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Kirche mitten drin« Sozialer, struktureller und ... - Kirche findet Stadt

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26 10/2013 epd-Dokumentation<br />

<strong>Kirche</strong> <strong>und</strong> Diakonie in der Zivilgesellschaft<br />

Von Dr. Thomas Gensicke, TNS Infratest Sozialforschung GmbH (München)<br />

»<strong>Kirche</strong> <strong>mitten</strong> drin« – <strong>Sozialer</strong>, <strong>struktureller</strong><br />

<strong>und</strong> demographischer Wandel in Städten <strong>und</strong><br />

Gemeinden – die Herausforderung für <strong>Kirche</strong>,<br />

ihre Diakonie <strong>und</strong> Zivilgesellschaft vor Ort,<br />

Evangelische Akademie Meißen, 1.– 2.11. 2012<br />

Zivilgesellschaft im Zeitalter des Ökonomismus<br />

Zivilgesellschaft kann sowohl als Oberbegriff für<br />

Organisations- <strong>und</strong> Aktionsformen engagierter<br />

Bürger aufgefasst werden oder als auch als Qualitätsbegriff<br />

für die moderne Gesellschaft. Zumeist<br />

herrscht in Literatur <strong>und</strong> Praxis das erste Verständnis<br />

vor, ich ziehe für die sozialphilosophische<br />

Sicht jedoch den Qualitätsbegriff vor. Er<br />

passt auch gut auf die Rolle der <strong>Kirche</strong>n, die man<br />

neben ihrer religiösen Funktion auch als Wertegemeinschaften<br />

bezeichnen kann. Wenn Menschen<br />

sich öffentlich organisieren <strong>und</strong> engagieren,<br />

geht es ihnen immer auch um Werte. Zivilgesellschaftlich<br />

ist eine Gesellschaft, in der möglichst<br />

viele Bürger ihr Dasein als Markt- <strong>und</strong><br />

Staatsbürger erweitern. Sie wollen Mit-Bürger<br />

sein. Nach den letzten Zahlen des Freiwilligensurveys<br />

1 waren das 2009 36%, mit 41% die meisten<br />

im B<strong>und</strong>esland Baden-Württemberg <strong>und</strong> mit<br />

26% die wenigsten im Land Sachsen-Anhalt (Grafik<br />

1). Allenfalls in einigen alten Ländern kann<br />

man somit von einem guten Niveau des freiwilligen<br />

bzw. ehrenamtlichen Engagements reden.<br />

Im Rahmen zivilgesellschaftlicher Organisationen<br />

freiwillig oder ehrenamtlich Engagierte stehen an<br />

vorderster Front, die Werte der bürgerlichen Gesellschaft,<br />

Freiheit, Gleichheit <strong>und</strong> Brüderlichkeit<br />

einzulösen. Die Verwirklichung der bürgerlichen<br />

Werte gestaltet sich jedoch in der Reihenfolge<br />

ihrer Aufzählung umso prekärer. Freiheit ist noch<br />

einigermaßen durch Marktfreiheit gesichert 2 ,<br />

Gleichheit schon weniger, da die Ungleichheit<br />

von Besitz <strong>und</strong> Einkommen, die der Markt erzeugt,<br />

sie oft auf dem Papier stehen lässt. Brüderlichkeit<br />

(oder modern ausgedrückt, Solidarität)<br />

tut eher not, als dass sie massenhaft gelebt wird.<br />

Ich meine damit nicht die Gefühle <strong>und</strong> Unterstützungen,<br />

die die privaten Kreise von Familie <strong>und</strong><br />

Fre<strong>und</strong>schaft zu einem lebenswerten Ort machen,<br />

nicht selten in bewusstem Gegensatz zur Öffentlichkeit.<br />

Es geht um das, was Christus mit der<br />

Nächstenliebe meinte, die ja in ihrem höchsten<br />

Wert eher eine Fernstenliebe (Nietzsche) ist.<br />

Bettler, Prostituierte oder Aussätzige, die Christus<br />

mit seiner Liebe privilegierte, sind nicht gerade<br />

jedermanns Nächste. Aber es wäre schon gut,<br />

wenn Arbeitnehmer in den Betrieben oder Nachbarn<br />

sich solidarisch verhalten würden. Dazu<br />

bedarf es eines günstigen gesellschaftlichen Rahmens.<br />

Die B<strong>und</strong>esrepublik hatte in den 1970er<br />

Jahren einen hohen Grad an gesellschaftlicher<br />

Integration erreicht. Umfragen des Instituts für<br />

Demoskopie Allensbach zeigen, dass bis dahin in<br />

der Bevölkerung das Gefühl zugenommen hatte,<br />

in einer gerechten Gesellschaft zu leben. Gleichzeitig<br />

interessierten sich immer mehr Menschen<br />

für Politik <strong>und</strong> der Respekt der Bürger vor ihren<br />

Abgeordneten nahm bis dahin deutlich zu. Doch

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