3R Grabenloser Leitungsbau (Vorschau)
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FACHBERICHT ABWASSERENTSORGUNG<br />
Statische Berechnung von<br />
Abwasserleitungen und -kanälen - Teil 1<br />
Die fachgerechte statische Berechnung von Abwasserleitungen und -kanälen ist eine der Grundvoraussetzungen für eine<br />
lange Betriebszeit dieser Anlagen. In der <strong>3R</strong> erscheinen zwei Artikel zu diesem Thema. Teil 1 in dieser Ausgabe widmet sich<br />
den Grundlagen der statischen Berechnung und der statischen Berechnung für die offene Bauweise von Rohrleitungen.<br />
Teil 2, der in Ausgabe 9/2014 erscheinen wird, behandelt das Thema der statischen Berechnung für die geschlossene<br />
Bauweise und gibt einen Überblick über die relevanten Normen, Richtlinien und Regelwerke. Die Artikel basieren auf dem<br />
umfangreichen Informationspaket, das die Fachvereinigung Betonrohre und Stahlbetonrohre e.V. (FBS) zum Thema „Planung,<br />
Bauausführung und Betrieb von Abwasserleitungen und -kanälen“ erarbeitet hat. Dies wird u.a. für die Wissensvermittlung<br />
an Studenten im Fachbereich Bauingenieurwesen im Rahmen der Hochschulinitiative der FBS genutzt.<br />
Grundlagen der statischen Berechnung<br />
Nach statistischen Erhebungen der Deutschen Vereinigung<br />
für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. (DWA)<br />
beträgt die Gesamtlänge der öffentlichen Abwasserkanäle<br />
gegenwärtig rund 500.000 km. Hinzu kommen die privaten<br />
Leitungen mit einer Gesamtlänge von ca. 900.000 km.<br />
Ihre statische Tragfähigkeit stellt eine für die Sicherheit<br />
des öffentlichen Gemeinwesens entscheidende Funktion<br />
dar. Diese ist dauerhaft und ohne die Beeinträchtigung<br />
anderer baulicher oder sonstiger Güter, sicherzustellen.<br />
Es gilt Undichtigkeiten und Verformungen des Baukörpers<br />
sowie damit einhgergehende Beeinträchtigungen der<br />
bestehenden Infrastruktur, von benachbarten Leitungen<br />
und Gebäuden sicher zu vermeiden. Aus diesen Gründen<br />
sind Abwasserleitungen und -kanäle aus vorgefertigten<br />
Rohren als Ingenieurbauwerke zu betrachten, für die eine<br />
statische Berechnung erforderlich ist. Hierbei werden alle<br />
auftretenden Beanspruchungen des Rohres, die z. B. infolge<br />
von Bodeneigengewicht, Verkehr und Grundwasser, mit<br />
den Tragwiderständen – jeweils unter Berücksichtigung<br />
von Teilsicherheitsbeiwerten – verglichen. In Abhängigkeit<br />
von den jeweiligen Rohrwerkstoffen und des (entweder<br />
biegeweichen oder biegesteifen) Verformungsverhaltens<br />
der Rohre stellen sich unterschiedliche Belastungen ein,<br />
die differenzierte Nachweise erfordern. Hierfür existieren<br />
genormte Berechnungsverfahren, deren Gültigkeit zwingend<br />
die Einhaltung der genormten Werkstoffeigenschaften<br />
der Rohre sowie die korrekte normgemäße Bauausführung<br />
bedingen.<br />
Folgende Aspekte sind bei der statischen Berechnung von<br />
Abwasserkanälen generell zu berücksichtigen:<br />
»»<br />
Unterirdisch verlegte Rohre müssen für Einwirkungen<br />
aus dem Bau- und dem Betriebszustand bemessen<br />
werden<br />
»»<br />
Der Bauzustand unterscheidet sich von dem Betriebszustand<br />
vorrangig in der Art der Einwirkungen und<br />
Auflagerbedingungen<br />
»»<br />
Eine Unterteilung der Einwirkungen erfolgt unabhängig<br />
vom Einbauverfahren in ständige und veränderliche<br />
sowie innere und äußere Einwirkungen<br />
»»<br />
Die zu führenden statischen Nachweise sind abhängig<br />
von der Rohrsteifigkeit und können neben dem Spannungs-/Dehnungsnachweis<br />
weitere Nachweise erforderlich<br />
machen.<br />
Die erforderlichen statischen Nachweise sind zudem vom<br />
Zusammenwirken der Rohrsteifigkeit und des Bodenverformungsverhaltens<br />
abhängig, sodass eine Unterteilung<br />
der Rohre in „biegesteife“ und „biegeweiche“ Systeme<br />
erfolgt. Gemäß dem aktuell gültigen Arbeitsblatt<br />
ATV-DVWK-A 127 für die statische Berechnung von<br />
Abwasserkanälen und -leitungen gilt: „Biegesteif sind<br />
Rohre, bei denen die Belastung keine wesentlichen Verformungen<br />
hervorruft und damit keine Auswirkungen<br />
auf die Druckverteilung hat (…). Zu ihrer Bemessung ist<br />
der Spannungs-/Dehnungsnachweis (...) zu führen. Biegeweich<br />
sind Rohre, deren Verformung die Belastung und<br />
Druckverteilung wesentlich beeinflusst, da der Boden<br />
Bestandteil des Tragsystems ist (...). Zu ihrer Bemessung<br />
sind der Spannungs-/Dehnungs-, der Verformungs- und<br />
der Stabilitätsnachweis zu führen“.<br />
Einwirkungen auf im Erdreich verlegte Rohre<br />
Die Einwirkungen auf im Erdreich verlegte Rohre können<br />
sehr unterschiedliche Ausprägungen aufweisen. Eine<br />
Unterscheidung erfolgt hinsichtlich ständiger Einwirkungen<br />
(Eigengewicht, Erdlasten und Flächenlasten, wie z. B.<br />
Schüttungen, Auffüllungen und Fundamentlasten) und<br />
veränderlicher Einwirkungen (Verkehrslasten, Wasserfüllung<br />
und Vortriebskräfte). Ebenso wird zwischen äußeren<br />
(Erdlasten, Flächenlasten wie z. B. Schüttungen, Auffüllungen<br />
und Fundamentlasten, Verkehrslasten und Vortriebskräften)<br />
und inneren Einwirkungen (Wasserfüllung<br />
und Innendruck bzw. Druckluft) unterschieden.<br />
Regelwerke für die offene Bauweise<br />
Mit der DIN EN 1295 wurde im Rahmen der europäischen<br />
Normung versucht ein übergeordnetes Regelwerk<br />
mit europaweiter Gültigkeit für die statische Berechnung<br />
von Abwasserkanälen zu schaffen. Teil 1 dieser Norm<br />
wurde 1997 verabschiedet und regelt allgemeine Anfor-<br />
62 07-08 | 2014