II - CCA Monatsblatt
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In eigener ReiseSache<br />
21 Stunden auf dem Gipfel des Illimani -<br />
Ein windiger Zeltplatz mit atemberaubenden Ausblicken<br />
Flughafen La Paz, El Alto, 4060 m ü NN. Ich sitze in einer Boing 737-300 von<br />
La Paz nach Santa Cruz. Alle 149 Passagiere sind an Bord. Startgewicht: Über 60<br />
Tonnen. Die Stewardessen führen wie immer kurz vor dem Start die einstudierten<br />
Pantomimen auf. Es geht los. Die Passagiere werden in die Sitze gedrückt,<br />
wir heben ab. Innerhalb von sechs Minuten haben wir eine Höhe von 6000 m<br />
erreicht und nach neun Minuten sind wir auf Augenhöhe des Illimani. Der Gipfel<br />
ist zum Greifen nahe. Könnten wir jetzt ein Fenster in dieser abgeschlossenen<br />
Druckkabine öffnen, könnten wir die Kälte, die Sauerstoffarmut und den geringen<br />
Luftdruck spüren. In nur 9 Minuten von 4060 m über NN auf 6439 m, so schnell<br />
und mühelos kann es gehen.<br />
Ortswechsel:<br />
Etwa 3 Fahrstunden von La Paz entfernt liegt am Fuße des Illimani der winzige<br />
Ort Pinaya, Ausgangspunkt der meisten Illimanibesteigungen.<br />
Wir, das sind zwei Bergführer, zwei Träger und vier zahlende Bergsteiger.<br />
Das Ziel soll der Illimanigipfel sein. Wir möchten den Gipfel jedoch nicht nur<br />
erreichen, sondern wir wollen dort auch unsere Zelte aufschlagen. Als ich vor<br />
vier Jahren zum ersten Mal auf diesem Gipfel stand, entstand die Idee, auf dem<br />
höchsten Punkt des Illimani zu übernachten. Die Träger teilten uns mit, dass diese<br />
Idee ganz schön verrückt sei und noch keiner auf dem Gipfel geschlafen habe.<br />
Camping in 6439m Höhe.<br />
Vorteil: Ein Campingplatz ohne Gebühren mit atemberaubenden Ausblicken.<br />
Nachteil: Warmwasserduschen und gepflegte Toiletten fehlen.<br />
Drei Pferde tragen unsere<br />
Ausrüstung zum malerisch<br />
gelegenen Basiscamp in 4500<br />
m Höhe.<br />
Am nächsten Tag tragen wir<br />
unsere Ausrüstung selbst.<br />
Unsere Rucksäcke wiegen<br />
zwischen 15 und 20 kg und sind<br />
vollgepackt mit drei Zelten,<br />
Schlafsäcken, Isomatten,<br />
zwei Benzinkochern,<br />
Bergsteigerseilen, Karabinern,<br />
Eispickeln, Steigeisen,<br />
Eisschrauben, Nudeln, Reis,<br />
In eigener ReiseSache<br />
Tütensuppen und Schokolade. Über langgestreckte Seitenmoränen und erste<br />
kleine Schneefelder geht es Meter um Meter weiter aufwärts. Entlang einer<br />
Gletscherzunge mit tiefen Gletscherspalten klettern wir hinauf bis zum nächsten<br />
Hochcamp in 5450 m Höhe.<br />
Dieses Camp heißt „Nido de Condores“. Von Kondoren ist nichts zu sehen, es<br />
fliegen aber zwei Caracaras an uns vorbei. Diese falkenähnlichen Vögel sind<br />
volkstümlich unter dem Namen Maria bekannt und sollen nach bolivianischem<br />
Glauben Glück bringen. Gut so.<br />
Nach einer kurzen Nacht geht es am nächsten Morgen um 04:00 Uhr weiter. Ein<br />
Haferflockenfrühstück und Tee wecken die Lebensgeister. Die scharfkantigen<br />
Steigeisen erfüllen jetzt auf dem Gletscher ihren Zweck, und unsere Stirnlampen<br />
leuchten uns Schritt für Schritt den Weg. Die nächsten 1000 Höhenmeter führen<br />
stellenweise über schmale und steile Eisgrate, hauptsächlich geht es aber in einem<br />
Zick-Zack-Kurs konstant bergauf.<br />
Der Sonnenaufgang<br />
taucht die<br />
Umgebung in ein<br />
goldgelbes Licht<br />
und der Schatten<br />
des Illimanigipfels<br />
breitet sich über<br />
die Wolkendecke<br />
aus, dieses<br />
Naturschauspiel<br />
gibt Kraft für<br />
die nächsten<br />
Höhenmeter. Ab<br />
einer Höhe von<br />
6000 m lechzen die<br />
Lungenflügel nach<br />
jedem Sauerstoffatom.<br />
Nach einem letzten sehr steilen Anstieg haben wir es geschafft, nach zwei Tagen<br />
Aufstieg stehen wir um 12:30 Uhr auf dem 6439 m hohen Gipfel des Illimani.<br />
Nach Osten schauen wir auf die nebelverhangenen Yungas, im Südwesten sehen<br />
wir den 200 km entfernten Sajama aufragen und der Lago Titicaca glitzert im<br />
Westen in der Sonne.<br />
Mühselig ebnen wir mit unseren Eispickeln eine Fläche für unsere Zelte. Das<br />
Aufstellen der Zelte bereitet uns bei heftigem Wind ebenfalls Schwierigkeiten,<br />
ein falscher Handgriff und die Zeltplanen würden Richtung Coroico fliegen.<br />
Nach 30 Minuten stehen sie aber, und wir kriechen sofort in die windgeschützte<br />
Behausung.<br />
2/2011 70 Käseblatt<br />
Käseblatt 71<br />
2/2011