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Wirtschaftswoche Ausgabe vom 2013-10-28 (Vorschau)

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sind die Kabelverbindungen, die den elektrischen<br />

Strom zu den verbrauchenden Teilen<br />

bringen oder Signale weiterleiten. Ein<br />

VW-Käfer der ersten Baujahre hatte die<br />

Beleuchtung vorne und hinten, ein Bremslicht,<br />

Blinker und Hupe, insgesamt vermutlich<br />

kaum mehr als <strong>10</strong>0 Meter Kabel. Heute<br />

haben Autos Fensterheber und Navigationsgerät,<br />

Lautsprecher vorne, hinten und<br />

in den Türen, Kurvenlicht und Abstandskontrollsysteme,<br />

Sensoren, die Scheibenwischer<br />

und Beleuchtung steuern, die<br />

Bremskraft dosieren oder Airbags auslösen.<br />

Ein gut ausgestattetes Mittelklasseauto hat<br />

drei Kilometer Kabel und rund 1500 Steckverbindungen<br />

unter dem Blechkleid.<br />

Aber wenn die Architektur steht, können<br />

Sie Millionen an Bordnetzen verkaufen.<br />

Nur wenn die Fahrzeuge einer Baureihe<br />

immer die gleiche Ausstattung hätten. Das<br />

ist längst nicht immer so. Vor allem deutsche<br />

Hersteller haben ellenlange Ausstattungslisten,<br />

kaum ein Bordnetz ist wie das<br />

andere. Das bringt eine hohe Komplexität<br />

in unser Geschäft: Bei Fahrzeugen der Premiumklasse<br />

kommt man leicht auf mehr<br />

als 20 Millionen Varianten. Ebenfalls eine<br />

Herausforderung sind die kurzen Lieferfristen<br />

von normalerweise zehn, manchmal<br />

auch nur vier Tagen nach Bestellung.<br />

Wie sehen Sie das Thema Elektroauto?<br />

Das ist eine wichtige, zukunftsfähige Entwicklung,<br />

auch wenn rein elektrisch angetriebene<br />

Fahrzeuge wohl auf absehbare<br />

Zeit ein Nischenprodukt bleiben. Optimistischer<br />

bin ich bei Hybridfahrzeugen. Die<br />

neuen Modelle werden den europäischen<br />

Markt zügig erobern. Weil Hybride einen<br />

konventionellen und einen elektrischen<br />

Antrieb haben und zwei Bordnetze benötigen,<br />

bringt uns das auf lange Sicht ein Umsatzplus<br />

von 15 bis 20 Prozent pro Auto.<br />

Leoni ist bei Bordnetzen Marktführer in<br />

Europa, 70 Prozent aller Autohersteller<br />

zählen zu Ihren Kunden. Damit haben Sie<br />

eine starke Verhandlungsposition.<br />

Die Marktstellung ist gut, trotzdem ist der<br />

Kostendruck seitens der Autobauer hoch.<br />

Im Schnitt erwarten die Kunden Preisabschläge<br />

von etwa zwei Prozent pro Jahr.<br />

Also müssen Sie weiter automatisieren?<br />

Aktuell ist nur ein sehr kleiner Teil des<br />

Wertschöpfungsprozesses automatisiert,<br />

nämlich das Zuschneiden der Kabel und<br />

das Anbringen der Steckkontakte. Bei den<br />

anderen Verarbeitungsschritten bestehen<br />

relativ hohe Hürden, da einerseits mit den<br />

Kabeln sogenannte biegeschlaffe Bauteile<br />

behandelt werden müssen. Andererseits<br />

erschwert die hohe Variantenvielfalt eine<br />

automatisierte Fertigung. Wir gehen davon<br />

aus, dass in den kommenden fünf bis zehn<br />

Jahren insgesamt 20 Prozent der Wertschöpfung<br />

automatisierbar werden.<br />

Und wo sollen die notwendigen Produktivitätsfortschritte<br />

denn herkommen?<br />

Vor allem durch kürzere Montagezeiten<br />

und Gewichtsreduzierung. Heute dauert<br />

die Montage 15 bis 18 Minuten pro Kabelbaum,<br />

da lässt sich durch effizientere Prozessgestaltung<br />

noch einiges herausholen.<br />

Und Gewicht sparen können wir durch<br />

neue Kupferlegierungen und Aluminium.<br />

Da sehe ich Leoni im Vorteil, weil wir mit<br />

unserer Kabeldivision der weltgrößte Lieferant<br />

einadriger Fahrzeugleitungen sind.<br />

Bei der hohen Abhängigkeit <strong>vom</strong> Auto<br />

macht Ihnen die Krise der Hersteller in<br />

Südeuropa sicher Kopfzerbrechen?<br />

Ja und nein. Drei Viertel unseres Geschäfts<br />

machen wir mit der Autoindustrie, da ist es<br />

unvermeidbar, dass die Probleme der südeuropäischen<br />

Volumenhersteller auf uns<br />

durchschlagen. Die stehen aber nur für<br />

rund ein Drittel unserer Automotive-Umsätze.<br />

