Kirche mitten drin« Sozialer, struktureller und ... - Kirche findet Stadt
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epd-Dokumentation 10/2013 47<br />
weiter, sodass sich die Frage der Zukunftsfähigkeit<br />
der <strong>Kirche</strong>n als Institutionen <strong>und</strong> in ihren<br />
Organisationsformen vom Abstractum zur real<br />
absehbaren Herausforderung wandelte. Die<br />
Abb. 1 (hier nicht abgedruckt; siehe:<br />
http://www.ev-akademie-meissen.de/akademie/<br />
religion/downloads/kirche-<strong>mitten</strong>-drin.html) zeigt,<br />
dass der Mitgliederverlust aktuell (zwischen 1999<br />
<strong>und</strong> 2009) zwar auch im Westen mit knapp 1 %<br />
jährlich keineswegs gering ist, gleichwohl aber im<br />
Osten mit durchschnittlich r<strong>und</strong> 20 % geradezu<br />
eine Erosion darstellt. Dies gilt umso mehr, als<br />
die Verluste kleinräumig noch wesentlich größer<br />
ausgefallen sind <strong>und</strong> insbesondere im dünner<br />
besiedelten Raum jegliche bisher für kirchliches<br />
Leben als erforderlich angesehene Untergrenzen<br />
unterschreitet.<br />
So haben die <strong>Kirche</strong>n selbst die vorhersehbare<br />
demographische Entwicklung auf der Gr<strong>und</strong>lage<br />
amtlicher Prognosen des B<strong>und</strong>es (<strong>und</strong> z.T. auch<br />
regionalisierter Berechnungen der Landesstatistik)<br />
auf ihre regionalen Gebietsstrukturen projiziert 4<br />
<strong>und</strong> damit die räumliche Differenzierung dieser<br />
Herausforderungen gewürdigt. Denn bereits auf<br />
der Ebene der EKD-Gliedkirchen wird dabei deutlich,<br />
dass schon die Ausgangbedingungen zwischen<br />
den großen Landeskirchen mit je mehr als<br />
2,5 Mio. Mitgliedern (Hannover, Rheinland, Bayern,<br />
Westfalen) gänzlich unterschiedlich zu denen<br />
nur wenige 10T zählenden in Anhalt oder<br />
Schaumburg-Lippe sind. Zudem ist der Anteil der<br />
<strong>Kirche</strong>nmitglieder (beider großer <strong>Kirche</strong>n) in<br />
West- <strong>und</strong> Ostdeutschland - wie angesprochen -<br />
sehr verschieden: knapp 70 % der Wohnbevölkerung<br />
im Westen gegen weniger als 25 % im Osten.<br />
Insofern ist nachvollziehbar, dass in Ostdeutschland<br />
bereits in den vergangen Jahren das<br />
Erfordernis zur Fusion von Landeskirchen unabweisbar<br />
war 5 .<br />
2. <strong>Kirche</strong>n »vor Ort«<br />
Auch innerhalb der Landeskirchen sind <strong>Kirche</strong>nkreise<br />
6 <strong>und</strong> Gemeinden vorrangig - aber bei weitem<br />
nicht nur - in Ostdeutschland zusammengelegt<br />
<strong>und</strong> in ihrer Anzahl bereits an die finanzierbare<br />
Tragfähigkeit angepasst worden. Abgeschlossen<br />
ist dieser Prozess gleichwohl noch<br />
nicht überall, wobei hier durchaus auch eine<br />
Parallele zu der staatlichen Ebene gezogen werden<br />
kann. So haben einige der ostdeutschen B<strong>und</strong>esländer<br />
bereits ihre dritte Kreisreform seit 1990<br />
hinter sich <strong>und</strong> dabei flächengroße- <strong>und</strong> einwohnerstarke<br />
Einheiten geschaffen, während sich<br />
etwa in Thüringen aktuell noch eine eher kleinteilige<br />
