen Metzger-Theke träumen. Und zudem findet<br />

man sogar gelegentlich den deutschen Exportschlager Nummer Eins: Gummibärchen.<br />

Herz, was willst Du mehr.<br />

Das kulturelle Angebot ist ja auch durchaus vorhanden. Nicht vergessen werden<br />

wir unser erstes Konzert im Centro Sinfónico Nacional. Noch recht blauäugig kurz<br />

nach unserer Ankunft, staunten wir nicht schlecht, als man uns sagte, wir sollten<br />

uns warm anziehen, wenn man dort hin ginge. Und so lauschten wir Beethoven im<br />

Mantel mit Schal und Handschuhen…<br />

Und was für tolle Reisen man machen kann (wobei der erste bloqueo noch Folklore<br />

ist), nicht nur in diesem landschaftlich traumhaften Land, sondern auch bei<br />

den Nachbarn. Sei es Atacama, Colca, Salta oder Galapagos, Ushuaia, Cartagena<br />

oder Rio, Cusco und Perito Moreno. Aber das waren Urlaube. Abenteuer, die<br />

2/2011 80 Käseblatt<br />

Käseblatt 81<br />

2/2011

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