Der Rest verteilt sich zu je einem<br />

Drittel auf Kunden aus Mittelklasse und<br />

Premium. Vor allem das Exportgeschäft<br />

läuft sehr gut, und das sorgt für Ausgleich.<br />

Von den Besten<br />

lernen<br />

Wo können Unternehmen trotz Euro-<br />

Krise noch wachsen? Wie sind Marktveränderungen<br />

zu bewältigen? Warum<br />

ist der Standort Deutschland ein Erfolgsfaktor?<br />

Antworten auf Fragen wie diese<br />

gibt das Gipfeltreffen der Weltmarktführer<br />

<strong>vom</strong> <strong>28</strong>. bis 30. Januar 2014<br />

in Schwäbisch Hall, das die Wirtschafts-<br />

Woche mitveranstaltet. Als Referenten<br />

erwartet werden Bundesfinanzminister<br />

Wolfgang Schäuble, Thomas Enders<br />

(EADS), Klaus Fischer (Unternehmensgruppe<br />

Fischer), Rolf Hollander (Cewe<br />

Color), Bertram Kandziora (Stihl), Arndt<br />

Kirchhoff (Kirchhoff Gruppe), Wolfgang<br />

Kirsch (DZ Bank), Matthias Metz (Schwäbisch<br />

Hall), Jens Rottmair (Kässbohrer),<br />

Herbert Schein (Varta Microbattery),<br />

Hans-Joachim Watzke (Borussia Dortmund).<br />

Informationen und Anmeldung<br />

unter www.weltmarktfuehrer-gipfel.de<br />

GIPFELTREFFEN DER<br />

WELTMARKTFÜHRER<br />

Wie läuft Ihr Industriegeschäft?<br />

Nicht ganz so gut, die Kunden kommen<br />

überwiegend aus Europa, da schlagen die<br />

Probleme der Südeuropäer durch.<br />

<strong>2013</strong> wird also ein eher schwaches Jahr?<br />

Was die Geschäftsentwicklung insgesamt<br />

angeht, sind wir ganz zufrieden. Wir erwarten,<br />

dass unser Vorjahresumsatz von 3,8<br />

Milliarden Euro stabil bleibt. Beim Ergebnis<br />

vor Zinsen und Steuern können wir die<br />

236 Millionen Euro von 2012 nicht halten,<br />

wir rechnen mit rund 170 Millionen Euro.<br />

Das wird Ihre Aktionäre nicht erfreuen.<br />

<strong>2013</strong> wird das Ergebnis stark durch Vorlaufkosten<br />

für viele neue Projekte belastet.<br />

Normalerweise haben wir acht bis zehn<br />

Anläufe pro Jahr, in diesem Jahr sind es 16.<br />

Das kostet erst einmal Geld, verdienen<br />

werden wir daran dann in den Folgejahren.<br />

Welche Ziele haben Sie sich gesetzt?<br />

Wir wollen kräftig wachsen und 2016 einen<br />

Umsatz von fünf Milliarden Euro erreichen,<br />

die Umsatzrendite soll von derzeit<br />

rund 4,5 auf 7,0 Prozent steigen.<br />

Wo soll das Wachstum herkommen, wenn<br />

das Industriegeschäft schwächelt?<br />

Wenn die Konjunktur in Europa wieder anzieht,<br />

wird sich auch das Industriegeschäft<br />

erholen. Wir sind Weltmarktführer bei Kabelsystemen<br />

von Industrierobotern und<br />

europäischer Marktführer bei Kommunikation<br />

und Infrastruktur, etwa der Verkabelung<br />

von Flughäfen oder Bahnhöfen. Auch<br />

im Medizintechnikgeschäft, etwa bei Kabelbäumen<br />

für Zahnarztstühle, oder bei<br />

Hausgeräten sind wir gut positioniert.<br />

Die europäischen Auto-Volumenhersteller<br />

dürften sich aber nicht so schnell erholen.<br />

In der Autoindustrie werden in den nächsten<br />

Jahren die Wachstumsimpulse vor<br />

allem aus den gut laufenden Märkten in<br />

China und den USA kommen. China wird<br />

für uns immer wichtiger. Wir sind dort mit<br />

zehn Werken vertreten, aber noch stammen<br />

95 Prozent des Bordnetzgeschäfts aus<br />

Joint Ventures europäischer und amerikanischer<br />

Autobauer vor Ort. Chinesische<br />

Produzenten spielen für uns aktuell kaum<br />

eine Rolle. Das dürfte sich bald ändern.<br />

Chinas Automarkt wird in fünf Jahren so<br />

groß sein wie der in Europa und den USA<br />

zusammen.<br />

Einfacher wäre es, den Umsatz durch<br />

Zukäufe zu erhöhen.<br />

Das haben wir in der Vergangenheit bei<br />

passender Gelegenheit gemacht. Durchaus<br />

möglich, dass wir 2014 wieder aktiv<br />

werden. Das nötige Geld dafür wäre jedenfalls<br />

kein Problem.<br />

n<br />

hans-juergen.klesse@wiwo.de<br />

WirtschaftsWoche <strong>28</strong>.<strong>10</strong>.<strong>2013</strong> Nr. 44 61<br />

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