Verwaltungsstruktur erhalten hat 7 . Wenngleich<br />
größere Einheiten nicht in jedem Fall effizienter<br />
<strong>und</strong> leistungsstärker sein müssen, so ist<br />
der Zusammenhang zwischen Gebietsgröße <strong>und</strong><br />
Verwaltungskraft im Gr<strong>und</strong>satz nicht zu bestreiten.<br />
Dieser Bef<strong>und</strong> dürfte für die staatliche wie<br />
kirchliche Ebene in gleicher Weise zutreffen.<br />
In der Wahrnehmung kirchlichen Lebens »vor<br />
Ort« ist gleichwohl insbesondere vorrangig, wo<br />
<strong>und</strong> wie häufig in der Nähe »<strong>Kirche</strong> statt<strong>findet</strong>«.<br />
Wöchentliche Gottesdienst-Angebote sind in nahezu<br />
allen ländlichen <strong>Kirche</strong>ngemeinden Ostdeutschland<br />
nicht mehr vorhanden - schon aus<br />
Mangel an Pfarrstellen. Eine besondere Problematik<br />
erreicht der Rückzug der <strong>Kirche</strong>n aber immer<br />
dann, wenn eine dauerhafte Aufgabe, Schließung<br />
oder gar der Abriss von <strong>Kirche</strong>ngebäuden zu<br />
Debatte steht.<br />
Allein die Evangelische <strong>Kirche</strong> unterhält eine<br />
bauliche Infrastruktur von r<strong>und</strong> 75.000 Gebäuden,<br />
von denen fast 21.000 <strong>Kirche</strong>n <strong>und</strong> Kapellen<br />
als Orte der Verkündigung des Wortes errichtet<br />
worden sind 8 . Angesichts dieser Dimension ist die<br />
Anzahl des baulichen »<strong>Kirche</strong>nsterbens« in<br />
Deutschland bislang eher noch moderat ausgefallen,<br />
wie die Abb. 2 (hier nicht abgedruckt; siehe:<br />
http://www.ev-akademie-meissen.de/akademie/<br />
religion/downloads/kirche-<strong>mitten</strong>-drin.html) zeigt.<br />
Auch wenn die Anzahl der zwischen 2004 <strong>und</strong><br />
2009 aufgegebenen <strong>Kirche</strong>n in Deutschland immerhin<br />
eine (niedrige) dreistellige Größenordnung<br />
erreicht hat, so ist - jedenfalls bezogen auf<br />
die evangelischen <strong>Kirche</strong>n - die Schließungswelle<br />
bislang noch eher am ländlichen Raum vorbeigegangen.<br />
Die Standorte der aufgegebenen Gotteshäuser<br />
lagen bislang meist in den Groß- <strong>und</strong> Mittelstädten<br />
im Norden <strong>und</strong> Westen Deutschlands,<br />
darunter insbesondere in Nordrhein-Westfalen.<br />
Soweit Ostdeutschland betroffen war, so erfolgten<br />
die Schließungen in den Diaspora-Gemeinden der<br />
katholischen Bistümer - übrigens ähnlich wie<br />
auch im ländlichen Nordwesten mit Schwerpunkt<br />
Niedersachsen. Hauptursache hierfür dürfte der<br />
Priestermangel der Katholischen <strong>Kirche</strong> sein.<br />
Dass sich die aufgegebenen Standorte der Evangelischen<br />
<strong>Kirche</strong>n in den größeren Städten konzentrieren<br />
folgt der Logik, die auch der Staat bei der<br />
Aufgabe von Angeboten der öffentlichen Daseinsvorsorge<br />
verfolgt - etwa bei der Schließung von<br />
Schulen. Da Standortalternativen innerhalb der<br />
Städte i.a. noch leichter erreichbar sind, treffen<br />
Schließungsabsichten hier weniger ausgeprägt auf<br />
öffentlichen Widerstand. Dagegen stellt die Aufgabe<br />
der letzten Schule - oder auch der letzten