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Wirtschaftswoche Ausgabe vom 2013-10-28 (Vorschau)

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„Wenn ein Kunde nicht zu Hause ist, versuche<br />

ich ihn telefonisch zu erreichen. Fünf<br />

Minuten kann ich schon mal warten, oder<br />

ich versuche es am Ende der Tour noch<br />

mal“, sagt Kukalla. Wenn der Fahrer seine<br />

Tüten nicht los wird, nimmt er sie wieder<br />

mit in den Rewe-Markt und storniert die<br />

Bestellung kostenlos.<br />

Heute ist Kukalla auf seiner Tour gut ausgelastet.<br />

Wie viele Kunden schon bei Rewe<br />

online bestellen, verrät das Unternehmen<br />

nicht. Auch Bringmeister (Tengelmann),<br />

Mytime (Bünting) oder Edeka mögen dazu<br />

nichts angeben. „Bei einem Durchschnittseinkauf<br />

von 50 Euro kosten Logistik und<br />

Lieferung rund 15 Euro“, sagt McKinsey<br />

Experte Netzer. Für Händler ist das deutlich<br />

mehr, als wenn ein Kunde in der Filiale<br />

einkauft.<br />

NICHTS FÜR SCHNÄPPCHENJÄGER<br />

Viele Shops berechnen die Lieferkosten<br />

daher extra. Teilweise sind auch die Produkte<br />

teurer als im Supermarkt vor Ort:<br />

Ein Liter Milch von Bärenmarke kostet so<br />

bei food.de 1,02 Euro, bei Emmas Enkel<br />

1,20 Euro. Bei Rewe kostet der Liter 99 Cent<br />

– genauso viel wie im Markt vor Ort.<br />

Online-Shopping ist nichts für Schnäpp-<br />

chenjäger: Wer seinen Wochenendeinkauf<br />

normalerweise splittet und bei Kaufland,<br />

Rewe und Aldi für 52 Lebensmittel insgesamt<br />

rund 63 Euro zahlt, muss für die gleiche<br />

Auswahl bei food.de, der primär teurere<br />

Marken führt, 120 Euro rechnen – im<br />

Schnitt also fast doppelt so viel wie im<br />

Supermarkt und Discounter um die Ecke,<br />

ergaben die Testkäufe der Wirtschafts-<br />

Woche-Redaktion.<br />

Während Startups vorpreschen und<br />

Handelsketten wie Rewe sich vorsichtig an<br />

den Online-Handel herantasten, bleiben<br />

andere skeptisch. Das Geschäft sei zu „kostenintensiv“,<br />

weil die Kühlkette einen hohen<br />

logistischen Aufwand erfordere, heißt<br />

es etwa beim Discounter Lidl. Daher sei<br />

„ein Online-Warengeschäft nicht Ziel unserer<br />

Überlegungen“.<br />

Auch Olaf Koch, Chef des Düsseldorfer<br />

Handelskonzerns Metro, winkt ab. Lebensmittellieferungen<br />

an Restaurants und Caterer<br />

gehören zwar seit Jahren zum Kerngeschäft<br />

der Metro-Großhandelssparte Cash<br />

& Carry. Doch für die SB-Warenhaustochter<br />

Real sei ein Einstieg nicht geplant.<br />

„Bei der Belieferung von Endkunden<br />

stellen sich ganz andere Fragen als bei einem<br />

Service für Großabnehmer: Wie finanzieren<br />

Sie die letzten Meter der Belieferung,<br />

was machen Sie, wenn der Kunde<br />

nicht zu Hause ist? Wie gehen Sie mit<br />

der hohen Verderbquote um?“, fragt<br />

Koch. „Sie müssen Ausfälle einkalkulieren,<br />

und wenn Sie das auf den Lieferpreis umlegen,<br />

wird es teuer.“ Das könne in Nischen<br />

funktionieren, aber nicht im großen Stil.<br />

Dafür sei der deutsche Lebensmittelhandel<br />

„einfach zu preissensitiv“,<br />

sagt Koch.<br />

Real bietet lediglich an zwei<br />

Standorten die Möglichkeit,<br />

die online bestellten Einkäufe<br />

abzuholen. Amazon bietet<br />

