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Wirtschaftswoche Ausgabe vom 2013-10-28 (Vorschau)

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Dollar bewertet wird, obwohl es im vergangenen<br />

Jahr sogar Verluste schrieb.<br />

Aber die Wachstumschancen sind enorm.<br />

Amazon ist klar im Expansionsmodus.<br />

E-Commerce hat ja noch immer erst eine<br />

Marktdurchdringung von etwas über zehn<br />

Prozent in den USA. Amazons Anteil beträgt<br />

etwa 15 Prozent derzeit. Ich sehe keinen<br />

Grund, warum der Internet-Handel nicht<br />

auf 20 bis 30 Prozent Marktanteil steigen<br />

kann und Amazon vielleicht davon 25 Prozent<br />

hat. Das Potenzial ist also wesentlich<br />

höher als der 75-Milliarden-Dollar-Umsatz,<br />

der <strong>2013</strong> für Amazon erwartet wird.<br />

Andererseits ist der Handel eine sehr<br />

wettbewerbsintensive Branche mit in der<br />

Regel niedrigen Margen.<br />

Ja. Aber was auch für Amazon spricht, sind<br />

die zusätzlichen Dienste, vor allem Amazon<br />

Web Services. Wir schätzen, dass Amazon<br />

damit in diesem Jahr vier Milliarden<br />

Dollar umsetzen wird. Gemessen am Gesamtumsatz,<br />

ist das wenig, aber die Margen<br />

sind dort viel attraktiver als im Handel.<br />

Amazon Web Services hat unserer Analyse<br />

nach das Potenzial, der Marktführer in diesem<br />

Segment zu werden. Amazon ist allerdings<br />

mit Sicherheit keine billige Aktie,<br />

und ich möchte auch nicht suggerieren,<br />

dass wir dort unsere Position ausbauen.<br />

Obwohl sie unsere größte ist, beträgt sie<br />

nur 2,49 Prozent unseres Portfolios.<br />

Sie waren vor dem Börsengang von Facebook<br />

skeptisch. Nun ist die Aktie ein Kern<br />

Ihres Fonds. Warum der Sinneswandel?<br />

Wir hatten Facebook wegen des Wachstumspotenzials<br />

immer auf dem Radar, haben<br />

aber gewartet, wie sich der Wert entwickelt.<br />

Als die Aktie um die 20 Dollar stand,<br />

fanden wir sie attraktiv. Facebook hatte da<br />

schon ein paar Quartale als öffentlich notiertes<br />

Unternehmen hinter sich und demonstriert,<br />

dass es den Wechsel <strong>vom</strong> Desktop<br />

auf mobile Geräte im Griff hat.<br />

Nun hat die Facebook-Aktie schon die<br />

50-Dollar-Kursmarke überschritten.<br />

Ja, die Bewertung ist sehr hoch. Das Pendel<br />

kann auch wieder zurückschwingen. Das<br />

ist die Kehrseite bei vielen Internet-Unternehmen:<br />

Eine falsche strategische Entscheidung,<br />

die die Kunden verärgert – und<br />

schon sieht der Markt die Aktie mit ganz<br />

anderen Augen.<br />

Facebook ist also riskanter als Amazon?<br />

Neben dem schon erwähnten Potenzial im<br />

Cloud Computing durch Web Services finde<br />

ich auch Amazons Lieferservice interessant.<br />

Man gewöhnt sich schnell an die Bequemlichkeit,<br />

Waren mit ein paar Tastenklicks<br />

zu ordern und sie am nächsten Tag<br />

oder in ein paar Metropolen sogar am gleichen<br />

Tag noch geliefert zu bekommen.<br />

Wenn ich hingegen ein paar Monate nicht<br />

auf Facebook gehe, beeinträchtigt das<br />

mein Leben nicht sonderlich. Bei reinen<br />

Internet-Angeboten ist deshalb die Gefahr<br />

groß, dass ein neuer Wettbewerber kommt,<br />

der rasch Fortschritte im Markt macht.<br />

Bei Apple waren Sie im vergangenen<br />

Jahr sehr optimistisch. Und dann hat die<br />

Aktie eine Achterbahnfahrt hingelegt.<br />

Hat Apple die besten Zeiten hinter sich?<br />

Sicherlich hat die Überzeugung im Markt<br />

gelitten, dass Apple das nächste große<br />

Ding gelingt. Aber ich denke, dass sie in<br />

den kommenden Jahren den Umsatz auf<br />

über 200 Milliarden Dollar steigern können.<br />

Bei China Mobile, der größten Mobiltelefongesellschaft<br />

der Welt, ist Apple noch<br />

gar nicht drin. Im PC-Markt sind sie bei<br />

fünf Prozent. Es ist ähnlich wie bei Amazon:<br />

Das Potenzial ist ohne Frage vorhanden.<br />

Aber es muss natürlich erschlossen<br />

