II - CCA Monatsblatt
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In eigener Leute Sache<br />
Unsere vier Jahre in Bolivien waren voll von Erfahrungen, Emotionen und Eindrücken.<br />
Wie oben schon gesagt, bis auf die verflixte Kälte, die Entfernung nach<br />
Europa und die bloqueos waren die Eindrücke weitestgehend sehr positiv. Aber<br />
irgendwann reicht es auch. Wir möchten mal wieder abends im Garten sitzen können<br />
ohne Pullover, Fernsehen können ohne Decke und zwei Paar Socken und<br />
vielleicht auch mal ad hoc, so als eine Laune, am Donnerstag Abend entscheiden,<br />
am Freitag fliegen wir mal schnell übers Wochenende nach München, Wien oder<br />
sonst wo hin.<br />
Vielleicht werden wir nicht heulen wie die Schlosshunde, wenn wir am 19.07.2011<br />
mit Paula, unserer Hündin und unseren beiden Katzen das Land endgültig verlassen<br />
werden. Aber mehr als eine Träne werden wir sicherlich vergießen.<br />
Auch auf diesem Weg möchten wir uns verabschieden von vielen lieben Menschen,<br />
die wir hier kennen gelernt haben. Und wir hoffen für Euch alle, dass<br />
der nächste gasolinazo oder sonstige „…azo“ Euch verschont (wohl hör’ ich die<br />
Worte, doch fehlt mir der Glaube).<br />
Und so zieht die Karawane weiter – frei nach Karl May „In den Schluchten des<br />
Balkan“ – nach Sarajewo, der Hauptstadt von Bosnien und Herzegowina.<br />
Herzlichst<br />
Gabriele & Gerhard Manderla,<br />
...der als Papa Noel Oscar-verdächtige Leistungen abgeliefert hat, diese Auszeichnung<br />
aber nie aus Hollywood bekommen hat<br />
In eigener SchuleSache<br />
Zwei- und Mehrsprachigkeit – wie funktioniert das?<br />
Wie lernt ein kleines Kind eigentlich sprechen? Und wie lernt es gar gleich zwei<br />
oder mehrere Sprachen? Ist der Spracherwerb dadurch schwieriger? Welche<br />
Faktoren beeinflussen den Erfolg des Sprechenlernens? Und warum lernen Erwachsene<br />
offensichtlich mit so viel mehr Mühe eine andere Sprache? Das sind<br />
Fragen, mit denen sich viele Wissenschaftler in der Welt schon lange auseinandersetzen.<br />
Jeder von uns hat auf diesem Gebiet aber auch seine ganz persönlichen Erfahrungen<br />
gemacht und hat sich diese Fragen, vielleicht auch im Zusammenhang<br />
mit eigenen Kindern, immer wieder einmal gestellt.<br />
Schon zur Erklärung des Erwerbs der Muttersprache bzw. der Erstsprache gibt es<br />
unterschiedliche Theorien. Während die einen vom reinen „Imitationslernen“ ausgehen,<br />
suchen andere eine Erklärung für das Sprechenlernen in dem rein kognitiven<br />
Entwicklungsprozess eines Kindes und sehen Einflüsse von außen als nicht<br />
relevant an. Wieder andere Theorien betonen den Aspekt der sozialen Interaktion<br />
beim Sprechenlernen. Der nativistische Ansatz geht von einer angeborenen<br />
„Universalgrammatik“ aus, die allgemeine Sprachprinzipien aller Sprachen beinhaltet<br />
und die beim Erlernen der Muttersprache sozusagen mit einer spezifischen<br />
Sprache gefüllt wird.<br />
Wahrscheinlich ist wohl, dass in allen Theorien ein Fünkchen Wahrheit steckt,<br />
denn dass das Sprechenlernen über Imitation geschieht, dass ein Kind aber<br />
gleichzeitig auch eigene Regeln bildet, bei denen auch Fehler gemacht werden,<br />
entspricht sicher unser aller Erfahrung.<br />
Was geschieht nun aber, wenn Kinder in einem zweisprachigen Umfeld groß<br />
werden? Man unterscheidet hier noch einmal zwischen dem „bilingualen Erstspracherwerb“,<br />
wenn ein Kind schon vor dem 3. Lebensjahr zwei verschiedene<br />
Sprachen lernt, und dem sog. Zweitspracherwerb, wenn ein Kind zwischen dem<br />
3. und ca. 15. Lebensjahr mit einer zweiten Sprache konfrontiert wird. Einhellig<br />
herrscht die Meinung vor, dass mit der Pubertät aufgrund veränderter Hirnfunktionen<br />
die Phase des „einfachen Zweitspracherwerbs“ abgeschlossen ist. Das<br />
bedeutet: ein Kind, das vor der Pubertät eine zweite Sprache lernt, ist dem erwachsenen<br />
Zweitsprachlerner in jedem Fall überlegen.<br />
Ähnlich den Theorien zum Erstspracherwerb gibt es auch hinsichtlich des Zweitspracherwerbs<br />
die unterschiedlichsten Erklärungsansätze:<br />
Die Kontrastivhypothese unterstreicht die Wichtigkeit der Erstsprache, d.h. es wird<br />
davon ausgegangen, dass die Erstsprache des Lerners systematisch das Lernen der<br />
zweiten Sprache beeinflusst. Beim Erwerb neuer Strukturen in der Zweitsprache<br />
greift der Lerner beim Zweitspracherwerb demnach ständig auf schon erworbene<br />
2/2011 84 Käseblatt<br />
Käseblatt 85<br />
2/2011