Kirche mitten drin« Sozialer, struktureller und ... - Kirche findet Stadt
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epd-Dokumentation 10/2013 49<br />
Möglichkeiten der Arbeitsteilung gerichtet werden.<br />
Erreichbarkeiten sind anzupassen, unter<br />
Einbeziehung neuer Medien nicht immer nur<br />
räumlich zu definieren <strong>und</strong> oft dort zu verbessern,<br />
wo durch die (dezentrale) Bündelung von<br />
Einrichtungen auch weiterhin ein Zugang breiter<br />
Bevölkerungsschichten gewährleistet sein soll.<br />
<strong>Kirche</strong> ist bei dieser Entwicklung doppelt betroffen:<br />
einerseits setzten die Aufgaben in der Seelsorge<br />
eine Präsenz »vor Ort« voraus - um für die<br />
Menschen erreichbar zu bleiben - <strong>und</strong> andererseits<br />
erfordern die geringer werdenden finanziellen<br />
<strong>und</strong> demographischen Ressourcen eine Konzentration<br />
auf leistungsfähige Organisationen -<br />
<strong>und</strong> zwar sowohl innerhalb der originären kirchlichen<br />
Verwaltung ebenso wie im Bereich der<br />
karitativen Einrichtungen, der Schulen, Kindergärten<br />
u.v.m.<br />
Bei allen Überlegungen, für die Menschen auch<br />
angesichts spürbar verringerter finanzieller Spielräume<br />
eine Gr<strong>und</strong>versorgung in einem Umfang<br />
bereitzustellen, die eine der gesellschaftlichen<br />
Entwicklung angemessene Lebensqualität beinhaltet,<br />
muss als ein gr<strong>und</strong>legender Handlungsansatz<br />
die Stärkung der regionalen Kompetenzen<br />
<strong>und</strong> mit diesen auch eine verstärkte regionale<br />
Kooperation im Vordergr<strong>und</strong> stehen. Dieser Bef<strong>und</strong><br />
trifft auch für die <strong>Kirche</strong> zu, wenn sie ihre<br />
Angebote <strong>und</strong> sich selbst im Sinne der Volkskirche<br />
als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge<br />
versteht.<br />
Insofern war <strong>und</strong> ist es nur konsequent, wenn<br />
sich Menschen in der <strong>Kirche</strong> - wie in Sachsen<br />
geschehen - etwa in Modellvorhaben der Raumordnung<br />
aktiv einbringen. Unter Beteiligung aller<br />
relevanten regionalen Akteure, d.h. auch der<br />
betroffenen Bürger, sind regionale Prioritäten zur<br />
Verteilung <strong>und</strong> Erreichbarkeit von Infrastrukturen<br />
<strong>und</strong> eine entsprechende Verwendung von Mitteln<br />
zu setzen <strong>und</strong> regional sowie mit den übergeordneten<br />
(landesplanerischen) Zielen abzustimmen.<br />
Um zu Lösungen zu kommen, die auch auf die<br />
spezifischen regionalen Bedingungen zugeschnitten<br />
sind, müssen in den Regionen intensive Diskussionen<br />
über die erforderlichen Anpassungsmaßnahmen<br />
geführt werden. Die Region ist die<br />
relevante Planungs- <strong>und</strong> Entscheidungsebene für<br />
die Anpassung an den demographischen Wandel.<br />
Diese konsequente Umsetzung des Subsidiaritätsprinzips<br />
bedeutet auch, dass die regionale <strong>und</strong><br />
dann letztlich auch kommunale Ebene – entsprechend<br />
abgestimmte Planungen vorausgesetzt –<br />
weitestgehend autonom über den Einsatz der<br />
finanziellen Ressourcen entscheidet, die ihr der<br />
Staat zur Verfügung stellt (SCHARMANN 2009).<br />
Als ein erster Schritt ist auf der regionalen Ebene<br />
eine Leitbilddiskussion zu führen, in die die Konsequenzen<br />
der künftigen Schrumpfungsprozesse<br />
einfließen. Nicht der Wunschgedanke nach nie<br />
abreißendem Wachstum, sondern eine realistische<br />
