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Aufstiegs der Theologie, die als e<strong>in</strong>e doxologische Diszipl<strong>in</strong> am ehesten ihrem Gegenstand<br />

gerecht werden kann.<br />

Die Menschwerdung Gottes bedeutet Offenbarung des verstandesmäßig Unbegreiflichen und<br />

zugleich Vere<strong>in</strong>igung zwischen Gott und Mensch, E<strong>in</strong>swerden mit dem, der Gegenstand<br />

theologischen Suchens ist. In der Theologie gelten nicht dieselben Gesetze der Beziehung<br />

zwischen Betrachter und Objekt der Betrachtung, denn zwischen Gott, dem Schöpfer, und<br />

Mensch als Geschöpf besteht e<strong>in</strong>e Beziehung wie zwischen Ursache und Wirkung. Darum ist<br />

Theologie auch nicht der Gott-Mensch-Dialog im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er Ich-Du-Beziehung, bei der sich<br />

e<strong>in</strong>e wechselseitige E<strong>in</strong>wirkung und Ergänzung vollzieht. Die Geme<strong>in</strong>schaft mit dem<br />

Absoluten ist e<strong>in</strong> personales, gnadenhaftes Ereignis, das uns an den Energien Gottes, se<strong>in</strong>er<br />

Liebe als Ausdruck se<strong>in</strong>er Se<strong>in</strong>sweise teilhaben läßt, ohne die Unantastbarkeit se<strong>in</strong>er Natur<br />

aufzuheben. In diesem Erkenntnisprozeß, bei dem wir Gott nicht <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Natur, sondern als<br />

Person erkennen, liegt die besondere Dynamik der Theologie, die nicht von der re<strong>in</strong><br />

theoretischen Erkenntnis lebt, sondern von der Geme<strong>in</strong>schaft mit Gott, <strong>in</strong> der Erkenntnis als<br />

e<strong>in</strong> existentielles, unausschöpfliches Ereignis geschieht bis h<strong>in</strong> zur Identifizierung des<br />

Erkennenden mit dem Erkannten, so daß man sagen kann: "Nicht mehr ich lebe, sondern<br />

Christus lebt <strong>in</strong> mir" (Gal 2,20) .<br />

Dieser mystische Weg der Theologie, der wissenschaftliches Fragen nicht ablehnt, sondern<br />

als Propädeia e<strong>in</strong>er wahrhaften Theologie betrachtet, ermöglicht die Überw<strong>in</strong>dung der<br />

Unerkennbarkeit Gottes, der verstandesmäßig, mit Begriffen und Denkkonstruktionen wissenschaftlicher<br />

Analyse unzugänglich bleibt. Die rationale Betrachtung alle<strong>in</strong> entfernt sich gerade<br />

<strong>in</strong> ihrem Bemühen, das Göttliche zu ergründen, von Gott selbst, dessen Idole sie <strong>in</strong> ihrer<br />

Illusion aufstellt, so daß sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Art rationalistischen Götzendienst verfällt. In e<strong>in</strong>em Erkenntnisprozeß,<br />

der von der Kontemplation und dem Gebet begleitet wird, werden die<br />

Grenzen des re<strong>in</strong> rational-wissenschaftlichen Erkennens überwunden, denn dieses Wissen ist<br />

e<strong>in</strong>e Unwissenheit, die jedes menschliche Wissen übersteigt. In dieser Region ergreift e<strong>in</strong><br />

Schweigen und Staunen, das <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Doxologie e<strong>in</strong>mündet. Deswegen me<strong>in</strong>t auch Euagios<br />

Pontikos (ca. 346-399): "Wer Gott nicht gesehen hat, kann nicht von ihm sprechen."<br />

In Anbetracht dieser Bed<strong>in</strong>gung flieht Gregorios von Nazianz nach se<strong>in</strong>er mehr durch den<br />

Willen se<strong>in</strong>es Vaters und den Wunsch der Geme<strong>in</strong>de von Nanzianz als durch se<strong>in</strong>e eigene<br />

Überzeugung erfolgten Priesterweihe <strong>in</strong> die Pontische E<strong>in</strong>siedelei zu se<strong>in</strong>em Freund Basileios<br />

dem Großen und spricht nach se<strong>in</strong>er Rückkehr, <strong>in</strong>dem er se<strong>in</strong>e Flucht zu erklären versucht,<br />

von der Bedeutung des Priestertums und der Theologie mit Ehrfurcht und hohem Respekt,<br />

denn es geht nicht alle<strong>in</strong> um abstraktes Wissen und pragmatisches Handeln, sondern um e<strong>in</strong>en<br />

existentiellen E<strong>in</strong>satz, der Lehre und Lebensweise des Lehrenden mite<strong>in</strong>ander verb<strong>in</strong>det: "Es<br />

ist notwendig, zuerst gere<strong>in</strong>igt worden zu se<strong>in</strong>, erst dann zu re<strong>in</strong>igen, zuerst Weisheit zu<br />

lernen, erst dann sie zu lehren, zuerst Licht zu werden, erst dann zu leuchten, zuerst zu Gott<br />

zu treten, erst dann andere zu ihm zu führen, zuerst sich zu heiligen, erst dann zu heiligen"<br />

(Or. II, 71: PG 35,480 B). Im Anschluß an Piatons Timaios spricht Gregorios von der<br />

wechselseitigen Beziehung zwischen Theorie und Praxis und me<strong>in</strong>t, "daß wir die Theorie zum<br />

Reiseführer <strong>in</strong> den Himmel erwählen, die Praxis aber zur Leiter machen, auf der wir zur<br />

Theorie gelangen, weil ja der an der Weisheit ke<strong>in</strong>en Anteil haben kann, der nicht weise lebt"<br />

(Or. IV, 113: PG 35,649 B f.). Darum werden die "selig" gepriesen, "die e<strong>in</strong> re<strong>in</strong>es Herz<br />

haben, denn sie werden Gott schauen" (Mt 5,8).

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