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Kirche mitten drin« Sozialer, struktureller und ... - Kirche findet Stadt

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epd-Dokumentation 10/2013 33<br />

vernetzen sich hier weniger als in den alten Ländern<br />

über gemeinnützige Organisationen <strong>und</strong> mehr<br />

über private Netzwerke. Man trifft sich <strong>und</strong> hilft<br />

sich über die Haushaltsgrenzen hinaus. Abgesehen<br />

von den Großstädten hat in allen Siedlungsmilieus<br />

der neuen Länder die private Vernetzung jenseits<br />

fester organisatorischer Strukturen ein ganz anderes<br />

Gewicht als in den alten Ländern. Alle diese<br />

sozialen Unterstützungen gerechnet (außer- oder<br />

innerfamiliär) ist der Osten nicht schlechter sozial<br />

vernetzt als der Westen.<br />

Es wäre zu hoffen, dass die Lage in den Großstädten<br />

in West <strong>und</strong> Ost <strong>und</strong> in den anderen Milieus<br />

des Ostens nicht die Marschrichtung der Zukunft<br />

anzeigt, dass die Menschen also immer mehr auf<br />

das Private verwiesen sind, wenn sie sozialen<br />

Zusammenhalt <strong>und</strong> soziale Unterstützung geben<br />

<strong>und</strong> empfangen wollen. Eine solche Gesellschaft<br />

überlebt sicher auch, aber sie ist eine sozial ärmere<br />

Gesellschaft. Insofern folgt aus dem einseitigen<br />

Streben nach mehr Reichtum oder der Sicherung<br />

des Reichtums (Ökonomismus) am Ende mehr<br />

soziale Armut. Das ist keine neue Erkenntnis.<br />

Schon immer haben Sozialphilosophen auf dieses<br />

Dilemma hingewiesen. Soweit keine Radikalen,<br />

empfahlen sie dem Staat, sich aktiv um die Sicherung<br />

der sozialen Integration zu kümmern. Der<br />

heutige Staat vernachlässigt jedoch diese Aufgabe.<br />

Der Staat entledigt sich sozialer Aufgaben <strong>und</strong><br />

delegiert diese an die Zivilgesellschaft, der er aber<br />

die dafür nötigen finanziellen Mittel entzieht. In<br />

der Folge läuft diese Gefahr, ihren eigentümlichen<br />

Charakter als Werteanstalt einzubüßen, <strong>und</strong> es<br />

scheint ihr am Ende nichts übrig zu bleiben, als<br />

sich der Logik der Ökonomie <strong>und</strong> der Macht zu<br />

unterwerfen. Gesellschaften, die in den 1970er<br />

Jahren einen hohen Grad an sozialer Organisation<br />

<strong>und</strong> sozialer Qualität erreicht hatten, entwickeln<br />

sich zurück auf ein niedrigeres Niveau sozialer<br />

Organisation. Bevölkerungswachstum, Industrialisierung<br />

<strong>und</strong> Arbeiterbewegung, später die Konkurrenz<br />

von Kapitalismus <strong>und</strong> Sozialismus, diese<br />

großen Herausforderungen des 19. Und 20. Jahrh<strong>und</strong>erts,<br />

hatten in Deutschland <strong>und</strong> der B<strong>und</strong>esrepublik<br />

(zeitweise sogar in den USA nach Roosevelts<br />

fast schon revolutionär zu nennenden<br />

Reformen) zugleich zu einem hohen Grad an<br />

wirtschaftlicher Leistung <strong>und</strong> sozialer Integration<br />

geführt. 8<br />

Der Realsozialismus hat der breiten Bevölkerung<br />

im Westen weit mehr genützt als der des Ostens.<br />

Aber schon seit Ende der 1970er Jahren dreht<br />

sich (ausgehend von den USA) in der westlichen<br />

Welt eine soziale Abwärtsspirale, der die B<strong>und</strong>esrepublik<br />

vor allem seit den 1990er Jahren ausgesetzt<br />

ist. Ohne den Konkurrenzdruck seitens des<br />

realen Sozialismus ist die Oberschicht, der in der<br />

B<strong>und</strong>esrepublik wie auch in anderen Ländern fast<br />

das gesamte Vermögen gehört, nicht bereit, zugunsten<br />

der breiten Bevölkerung auf Einkommen<br />

<strong>und</strong> Macht zu verzichten. Insofern ist es nicht nur<br />

ein Problem für die Bevölkerung der alten Länder,<br />

dass seit Jahren Teile ihres Einkommens für<br />

die Versorgung <strong>und</strong> die Infrastruktur der neuen<br />

Länder herangezogen werden, sondern auch, dass<br />

es angesichts der abhanden gekommenen sozia-

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