1 Thomas Huck Die ur- und frühgeschichtliche Besiedlung (100.000 ...

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Ausbildung vom Lehrling bis zum Meister, sondern sie reglementierte Produktion und Absatz, beaufsichtigte die einzelnen Betriebe, prüfte die gewerblichen Erzeugnisse. Die Leitung der Zunft lag in den Händen der Zunftmeister. Die kultisch-religiösen Elemente des Zunftlebens äußerten sich in der gemeinsamen Teilnahme an Gottesdiensten und Prozessionen. Im 16. Jahrhundert setzte sich innerhalb des Handwerks die Spezialisierung fort. In dieser Zeit traten in Gotha neben die Tuchmacher und Wollweber auch Tuchscherer und Gewandschneider. Im Bereich der metallverarbeitenden Handwerke hatten sich Waffen-, Huf-, Nagel-, Kupferschmiede, Schlosser, Schwertfeger, Nadler und Klempner herausgebildet. Die Lederverarbeitung übernahmen die Lohgerber, Schuhmacher, Kürschner, Riemer, Sattler, Beutler, Täschner und Gürtler. Seit 1678 gab es im Herzogtum Gotha eine besondere Rangordnung sämtlicher Berufe und Handwerke, die mit den gelernten Handelsleuten und Krämern, den Weißbäckern, Metzgern und Tuchmachern begann und mit den Tünchern, Gürtlern und als 44. und letzte Nummer mit den „gemeinen Bürgern und Tagelöhnern“ endete. Waid: Anbau und Verarbeitung Von Bedeutung war in Gotha auch der Handel mit Gewerbeartikeln des täglichen Bedarfs, Nahrungsmitteln, Holz und vor allem mit der Färberpflanze Waid, die seit dem 13. Jahrhundert in Thüringen angebaut wurde und noch im 16. Jahrhundert oft die einzige Einnahmequelle für viele Dorfbewohner der Umgebung bildete. Färberwaid (isatis tinctoria) ist eine gelbblühende zweijährige Pflanze, die im zweiten Jahr mit ihren Blütenständen eine Höhe bis eineinhalb Meter erreicht. Aus dieser intensiv angebauten Pflanze konnte durch Vergärung vornehmlich blaue Farbe gewonnen werden. Die Waidbauern färbten ihre Gewebe auch grün oder schwarz, indem sie die Wolle in den unbearbeiteten Waidbrei legten. Die Herbstaussaat erfolgte im November/Dezember, die Frühjahrsaussaat Ende Februar. Wenn die unteren Blätter der Waidpflanze welk wurden, konnte der erste Schnitt mit dem Waideisen erfolgen. Der Zeitpunkt lag bei der Herbstaussaat nach dem Johannisfest (24.6.), bei der Frühjahrsaussaat drei Wochen später. In der Waidmühle wurden die Blätter zu einem Brei, dem Waidmus, zerquetscht. Anschließend mußte das Waidmus mit den Händen zu faustgroßen Bällchen, dem sogenannten Ballenwaid, geformt werden. Dieser kam nach dem Trocknen zum Verkauf. Die Verarbeitung des Ballenwaides zu dem begehrten Blaufärbemittel (Waidpulver) erfolgte in speziellen Waidhäusern, die aus Kalksteinen errichtet und mit eisernen Türen und Läden ausgestattet wurden. Der Grund für diese massive Bauweise bei den Wirtschaftsgebäuden lag in einer möglichen Brandgefahr bei der Waidverarbeitung. Während des Gärungsprozesses erhitzte sich der Waid, da er bis zu 60 cm dick aufgeschüttet und befeuchtet wurde. In einer mehrere Monate dauernden Verarbeitung mit Wasser und Harnstoff setzte sich die Spaltung in Zucker und Indoxyl durch, wobei in Verbindung mit Sauerstoff sich das Indoxyl in den blauen Farbstoff Indigo verwandelte. Die vollständig zerfallene Masse wurde unter Aufsicht vereidigter Waidbeschauer, die die Qualität der Ware prüften, in Holzfässer abgefüllt. Das Waidpulver aus Gotha gelangte über den Fernhandel in die Textilverarbeitungszentren Deutschlands, der Niederlande und Englands. 36
Abb. 36: Willkomm der Brunnennachbarschaft in der Schwabhäusergasse, 18. Jahrhundert Die Wasserversorgung in Gotha Im Mittelalter herrschte in Gotha oftmals großer Wassermangel, die Einwohner waren fast nur auf die Brunnen angewiesen. Um die bessere Instandhaltung der öffentlichen Brunnen der Stadt zu gewährleisten, bildete man im 14. Jahrhundert die sogenannten Brunnennachbarschaften. Alljährlich am Johannistag (24. Juni) wurden zwei Brunnenmeister gewählt, nach deren Anordnung die Naßspender vom Unrat gereinigt und zur Verbesserung des Schichtwassers Holzkohle und Kochsalz in den Schacht geschüttet wurden. Die Brunnenmeister erhielten für ein Jahr die Aufsicht über den jeweiligen Brunnen und sorgten für die Sauberkeit der Straße. Eine wesentliche Verbesserung der Wasserversorgung brachte der Leinakanal, der 1369 während der Regierung des Landgrafen Balthasar (1349-1381) vom Thüringer Wald über eine Entfernung von 30 km herangeführt wurde. Da im Leinakanal bei großer Trockenheit das Wasser versiegte, wurde 1653 Abb. 35: Blaudruck, mit Waid gefärbtes Bettzeug, 18. Jahrhundert Neben dem Waid war der Handel mit Getreide und Bier auf den Gothaer Wochenmärkten sehr verbreitet. Mit der Entfaltung des Gewerbes und des Handels erhielt der Gothaer Marktplatz eine bedeutende Funktion und wurde zum Mittelpunkt des gesamten städtischen Wirtschaftslebens und der bürgerlichen Verwaltung. 37
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