Kirche mitten drin« Sozialer, struktureller und ... - Kirche findet Stadt
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epd-Dokumentation 10/2013 43<br />
Andacht<br />
Von Thomas Wintermann<br />
Guten Morgen <strong>und</strong> herzlich willkommen. Für die<br />
Andacht habe ich ein Bibelvers mitgebracht <strong>und</strong><br />
einen kleinen Reisebericht.<br />
Der Bibelvers ist der Monatsspruch aus dem<br />
2. Korintherbrief 6, 16:<br />
Wir sind der Tempel des lebendigen Gottes,<br />
schreibt der Apostel Paulus an die Gemeinde in<br />
Korinth.<br />
Wenn ich an Korinth denke, dann ist mir sofort<br />
eine Urlaubsreise vor Augen, die mich vor einigen<br />
Jahren nach Korinth geführt hatte. Es gibt<br />
wenig Orte, die sich so nachhaltig bei mir eingeprägt<br />
haben wie diese <strong>Stadt</strong>. Dort vor Ort wurde<br />
mir einiges deutlich, geradezu lebendig.<br />
Ich meine natürlich das antike Korinth, das teilweise<br />
ausgegraben wurde <strong>und</strong> das man besuchen<br />
kann. Man geht durch die Gassen auf den<br />
Marktplatz <strong>und</strong> sofort fühlt man sich zeitversetzt<br />
<strong>und</strong> hineingenommen in das Leben dieser antiken<br />
<strong>Stadt</strong>. Es fehlt nur noch, dass Paulus um die<br />
Ecke kommt, man ihn ansprechen <strong>und</strong> fragen<br />
kann: Wie hast du das gemeint mit dem - wir<br />
sind der Tempel des lebendigen Gottes?<br />
Ja <strong>und</strong> dann führt mich Paulus durch die <strong>Stadt</strong>.<br />
Er zeigt mir die beeindruckenden Tempel, die die<br />
Römer gebaut haben. Nicht nur einen, sondern<br />
es gibt einige in der <strong>Stadt</strong>. Und dann steigt er mit<br />
mir auf den Tafelberg <strong>und</strong> die <strong>Stadt</strong> liegt uns zu<br />
Füßen mit seinen prächtigen Häusern. Welches<br />
Bild hätte ich denn sonst verwenden sollen, angesichts<br />
dieser w<strong>und</strong>erschönen <strong>und</strong> beeindruckenden<br />
Tempel-<strong>Stadt</strong>. Hier hat jeder Glaube,<br />
jede Religion seinen Tempel <strong>und</strong> da wohnen all<br />
die Gottheiten <strong>und</strong> dort werden sie verehrt <strong>und</strong><br />
angebetet. Wir sind hier in einer multireligiösen<br />
<strong>Stadt</strong>, hier werden Menschen aus dem ganzen<br />
Reich geradezu hineingespült. Das ist auch kein<br />
W<strong>und</strong>er sagt Paulus, schau dich um. Schau dir<br />
die Lage der <strong>Stadt</strong> an. Links der Hafen am Golf<br />
von Korinth <strong>und</strong> rechts der Hafen der Ägäis, nur<br />
getrennt durch eine kleine Landenge. Hier kommen<br />
alle Schiffe des Mittelmeerraumes vorbei.<br />
Die Lage macht die <strong>Stadt</strong> reich <strong>und</strong> groß <strong>und</strong><br />
multikulturell. Diese <strong>Stadt</strong> zieht alle magisch an.<br />
Hier kann man Geld verdienen. Hier gibt es Unterhaltung<br />
ohne Ende. Hier ist alles möglich.<br />
Und dazwischen, <strong>mitten</strong>drin, meine kleine<br />
christliche Gemeinde. Aber ohne Tempel, ohne<br />
besondere Bedeutung, ohne ausgeformten Kult,<br />
ohne Macht <strong>und</strong> auch ohne Ansehen, einfach<br />
nur <strong>mitten</strong>drin. Es ist eine junge Gemeinde, sie<br />
hat noch keine Tradition. Sie ist noch so schön<br />
spontan <strong>und</strong> voller Leben. Alles scheint ihnen als<br />
Gemeinde möglich zu sein, weil sie gemeinsam<br />
eine unglaubliche Kraft spüren <strong>und</strong> Dynamik<br />
haben. Das befreiende Evangelium des auferstandenen<br />
Christus ist hier von allen sozialen<br />
Schichten aufgenommen worden, wie an keinem<br />
anderen Ort der Welt. Ja sicher, manchmal<br />
schießen sie über das Ziel hinaus <strong>und</strong> dann müssen<br />
sie auch mal ermahnt werden. Das ist auch<br />
kein W<strong>und</strong>er so verschieden sie sind. Alle bringen<br />
eine andere Kultur mit. Da bleiben Missverständnisse<br />
<strong>und</strong> Konflikte nicht aus. Aber eigentlich<br />
bin von dieser Gemeinde beeindruckt - beeindruck<br />
wie von einem Tempel. Naja, <strong>und</strong> ein<br />
bisschen stolz bin ich natürlich auch, dass ich es<br />
war, der ihnen die gute Nachricht bringen konnte.<br />
Welches Bild hätte ich denn sonst verwenden<br />
sollen angesichts dieser beeindruckenden Bauwerke.<br />
Mit diesem Bild wollte ich sie ermutigen.<br />
Ihr braucht keinen eigenen Tempel, um zu unserem<br />
Gott zu beten, denn Gott wohnt in euch.<br />
Das reicht vollkommen aus. Mit eurem Leben<br />
sollt ihr den lebendigen Gott bezeugen <strong>und</strong> das<br />
wird überzeugend sein in dieser multireligiösen<br />
Umwelt. Nein, diese Gemeinde wird sich behaupten,<br />
davon bin ich überzeugt – höre ich<br />
Paulus sagen.<br />
Ich steige vom Tafelberg wieder hinunter. Immer<br />
noch dieses Bild vor Augen <strong>und</strong> sinne noch etwas<br />
darüber nach. Je länger ich darüber nachdenke<br />
umso besser gefällt es mir. Mir fällt auf, auch ein<br />
lebendiger Tempel muss erst gebaut werden. Er<br />
baut sich nicht von allein – er wird gebaut.<br />
Wie bin ich eigentlich zum Glauben gekommen?<br />
Welche Menschen waren entscheidend daran<br />
beteiligt? Da gibt es eine ganze Menge die ich<br />
aufzählen könnte, <strong>und</strong> am Ende ist es Gott selbst,<br />
der mich zum Glaubenden gemacht hat. Auf keinen<br />
Fall ist es mein Verdienst, Glaube ist letztlich<br />
ein Geschenk an mich an uns. Das war damals in<br />
Korinth so <strong>und</strong> das gilt bis zu uns heute.<br />
Vielleicht ist es wirklich so einfach. Der Bibelvers<br />
weist unmissverständlich auf das Wesentliche<br />
hin.