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Wirtschaftswoche Ausgabe vom 2013-10-28 (Vorschau)

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Unternehmen&Märkte<br />

Der Blitzableiter<br />

DEUTSCHE BANK | Stephan Leithner hat den vermutlich härtesten<br />

Job im Vorstand. Er muss die Skandale der Bank aufarbeiten und<br />

für eine saubere Zukunft sorgen.<br />

Dann will der Manager beim Treffen<br />

in der Moskauer Filiale <strong>vom</strong> aus<br />

dem fernen Frankfurt angereisten<br />

Vorstand doch mal wissen, was das alles<br />

überhaupt soll. Das ganze Gerede <strong>vom</strong><br />

Kulturwandel. Dieser Würfel, den alle Spitzenmanager<br />

der Deutschen Bank in die<br />

Hand gedrückt bekommen haben und bei<br />

dem auf jeder Seite ein Leitwert des Unternehmens<br />

steht. Integrität, Partnerschaft,<br />

Disziplin, Innovation, Kundenfokus, Nachhaltigkeit<br />

– all das mag ja in der Zentrale eine<br />

tiefere Bedeutung haben. Aber was bitte<br />

heiße es hier, in Russland?<br />

Stephan Leithner hört dem Vortrag in aller<br />

Ruhe zu. Dann bittet der Personalvorstand<br />

die anwesenden Manager zum Diskurs. Sie<br />

sollten doch mal genauer überlegen, was sie<br />

im Alltag so machen. Und was diese Normen<br />

für sie bedeuteten. Welche Geschäfte sie in<br />

Zukunft noch so wie bisher machen können,<br />

welche sie anders machen müssten – und<br />

Hier kommt der<br />

Aufräumdienst<br />

Vorstand Leithner<br />

welche gar nicht mehr gingen. Zwei Stunden<br />

später sind bei Weitem nicht alle Fragen geklärt.<br />

Und doch sehen die Versammelten etwas<br />

klarer, berichtet einer, der bei jener Sitzung<br />

in der vorvergangenen Woche dabei<br />

war. Es sei jedenfalls gut gewesen, darüber<br />

einmal geredet zu haben.<br />

Es ist eine Zeit des Übergangs in der<br />

Deutschen Bank. Eine Zeit der Gruppendiskussionen,<br />

der Gesprächskreise und der<br />

Selbstfindung. Eine Art Traumatherapie,<br />

nachdem immer neue Vorwürfe, immer<br />

neue Ermittlungen und immer neue Schadensersatzprozesse<br />

das Image des mit Abstand<br />

größten deutschen Instituts schwerstens<br />

lädiert haben.<br />

Alles besser machen soll der von der<br />

Doppelspitze Anshu Jain und Jürgen Fitschen<br />

ausgerufene Kulturwandel. Das vage<br />

Versprechen ist ihr Großprojekt, an dessen<br />

Erfolg sie sich messen lassen wollen. So wie<br />

ihr Vorgänger Josef Ackermann am Ziel einer<br />

Eigenkapitalrendite von 25 Prozent.<br />

Und selbstverständlich ist der Wandel<br />

Chefsache. Alle internen Mitteilungen<br />

kommen von Jain und Fitschen, in den Sitzungen<br />

von Vorstand und Aufsichtsrat tragen<br />

sie regelmäßig den aktuellen Stand vor.<br />

Stephan Leithner bleibt da im Hintergrund.<br />

Dabei hängt das Gelingen der Neuorientierung<br />

ganz wesentlich von ihm ab.<br />

Als Personalvorstand muss er dafür sorgen,<br />

dass es nicht bei schönen Worten bleibt.<br />

Als Rechtsvorstand muss er die Sünden der<br />

Vergangenheit möglichst rasch und geräuschlos<br />

abarbeiten und neue Regeln einführen,<br />

die künftig Fehltritte verhindern.<br />

Und als Europachef muss er sich auch<br />

noch um die großen Kunden außerhalb<br />

Deutschlands kümmern.<br />

ALLE BAUSTELLEN AUF EINMAL<br />

„Es ist eine Herkulesaufgabe“, sagt ein früherer<br />

Vorstand. „Ich habe mich gefragt, wie<br />

der Aufsichtsrat ihm alle Großbaustellen<br />

auf einmal zumuten kann“, sagt ein langjähriger<br />

Vertrauter Leithners.<br />

Als Jain und Fitschen vor eineinhalb Jahren<br />

ihr Führungsteam vorstellten, war der<br />

Posten für Leithner eine Überraschung.<br />

Denn der Österreicher war vorher Investmentbanker,<br />

Spezialist für die Beratung<br />

großer Unternehmensübernahmen. Den<br />

Job füllte er mit Leistung und Leidenschaft<br />

aus. „Weichen zu stellen, an großen strategischen<br />

Themen zu arbeiten, das war seine<br />

Welt“, sagt einer, der ihn seit Jahren kennt.<br />

„Dies aufzugeben ist ihm schwergefallen.“<br />

Andererseits, so ein anderer Insider, sei<br />

ein Sitz im Vorstand immer das Ziel des<br />

47-Jährigen gewesen. Die Chance habe er<br />

ergreifen müssen. Deshalb sitzt er nun in<br />

Tarif- statt in Übernahmeverhandlungen,<br />

muss sich mehr um Frauenförderung als<br />

um die Finanzen deutscher Großkonzerne<br />

kümmern, Trainings organisieren, Regeln<br />

zum korrekten Verhalten einführen und<br />

Vorgaben der Regulierer aus Brüssel und<br />

Berlin umsetzen. Dinge, die gemacht werden<br />

müssen, aber wenig Glamour bieten.<br />

Leithner selbst sagt dazu nichts. Ins<br />

Scheinwerferlicht hat er noch nie gestrebt.<br />

Dass es auf dieser Seite kein besseres Foto<br />

von ihm gibt, liegt daran, dass es überhaupt<br />

kein besseres Foto von ihm gibt. Und<br />

er keines von sich machen lassen will. Über<br />

sich selbst sprechen mag er genauso wenig.<br />

Wenn es denn sein muss, sollen das<br />

seine Kunden tun. Lobende Worte über<br />

Banker, Investmentbanker gar, fallen Industriemanagern<br />

schwer. Bei Leithner jedoch<br />

machen einige eine Ausnahme.<br />

FOTO: PICTURE-ALLIANCE/DPA<br />

64 Nr. 44 <strong>28</strong>.<strong>10</strong>.<strong>2013</strong> WirtschaftsWoche<br />

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