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PDF file - Öko-Institut eV

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•»ko-<strong>Institut</strong> e.V.<br />

BSE-infiziertem Rindfleisch bei den Menschen zu einer neuen Variante der tödlichen Creutzfeldt-<br />

Jakob-Krankheit (CJK) führen kann, die die Hirnrinde zersetzt und schließlich zum Tod führt. Als<br />

Auslöser von BSE gilt verseuchtes Tiermehl, das aus Kostengründen widernatürlich an Wiederkäuer<br />

verabreicht wurde. Um noch weiter Kosten zu sparen, wurde bei der Herstellung von Tierkörpermehl<br />

auf ein billigeres Produktionsverfahren umgestellt, das den BSE-Erreger nicht mehr abtötete. So<br />

konnte die Krankheit, die zunächst bei Schafen aufgetreten war, auf Rinder übergreifen und zu einer<br />

Gefahr für den Menschen werden.<br />

Die EG wusste bereits 1983 von ersten BSE-Fällen in England. Jedes Jahr kamen neue Fälle hinzu.<br />

Und was tat die EG zum Schutz der VerbraucherInnen? Ein jahrelanges Hin und Her von unzureichenden<br />

Maßnahmen. Kälber durften weiterhin ausgeführt werden, Rinder ebenfalls, wenn sie aus<br />

Herden stammten, deren Bestände seit zwei Jahren BSE-frei waren. Eine völlig unzureichende Maßnahme,<br />

wenn man bedenkt, dass der Mechanismus der Ansteckung nicht geklärt war. Schließlich<br />

wurden auch Tiere aus infizierten Herden exportiert, wenn die Lymph- und Nervengewebe, in denen<br />

man die höchste Erregerkonzentration vermutete, entfernt wurden. Hauptsache, der Rindfleischabsatz<br />

stimmte. Zu diesem Zeitpunkt ahnten die VerbraucherInnen noch gar nichts, eine bewusste Verbraucheraufklärung<br />

erfolgte nicht. Die unzureichenden Maßnahmen setzten sich fort. Die Exportverbote<br />

betrafen zunächst Tiere, die vor dem 1.1. 1992 geboren wurden. Es erkrankten jedoch auch Tiere, die<br />

nach dem 1.1.1992 geboren waren. Also wurde das Exportverbot auf Tiere ausgedehnt, die vor dem<br />

1.1.1993 geboren worden waren. Die wissenschaftlichen Experten, welche die EU-Kommission berieten,<br />

standen unter starkem Druck ihrer nationalen Regierungen (REINECKE 1997). Aus Angst vor<br />

den wirtschaftlichen Folgen ihrer Entscheidungen, insbesondere des Zusammenbruchs des ohnehin<br />

angespannten europäischen Fleischmarktes, spielten sie die Risiken der Seuche herunter. Ihre Empfehlungen<br />

fassten die Wissenschaftler - wie so oft - unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Kontroverse<br />

Diskussionen über die Richtigkeit der politischen Entscheidungen wurden von der Kommission abgeblockt<br />

(REINECKE 1997).<br />

Erst am 25. März 1996 beugte sich die Kommission dem internationalen Druck und erließ ein umfassendes<br />

Exportverbot. Schließlich wurde auch der Export von Tierkörpermehl aus Großbritannien<br />

verboten. Zu diesem Zeitpunkt war jedoch bereits tonnenweise Rindfleisch aus Großbritannien exportiert<br />

worden und an den/die VerbraucherIn gelangt. 1995 waren vier Fünftel der Produktion im Ausland<br />

gelandet, davon immerhin 1.500 Tonnen in Deutschland (REINECKE 1997). Und selbst nach<br />

dem Exportverbot ist die Dunkelziffer wegen unzureichender Kontrollen nicht zu überblicken. Ende<br />

Juli 1998 entdeckten belgische Behörden in einem Kühlhaus 50 Tonnen Rindfleisch, bei dem die<br />

Veterinärstempel größtenteils herausgeschnitten waren (SZ 2.2.99).<br />

Die von der EU nun angeordneten Massenschlachtungen und Kontrollmaßnahmen führten zwar zu<br />

einem deutlichen Rückgang der BSE-Fälle. Nach der verschleppten Vorgeschichte sind diese Maßnahmen<br />

jedoch nicht ausreichend, den Schutz der VerbraucherInnen zu gewährleisten. Die BSE-Krise<br />

verdeutlicht die Entscheidungspraxis der EU: Unter Ausschluss und bewusster Nichtinformation der<br />

Öffentlichkeit siegen Wirtschaftsinteressen vor dem Verbraucherschutz. Die Kommission kann mit<br />

der Bewältigung der BSE-Krise nicht zufrieden sein und hat versucht, die Verbraucherpolitik seither<br />

zu verbessern.<br />

Als Folge der Auswirkungen des BSE-Skandals beschloss die Kommission, ihre für Lebensmittelsicherheit<br />

zuständigen Dienststellen nach Maßgabe von zwei Grundsätzen umzustrukturieren:<br />

• Trennung von Dienststellen, die für die Ausarbeitung von Rechtsakten, die wissenschaftliche Anhörung<br />

und die Kontrolle zuständig sind.<br />

• Verbesserung der Transparenz und der Verbreitung von Informationen.<br />

Eine weitere Folge des BSE-Skandals war die Aufwertung der Verbraucherschutzabteilung zu einer<br />

eigenen Generaldirektion mit 200 Mitarbeitern. Seitdem untersteht die Lebensmittelkontrolle der<br />

Verbraucherschutzkommissarin und nicht mehr - wie zuvor - der Agrarabteilung, die einem sehr viel<br />

stärkeren Lobbydruck ausgesetzt ist und, wie der BSE-Skandal dokumentiert, Verbraucherinteressen<br />

nachrangig bewertet.<br />

Die unzureichende Verbraucherschutzpolitik der EU ist leider noch nicht am Ende. Mittlerweile wurde<br />

das Rindfleisch-Embargo für britisches Rindfleisch mit einfacher Mehrheit im Agrarrat (FAZ<br />

5.11.1998) wieder aufgehoben, obwohl in Großbritannien noch immer monatlich mehr als 300 Rinder

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