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3R Grabenloser Leitungsbau (Vorschau)

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FACHBERICHT SPECIAL BODENMANAGEMENT<br />

kerungszahlen in urbanen Räumen und dem Menschen<br />

als einflussnehmenden Faktor steigt, bedingt auch durch<br />

erhöhte Emissionswerte, der Bedarf an Bäumen in unseren<br />

Städten. Obwohl dies allgemein bekannt ist, bilden Stadtbäume<br />

immer wieder die Grundlage für Interessenkonflikte<br />

und fallen diesen oftmals zum Opfer.<br />

Platz, sowohl oberirdisch als auch unterirdisch, ist in Städten<br />

Mangelware (Bild 1) und zudem meist teuer. Immer<br />

dichtere Bebauung, ein steigender Bedarf an Ver- und<br />

Entsorgungsleitungen sowie an versiegelten Flächen minimiert<br />

den für die Wurzeln nutzbaren Bodenraum. Das<br />

Bodengefüge der z.T. schlecht verdichteten Leitungszonen<br />

bildet dagegen einen erweiterten Lebensraum für das<br />

Wurzelwerk. Wurzeln wachsen aber nicht nur in bestehende<br />

Porenräume des Bodens, sondern auch in undichte<br />

Rohrverbindungen, wo sie zu Verstopfungen, Spannungen<br />

und größeren Undichtigkeiten oder Rissen führen [5, 6].<br />

Kostenintensive Aufgrabungen, baumschädigende Wurzelkappungen<br />

und zeitlich aufwändige Reparaturen sind<br />

die Folge.<br />

Da Wurzeln den Weg des geringsten Widerstandes wählen,<br />

kann eine Durchwurzelung des Leitungsgrabens nur<br />

durch homogene und möglichst dichte Verfüllbaustoffe<br />

unterbunden werden. Im Gegenzug müssen die pflanzenverfügbaren<br />

Böden (Porosität verschiedener Mineralböden<br />

= 30 – 60 Vol.-% [7]) bzw. Substrate höhere Porositäten<br />

aufweisen [5, 6]. Homogen verdichtete Sande mit einer<br />

breiten Kornabstufung zeigten in Laborversuchen eine<br />

Porosität von ca. 30 Vol.-% und könnten somit durchaus<br />

bei entsprechenden angrenzenden Böden und Substraten<br />

als Wurzelschutzmaterial eingesetzt werden. Allerdings<br />

ist, insbesondere in urbanen Bereichen, eine Bettung mit<br />

homogener und hoher Verdichtung kaum möglich. Porositäten<br />

von durchaus 60 bis 70 Vol.-% bei breitgestufter<br />

Körnung können in Zwickelbereichen, unterhalb der Rohre<br />

und Kabel oder in anderen schlecht verdichteten Bereichen<br />

die Folge sein. Auch übliche Flüssigböden bieten bei<br />

gleicher Körnung mit einer Porosität von 40 Vol.-% noch<br />

keinen erhöhten Durchwurzelungsschutz. Zwar stellen<br />

sie eine homogene Bettung sicher, jedoch führt der hohe<br />

Wassergehalt, bei ausschließlicher Verdichtung durch die<br />

Schwerkraft, zu einem hohen Gehalt an kapillar wirkende<br />

Mittelporen (72,5 Vol.-%), die den für die Wurzeln wichtigen<br />

Gas- und Wasseraustausch ermöglichen. Aktuelle Forschung<br />

am FG Werkstoffe des Bauwesens und Bauchemie<br />

der Universität Kassel zielt darauf ab, diesen Porengehalt<br />

zu minimieren, um dichtere Verfüllbaustoffe für urbane<br />

Böden zu entwickeln.<br />

Ausblick<br />

Das Themenfeld der Rohrbettung und der entsprechenden<br />

Verfüllbaustoffe ist aufgrund beengter Platzverhältnisse in<br />

urbanen Böden bei steigender und flexibler Vernetzung<br />

aber auch durch immer häufiger auftretende Schäden an<br />

bestehenden Rohr- und Kabelmaterialien sowie der aktuellen<br />

Energie- und Umweltpolitik einem starken Wandel<br />

unterzogen. Ein Verfüllbaustoff sollte künftig mehr können,<br />

als nur unter unbedrängten Verhältnissen ein Rohr<br />

zu ummanteln. Er muss unter widrigen und beengten<br />

Bedingungen jegliche Rohr-, Leitungs- und Kabelmaterialien<br />

dauerhaft und homogen betten aber auch flexibel auf<br />

Veränderung durch neue Vernetzungen und Anschlüsse<br />

reagieren können. Er muss Bereiche definieren aber auch<br />

Grenzen schaffen sowie entstehende Wärme abführen<br />

oder speichern.<br />

Erste Städte (z. B. Göttingen) haben mittlerweile vollständig<br />

auf Flüssigböden umgestellt. Andere Städte ziehen<br />

aufgrund von erfolgreichen Umsetzungen, steigendem<br />

Informationsaustausch und dem durch die FGSV entwickelten<br />

Hinweis [2] (in Ausarbeitung zu einem Merkblatt)<br />

nach. Weitere Forschung und Entwicklung lässt immer<br />

neue Anwendungsfelder entstehen und optimiert den<br />

Baustoff hin zu intelligenteren Nutzungen, einer steigende<br />

Wirtschaftlichkeit und verbesserten Nachhaltigkeit.<br />

Literatur<br />

[1] Wellner, F.; Vogel, J.: Fehler und Beanspruchungsbetrachtung bei<br />

der Grabenverfüllung. Rohrbau Kongress, Tagungsband, S. 189<br />

– 192, Weimar, 1999<br />

[2] FGSV: H ZFSV - Hinweise für die Herstellung und Verwendung<br />

von zeitweise fließfähigen, selbstverdichtenden Verfüllbaustoffen<br />

(ZFSV) im Erdbau. FGSV-Nr. 563, Köln, 2012<br />

[3] Statistisches Bundesamt: Abfallbilanz 2009, Wiesbaden, August<br />

2011<br />

[4] Pietsch, J.; Kamieth; H.: Stadtböden: Entwicklungen, Belastungen,<br />

Bewertung und Planung, Verlag Blottner, Taunusstein, 1991<br />

[5] IKT: Ökologische Auswirkungen von Wurzeleinwuchs in<br />

Abwasserkanälen und -leitungen und ökonomische Maßnahmen<br />

zur Schadensvermeidung und Sanierung Forschungsprojekt;<br />

Gelsenkirchen, März 2001<br />

[6] IKT: Wurzeleinwuchs in Abwasserleitungen und Kanäle;<br />

Forschungsprojekt; Gelsenkirchen, Juli 2004<br />

[7] Scheffer, F.; Schachtschabel, P.: Lehrbuch der Bodenkunde. 16.<br />

Auflage, Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg, 2010<br />

Dipl.-Ing. JANA SIMON<br />

AUTOREN<br />

Universität Kassel, FG Werkstoffe des Bauwesens<br />

und Bauchemie, Kassel<br />

Tel. +49 (0)561 804-7429<br />

E-Mail: jana.simon@uni-kassel.de<br />

Prof. Dr. rer. nat. BERNHARD MIDDENDORF<br />

Universität Kassel, FG Werkstoffe des Bauwesens<br />

und Bauchemie, Kassel<br />

Tel. +49 (0)561 804-2601<br />

E-Mail: middendorf@uni-kassel.de<br />

42 07-08 | 2014

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