zwar seit einigen Jahren Lebensmittel<br />

in Deutschland an,<br />

allerdings kaum frische Produkte.<br />

Unternehmen, die sich an das<br />

schwierige Geschäftsmodell wagen, arbeiten<br />

aber bereits daran, den Aufwand zu<br />

senken. „Die Kosten könnten bald bei rund<br />

zehn Euro liegen, rund sieben Euro für die<br />

Zusammenstellung und drei Euro für die<br />

Zustellung“, glaubt Berater Netzer. Bei entsprechender<br />

Effizienz könnten die Logistikkosten<br />

nur noch <strong>10</strong> bis 15 Prozent über<br />

denen beim Laden-Einkauf liegen. Die Zusatzkosten<br />

kann der Händler verrechnen,<br />

weil online tendenziell höhere Warenkörbe<br />

erzielt werden, oder der Kunde zahlt höhere<br />

Versandkosten, spart aber gleichzeitig<br />

Zeit und Sprit.<br />

Somit wird die Schlacht um den Kunden<br />

im Online-Lebensmittelhandel am Ende<br />

über die wirtschaftlichste Logistik gewonnen.<br />

McKinsey-Experte Netzer ist beim<br />

Liefersystem über Filialen skeptisch. Dort<br />

müssten die Waren erst ein- und anschließend<br />

wieder ausgeräumt werden, dadurch<br />

entstünden doppelte Logistikkosten. Besser<br />

sei ein eigener Standort für Online-Wa-<br />

REWE<br />

Lieferung aus Filialen<br />

food.de<br />

Lieferung aus deutschlandweiten<br />

Lagern<br />

Allyouneed<br />

Postversand aus Zentrallager<br />

Emmas Enkel<br />

Lieferung aus den Läden<br />

ren, wie ihn die Post mit Allyouneed oder<br />

Real mit Lagern in Isernhagen und Köln-<br />

Porz betreibt. „Der Handel muss bereit<br />

sein, in Zentrallager zu investieren“, fordert<br />

Netzer. „Wenn man erste Gehversuche von<br />

den Filialen aus macht, ist das aber durchaus<br />

sinnvoll.“<br />

Der Leipziger Karsten<br />

Schaal verfolgt ein anderes<br />

Geschäftsmodell.<br />

Der 37-jährige Grafikdesigner<br />

gründete<br />

38%<br />

der Konsumenten gaben<br />

die Lieferung an die<br />

Haustür als Hauptmotiv<br />

an, warum sie Lebensmittel<br />

online kaufen<br />

food.de 2011 zusammen mit Christian Fickert.<br />

Ein eigenes Lager haben die beiden<br />

nicht, sie beziehen die bestellten Äpfel, Birnen<br />

und Taschentücher aus Lagern, die<br />

über ganz Deutschland verteilt sind und<br />

die ein Händler betreibt, der ansonsten Lebensmittelketten<br />

beliefert.<br />

Mit eigenen Lieferwagen liefert food.de<br />

in 29 Städten etwa in Frankfurt, München<br />

oder Düsseldorf zum Festpreis von fünf<br />

Euro pro Bestellung. „Die Kosten für die<br />

Lieferung sind damit noch nicht gedeckt“,<br />

räumt Schaal ein. „Aber je stärker wir<br />

Vorteile<br />

schnelle Expansionsmöglichkeiten,<br />

keine<br />

zusätzlichen Lagerkosten<br />

geringe Lagerkosten<br />

Nutzung der bestehenden<br />

Postlogistik<br />

Bekanntheit wird durch<br />

Laden gesteigert, verschiedene<br />

Verkaufskanäle<br />

Nachteile<br />

höhere Logistikkosten<br />

durch Ein- und Ausräumen<br />

in der Filiale<br />

hohe Kosten für<br />

den Transport<br />

hoher Verpackungsaufwand<br />

hohe Kosten für<br />

Transport und<br />

zentrale Lager<br />

»<br />

WirtschaftsWoche <strong>28</strong>.<strong>10</strong>.<strong>2013</strong> Nr. 44 53<br />

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