Einschätzung der noch verbleibenden regionalen<br />
bzw. lokalen Entwicklungspotenziale muss<br />
die Leitbilddiskussion <strong>und</strong> die aus ihr entwickelten<br />
Planungen bestimmen. Wo liegen die Stärken<br />
einer Region auch unter Schrumpfungsbedingungen,<br />
welche Entwicklungsziele sind auch ohne<br />
großes quantitatives Wachstum zu setzen?<br />
Anmerkungen:<br />
1<br />
Der Verfasser ist in der Obersten Raumordnungsbehörde in<br />
Sachsen, dem Sächsischen Staatsministerium des Innern, tätig.<br />
Er vertritt hier seine persönliche Auffassung.<br />
2<br />
In der Reihe »forum loccum extra - Zukunft der <strong>Kirche</strong>« sind<br />
1987 drei Hefte zu den Auswirken der Bevölkerungsentwicklung<br />
in der B<strong>und</strong>esrepublik, in Niedersachsen <strong>und</strong> im <strong>Stadt</strong>kirchenverband<br />
Hannover erschienen.<br />
3<br />
Leser, W. (1979): Die Regionalgliederung der evangelischen<br />
Landeskirchen in der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland (= Beiträge<br />
der Akademie für Raumforschung <strong>und</strong> Landesplanung ARL, Bd.<br />
24). Hannover 1979.<br />
4<br />
Regelmäßig: EKD-Statistik »Zahlen <strong>und</strong> Fakten zum kirchlichen<br />
Leben«, erschienen zuletzt 2012.<br />
5<br />
Fusionen/Eingliedrungen: 2004 - Ev. <strong>Kirche</strong> der schlesischen<br />
Oberlausitz mit Ev. <strong>Kirche</strong> Berlin-Brandenburg; 2009 - <strong>Kirche</strong>nprovinz<br />
Sachsen <strong>und</strong> Ev. Landeskirche Thüringen zur Ev. <strong>Kirche</strong><br />
in Mitteldeutschland; 2012 - Ev.-Luth. Landeskirche Mecklenburg<br />
<strong>und</strong> Pommersche Ev. <strong>Kirche</strong> mit Nordelbische Ev. <strong>Kirche</strong> zur Ev.-<br />
Luth. <strong>Kirche</strong> in Norddeutschland<br />
6<br />
»<strong>Kirche</strong>nkreis« wird als Bezeichnung für die mittlere Ebene<br />
gewählt; in einigen Landeskichen sind hierfür andere Bezeichnungen<br />
üblich: <strong>Kirche</strong>nbezirk, Sprengel, Propstei oder Dekanat.<br />
Die Anzahl der <strong>Kirche</strong>nkreise schwankt je nach Landeskirche<br />
zwischen zwei in Schaumburg-Lippe <strong>und</strong> 68 in Bayern.<br />
7<br />
Die kreisfreie <strong>Stadt</strong> Suhl in Thüringen hat weniger als 39 T<br />
Einwohner, der Landkreis Sonneberg r<strong>und</strong> 59 T Einw. Dagegen<br />
hat die kleinste der kreisfreien Städte in Sachen über 243 T<br />
Einw. (Chemnitz) <strong>und</strong> mit einer Ausnahme habe alle Landkreise in<br />
Sachsen deutlich mehr als 250 T Einw. Die Fläche des größten<br />
Landkreises in Mecklenburg-Vorpommern übertrifft die des<br />
Saarlandes mit 5.470 qkm um deutlich mehr als das doppelte.<br />
8<br />
Angaben der EKD-Statistik, siehe hierzu die Abb. 3<br />
9<br />
Besonders emotional geführt wurde etwa die Abgabe eines<br />
evangelischen <strong>Kirche</strong>gebäudes in Bielefeld, das anschließend mit<br />
Förderung von <strong>Stadt</strong> <strong>und</strong> Land Nordrhein-Westfalen zu einer<br />
Synagoge für die wachsende Jüdische Gemeinde umgestaltet<br />
wurde.<br />
10<br />
www.glueck<strong>und</strong>seligkeit.de<br />
11<br />
Die Kath. Probsteikirche in Leipzig ist - abgesehen von der<br />
Dresdner Frauenkirche - der erste <strong>Kirche</strong>nneubau in Ostdeutschland<br />
seit der Wende. Die derzeit 4.100 Mitglieder zählende<br />
Gemeinde wächst jährlich um r<strong>und</strong> 150, das Durchschnittsalter<br />
liegt mit 36,8 Jahren deutlich unter dem Landesdurchschnitt in<br />
Sachsen (2011: 46,4 Jahre).