werden. Auch Apple ist nicht ohne Risiko.<br />

Wenn die Aktie über 600 Dollar steht, muss<br />

man noch mal genauer hinschauen.<br />

»Man darf sich nicht <strong>vom</strong> Tagesgeschehen<br />

verrückt machen lassen«<br />

Sie betreuen die Halbleiterbranche seit<br />

vielen Jahren persönlich. Warum hat es<br />

Intel so schwer, seinen PC-Erfolg auf<br />

Smartphones und Tablets zu übertragen?<br />

Intel ist Opfer des eigenen Erfolges. Bei<br />

Desktops und Notebooks haben sie über 90<br />

Prozent Marktanteil bei Prozessoren. Auch<br />

im Server-Markt sind sie sehr stark. Doch<br />

wie und vor allem wann macht man einen<br />

erfolgreichen Übergang <strong>vom</strong> PC-Geschäft,<br />

wo man Prozessoren für 90 bis <strong>10</strong>0 Dollar<br />

pro Gerät verkauft oder im Fall von Servern<br />

sogar mehr als 500 Dollar, hin zu<br />

Smartphones und Tablets, wo Prozessoren<br />

nur zwischen 20 und 40 Dollar bringen?<br />

Hinzu kommt, dass sie es mit starken Wettbewerbern<br />

wie Qualcomm zu tun haben.<br />

Viele Tech-Unternehmen schütten inzwischen<br />

Dividenden aus oder kaufen Aktien<br />

zurück. Früher galt das als Warnsignal,<br />

dass kein Wachstum mehr von ihnen zu<br />

erwarten ist. Was hat sich geändert?<br />

Es ist ein massiver Trend. Zumal viele<br />

Tech-Unternehmen auf extrem viel Geld<br />

sitzen. Ich denke, das hängt auch damit zusammen,<br />

dass mehr und mehr professionelle<br />

Manager Tech-Unternehmen führen<br />

und nicht mehr so wie früher vor allem die<br />

Gründer. Letztere haben oft Aktionäre<br />

nicht als gleichberechtigte Eigentümer gesehen.<br />

Professionelle Manager haben da<br />

oft eine andere Einstellung. Aber solche<br />

Trends und vor allem der Appetit des<br />

Marktes können sich schnell ändern. Bei<br />

Texas Instruments, das inzwischen das<br />

Gros seiner Barmittel ausschüttet, hat sich<br />

dies sehr positiv auf die Aktie ausgewirkt.<br />

Aber ist es auch eine gute Strategie?<br />

Sie ist angemessen und erkennt an, dass<br />

die Aktionäre die Eigentümer des Unternehmens<br />

sind. Wenn ich genügend Mittel<br />

habe, um Forschung und Entwicklung zu<br />

finanzieren, Schulden zu bedienen und<br />

auch noch Akquisitionen zu machen, warum<br />

soll ich das Geld nicht ausschütten?<br />

Sie verantworten seit zehn Jahren den<br />

Franklin Technology Fund und arbeiten<br />

seit 19 Jahren als Analyst. Gibt es<br />

Konstanten, an denen Sie sich orientieren?<br />

Ja. Vor allem zwei. Einmal, dass gründliche<br />

Recherche unverzichtbar ist. Dass also alle<br />

Behauptungen des Managements gründlich<br />

hinterfragt werden. Wie sehen es die<br />

Kunden, Zulieferer und die größten Wettbewerber?<br />

Und dann ist es wichtig, den eigenen<br />

Analysen zu vertrauen. Man darf<br />

sich dann nicht <strong>vom</strong> Tagesgeschehen verrückt<br />

machen lassen. Wenn ein Unternehmen<br />

mal ein schlechtes Quartal hat, muss<br />

das nicht sofort bedeuten, dass sein gesamtes<br />

Geschäft kaputt ist.<br />

Wie schwer ist es, ruhig zu bleiben und<br />

sich nicht emotional mitreißen zu lassen?<br />

Das ist schon eine Herausforderung. Vor<br />

allem, wenn ein gerade erworbener Wert in<br />

den ersten sechs Monaten 20 Prozent nach<br />

unten geht. Dann muss man das Selbstbewusstsein<br />

haben und sagen, unsere Analyse<br />

besagt immer noch, dass der Wert langfristig<br />

zulegen wird. Da hilft es enorm,<br />

wenn man das schon ein paar Mal mitgemacht<br />

hat. Ich finde längerfristige Investments<br />

viel interessanter, aber auch viel arbeitsintensiver.<br />

Nachvollziehbar begründen,<br />

wo Amazon.com in fünf Jahren stehen<br />

wird, ist viel schwieriger, aber auch wesentlich<br />

spannender.<br />

n<br />

matthias.hohensee@wiwo.de | Silicon Valley<br />

WirtschaftsWoche <strong>28</strong>.<strong>10</strong>.<strong>2013</strong> Nr. 44 99<br />

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