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Ziviler Strafvollzug für die Wehrmacht. Militärgerichtlich Verurteilte in ...

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- 133 -<br />

Berücksichtigung des gesunden Volksempfundens nicht todeswürdig s<strong>in</strong>d und auch <strong>die</strong> Aussicht<br />

besteht, dass sie nach hartem Stafvollzug wieder anständige Menschen werden.« 360<br />

Diesem Urteil blieb jedoch <strong>die</strong> Bestätigung versagt. In se<strong>in</strong>em Rechtsgutachten <strong>für</strong> den Gerichtsherrn<br />

schrieb e<strong>in</strong> Flottenrichter:<br />

»Gegen das Verfahren und das Urteil im Schuldausspruch bestehen […] ke<strong>in</strong>e Bedenken, wohl<br />

aber im Strafausspruch.<br />

Die beiden Angeklagten s<strong>in</strong>d geradezu typische Plünderer. […] Sie wussten, dass Plünderung<br />

mit dem Tode bestraft wird [sic]. Niemand hat so wenig Anlass, sich an fremdem Gut zu vergreifen,<br />

wie der Soldat, dem alles Notwendige vom Staat geliefert wird. Niemand ist so oft und so<br />

e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>glich gewarnt und auf <strong>die</strong> Bedeutung und Schimpflichkeit der Plünderung h<strong>in</strong>gewiesen<br />

worden wie der Soldat.<br />

Wenn e<strong>in</strong> Zivilist sich so verhalten hätte wie der Angeklagte [sic], wäre er ohne jeden Zweifel<br />

als Plünderer zum Tode verurteilt worden. Es besteht ke<strong>in</strong> Anlass, <strong>die</strong> Angeklagten milder zu beurteilen,<br />

weil auf sie nicht der § 1 Volksschädl[<strong>in</strong>gs-]V[er-]O[rdnung]., sondern der § 129<br />

MStGB anzuwenden ist. E<strong>in</strong> Soldat, der im Reichsgebiet bei deutschen Volksgenossen, denen er<br />

helfen soll, plündert, ist ebenso e<strong>in</strong> Volksschädl<strong>in</strong>g wie der Zivilist, der dasselbe tut. E<strong>in</strong>e derartige<br />

Plünderung ist als besonders schwerer Fall anzusehen und mit dem Tode zu bestrafen. [...]<br />

Ich schlage vor, das Urteil im Strafausspruch aufzuheben, weil <strong>die</strong> vom Anklagevertreter beantragte<br />

Todesstrafe gegen beide Angeklagten erforderlich ist.« 361<br />

Noch am gleichen Tag entsprach der komman<strong>die</strong>rende Admiral der Unterseebote als Gerichtsherr<br />

den Empfehlungen se<strong>in</strong>es Flottenrichters und verfügte <strong>die</strong> Aufhebung des Urteils im Strafausspruch. 362<br />

Am 30.10.1944 wurde der Prozess vor dem gleichen Gericht neu aufgerollt. Aber auch <strong>die</strong> neuen<br />

Richter konnten sich nicht <strong>für</strong> <strong>die</strong> Todesstrafe entscheiden, sondern erkannten bei K. als dem »Haupttäter«<br />

auf »<strong>die</strong> höchst zulässige zeitige Zuchthausstrafe« von 15 Jahren und bei H., »entsprechend se<strong>in</strong>er<br />

Beteiligung, auf e<strong>in</strong>e etwas ger<strong>in</strong>gere Strafe«, nämlich 12 Jahre Zuchthaus. Da<strong>für</strong> waren<br />

»nicht etwa das Geständnis der Angeklagten, ihre gute Führung, ihr jugendliches Alter und Straffreiheit<br />

maßgeblich. Diese Gesichtspunkte müssen bei der Bekämpfung von Plünderern im Interesse<br />

der Aufrechterhaltung des Rechtsfriedens und der Sicherheit des Eigentums der betroffenen<br />

