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Kirche mitten drin« Sozialer, struktureller und ... - Kirche findet Stadt

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28 10/2013 epd-Dokumentation<br />

der Bevölkerung mit großem Unbehagen beobachtet,<br />

aber auch mit einem Gefühl der Ohnmacht.<br />

Sie sieht die Mächtigen von Wirtschaft<br />

<strong>und</strong> Politik im engen B<strong>und</strong> <strong>und</strong> zieht daraus den<br />

Schluss, dass die übliche politische Option als<br />

Gegenmittel nicht mehr ernsthaft in Frage<br />

kommt. Politische Wechsel werden als eher sozialkosmetische<br />

Ereignisse gesehen.<br />

Was bleibt, ist der Rückzug ins Private <strong>und</strong> auf<br />

soziale Inseln, bei den politisch Unermüdlichen<br />

der symbolische Protest. So müssen zunehmend<br />

auch die Motive von Freiwilligen oder Ehrenamtlichen<br />

in den Organisationen der Zivilgesellschaft<br />

verstanden werden. Aber die Ökonomisierung<br />

macht auch hier nicht halt. Jugendliche Freiwillige<br />

nutzen das Engagement oder das Ehrenamt<br />

zunehmend für die berufliche Qualifikation <strong>und</strong><br />

die Karriere, Arbeitslose <strong>und</strong> Arbeitssuchende als<br />

Sprungbrett für eine bezahlte Beschäftigung,<br />

wenn sie nicht gleich durch eine moralisch verwahrloste<br />

Arbeitsverwaltung dahin geschickt<br />

werden. Über diese Vorgänge der Aushöhlung der<br />

Qualität der Zivilgesellschaft (<strong>und</strong> damit der Gesellschaft<br />

überhaupt) wird gerne der Mantel des<br />

Schweigens gebreitet. Überall werden Denktabus<br />

aufgerichtet. »Alternativlosigkeit« ist der inzwischen<br />

inflationär genutzte Begriff dafür. Die Menschen<br />

sollen sich damit abfinden, dass für Solidarität,<br />

ja selbst die damit verwandte Solidität 5 , nur<br />

noch Platz in Sonntagsreden ist.<br />

Wer hat, bestimmt<br />

Im Alltag jenseits des Sonntags regiert zunehmend<br />

die ökonomische Logik: Wer hat, bestimmt.<br />

Diese Entwicklung der Gesellschaft in Richtung<br />

einer schlechteren Gelegenheitsstruktur für Solidarität<br />

steckt auch für die <strong>Kirche</strong>n <strong>und</strong> ihre nachgeordneten<br />

sozialen Einrichtungen die Agenda<br />

ab. Sie verfügen zwar über erhebliche sozialmoralische<br />

Ressourcen, stehen jedoch gleich von<br />

mehreren Seiten unter Druck. Das eine ist die<br />

schwindende Mitgliedschaft. Wegen der durch<br />

den Staat realisierten Finanzierung der <strong>Kirche</strong>n<br />

mittels der <strong>Kirche</strong>nsteuer haben deren Einbußen<br />

wegen des Mitgliederschw<strong>und</strong>s <strong>und</strong> der Ermäßigungen<br />

für Wohlhabende schwerwiegende Folgen,<br />

gerade für die föderal organisierte evangelische<br />

<strong>Kirche</strong>. Zusammen mit dem quasibehördlichen<br />

Charakter führt die finanzielle Prekarität<br />

die »Amtskirche« in eine noch stärkere<br />

Abhängigkeit vom Staat. Prekarität betrifft noch<br />

mehr die soziale Auftragsverwaltung, z.B. die<br />

Diakonie, die den Druck in Richtung Ökonomisierung<br />

des Sozialen ebenso wie die anderen sozialen<br />

Einrichtungen spürt.<br />

In den neuen B<strong>und</strong>esländern setzt die geringe<br />

<strong>Kirche</strong>nmitgliedschaft ein noch weit prekäreres<br />

Szenario als in den alten Ländern (Grafiken 2<br />

<strong>und</strong> 3). Zwar schmilzt die Mitgliedschaft auch<br />

dort ab, aber vor allem, weil jene austreten, die<br />

sich der <strong>Kirche</strong> ohnehin nur wenig verb<strong>und</strong>en<br />

fühlen oder weil sie ihre Kinder nicht taufen lassen.<br />

Immerhin konnten sich in den 10 Jahren<br />

empirischer Beobachtung durch den Freiwilligensurvey<br />

die <strong>Kirche</strong>n auf einen stabilen Stamm von<br />

Mitgliedern stützen, die sich in mittlerem Maße<br />

(die meisten) oder in hohem Maße (der kleinere<br />

Teil) an sie geb<strong>und</strong>en fühlten. Er umfasst etwa<br />

die Hälfte der Bevölkerung im Alter ab 14 Jahren.<br />

Langsam aber stetig festigte sich sogar jene Gruppe,<br />

die sich stark an die <strong>Kirche</strong> geb<strong>und</strong>en fühlt,<br />

insbesondere bei den Mitgliedern der evangelischen<br />

<strong>Kirche</strong>. Sogar in den neuen Ländern, wo<br />

mehr als zwei Drittel der Bevölkerung keiner<br />

Konfession angehören, hat sich ein Kern von<br />

mittel bis stark geb<strong>und</strong>enen Mitgliedern erhalten,<br />

teils sogar verstärkt.<br />

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