Volksgenossen zurückstehen. Maßgeblich waren <strong>für</strong> das Gericht <strong>die</strong> Umstände des Falles.<br />

In vorliegendem Falle war <strong>die</strong> Schutzlosigkeit der Objekte nicht augensche<strong>in</strong>lich vorhanden,<br />

denn zur Zeit der Taten waren <strong>die</strong> Bewohner<strong>in</strong>nen Sch. und R. und <strong>die</strong> Hausangestellte der e<strong>in</strong>en<br />

der Miet-Parteien anwesend. Unter <strong>die</strong>sen Umständen konnte [es …] sogar zweifelhaft ersche<strong>in</strong>en,<br />

ob im vorliegenden Falle überhaupt e<strong>in</strong> Plündern im eigentlichen S<strong>in</strong>ne vorlag. Jedenfalls<br />

schien beachtlich, dass <strong>die</strong> Angeklagten nicht <strong>in</strong> <strong>die</strong> leer stehende Wohnung e<strong>in</strong>gedrungen und<br />

dort völlig unbeaufsichtigte Habe weggenommen haben, sondern, dass sie nur gelegentlich von<br />

360<br />

Urteil gegen K. u. H., 25.08.1944 (wie Anm. 357). – Auch He<strong>in</strong>z H. schilderte GROSS (o. J. (wie Anm. 70)<br />

gegenüber den Tathergang ganz anders:<br />

»E<strong>in</strong>es Abends wollte ich mit noch e<strong>in</strong>em Kameraden <strong>in</strong>s K<strong>in</strong>o gehen. Es fanden aber ke<strong>in</strong>e Vorstellungen<br />

statt. Ich wurde von me<strong>in</strong>em Kameraden zu e<strong>in</strong>em gemütlichen Abend e<strong>in</strong>geladen. Wir haben dann<br />

auf se<strong>in</strong>er Stube We<strong>in</strong> und Schnaps getrunken. Auf me<strong>in</strong>e Frage[,] woher er den Alkohol habe, sagte er<br />

mir, dass se<strong>in</strong>e Braut <strong>die</strong> Spender<strong>in</strong> sei. Es waren <strong>in</strong>sgesamt sechs Flaschen[,] <strong>die</strong> er zur Verfügung hatte.<br />

Wir waren schließlich stark angeheitert[,] als weitere Kameraden h<strong>in</strong>zukamen. Am nächsten Tage ist<br />

e<strong>in</strong>e Meldung gemacht worden[,] und der Kommandant ließ uns beide am 4.8.44 festnehmen, da er nicht<br />

an e<strong>in</strong>e Schenkung des Alkohols seitens der Braut me<strong>in</strong>es Kameraden glaubte. Die Nachprüfung ergab<br />

dann, dass sich me<strong>in</strong> Kamerad den Alkohol aus e<strong>in</strong>em bombenbeschädigten Keller besorgt hatte. Bei<br />

mir wurde angenommen, daß ich ihm dabei behilflich gewesen sei. Me<strong>in</strong>en Beteuerungen, daß ich von<br />

nichts wisse, wurde ke<strong>in</strong> Glauben geschenkt«.<br />

361 Rechtsgutachten zur Strafsache gegen K. und H. (wie Anm. 357). - § 1 Abs. 1 der „Volksschädl<strong>in</strong>gs-Verordnung“<br />

vom 05.09.1939 lautet: »Wer im frei gemachten Gebiet oder <strong>in</strong> freiwillig geräumten Gebäuden oder<br />

Räumen plündert, wird mit dem Tode bestraft.« (Zit. n. KW 1983, Dok. C II a/3.14, S. 1514f., hier S. 1514).<br />

362 Verfügung d. Komm. Adm. d. U-Boote, 07.10.1944, BA-ZNS, Nr. 35245 (neue Signatur: RM 123/15557).

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