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Ziviler Strafvollzug für die Wehrmacht. Militärgerichtlich Verurteilte in ...

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sichtbar – den Funktionsgefangenen abgezweigt. 612 So ist es auch zu erklären, warum e<strong>in</strong>e große Zahl<br />

Moorsoldaten angibt, während ihrer gesamten Zeit im Emsland niemals Fleisch, Wurst oder Milch erhalten<br />

zu haben, 613 obwohl <strong>die</strong>se Nahrungsmittel stets Bestandteil der vorgesehenen Versorgung wa-<br />

ren. 614<br />

Die Aufteilung der Mahlzeiten sah alltags <strong>in</strong> der Regel so aus: Morgens gab es e<strong>in</strong>en halben Liter<br />

dünne Suppe, Kaffee-Ersatz sowie <strong>die</strong> Brotration <strong>für</strong> den gesamten Tag. Die Gefangenen sollten sich<br />

das Brot e<strong>in</strong>teilen; viele hatten aber derartigen Hunger, dass sie das gesamte Brot auf e<strong>in</strong>mal aßen, um<br />

sich wenigstens kurzfristig e<strong>in</strong>mal satt zu fühlen. 615 Bei der Arbeit fehlte ihnen dann jedoch e<strong>in</strong>e Mahlzeit,<br />

da <strong>die</strong> morgens ausgegebene Brotportion das e<strong>in</strong>zige Mittagessen darstellte. Ab Oktober 1942<br />

wurden zusätzlich dreimal pro Woche mittags 50 g Suppe je Häftl<strong>in</strong>g ausgegeben. Die Suppe sollte<br />

mittags zur Arbeitsstelle gebracht werden – was sich jedoch nur bei vom Lager nicht allzu weit entfernten<br />

E<strong>in</strong>satzorten realisieren ließ – oder bereits am Morgen dorth<strong>in</strong> mitgenommen werden. 616<br />

Abends wurden Pellkartoffeln, e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>topfgericht oder Brot mit etwas Margar<strong>in</strong>e und Brotbelag ausge-<br />

geben. 617<br />

Die Verpflegung war von ausgesprochen schlechter Qualität. Die Nahrung bestand hauptsächlich<br />

aus Kohlenhydraten; Fett und Eiweiß fehlten weitgehend. Die als „E<strong>in</strong>topf“ bezeichnete Mahlzeit bestand<br />

zumeist nur aus Wasser sowie e<strong>in</strong>igen Steckrüben und Kohlstrünken. Die Gefangenen litten an<br />

Vitam<strong>in</strong>mangel, so dass sie sehr anfällig <strong>für</strong> Krankheiten und Seuchen wurden. Dem Brotteig wurden<br />

Kartoffeln, teilweise auch Kartoffelschalen beigemischt, um den Mehlverbrauch zu verr<strong>in</strong>gern. Vielfach<br />

bekamen <strong>die</strong> Häftl<strong>in</strong>ge m<strong>in</strong>derwertige Lebensmittel, <strong>die</strong> der freien Bevölkerung nicht zugemutet<br />

werden konnten, wie verdorbenes Freibank-Dosenfleisch, verdorbene Kartoffeln und verschimmeltes<br />

Brot. 618 Es gab jedoch Unterschiede bei der Verpflegung im Lager im Vergleich mit Außenkommandos.<br />

Der Vertrag mit der Vehnemoor AG enthält folgenden Abschnitt:<br />

»Der Arbeitgeber sorgt <strong>für</strong> <strong>die</strong> Verpflegung der Aufsichtskräfte und Gefangenen gegen Berechnung<br />

der Selbstkosten. Die zur Beschaffung bewirtschafteter Lebensmittel erforderlichen Bezugsberechtigungen<br />

werden dem Arbeitgeber zur Verfügung gestellt. Dieser ist verpflichtet, <strong>für</strong><br />

e<strong>in</strong> schmackhaftes und – im Rahmen der gegebenen Bezugsberechtigungen – nahrhaftes Essen<br />

612 SIELING 1979, S. 17. – Bergsträsser (Ber. 1992) und Dietrich (Int. 1991) berichten, sie hätten 1943 pro Tag<br />

200 g Brot erhalten; laut Dietrich gab es 1944 nur noch 150 g Brot. – Die offizielle Ration (siehe Anm. 602)<br />

lag bei 400 bzw. 600 g!<br />

613 Z. B. Int. Ste<strong>in</strong>hof 1995; Int. v. Oriana Siel<strong>in</strong>g (?) mit Karl Schabrod, 1978, zit. n. SIELING 1979, S. 15f.<br />

614 SUHR – Emslandlager 1985, S. 120 - 122; vgl. auch KdSGL an Vh. SGL I - V u. VII, 22.04.1942, StA OS,<br />

Rep. 947 L<strong>in</strong> I Nr. 667.<br />

615 SUHR, ebd., S. 119; ULSHÖFER 1993, S. 49; RegMedRat H. (Hauptlazarett) an KdSGL, 04.07.1942, StA OS,<br />

ebd.<br />

616 Vh. SGL VII an KdSGL, 20.10.1942, StA OS, ebd. Nr. 726; KdSGL an Vh. SGL I - V u. VII, 02.10.1942,<br />

StA OS, ebd. Nr. 667. – Ab Januar 1943 sollten <strong>die</strong> mit Außenarbeit beschäftigten Gef. täglich e<strong>in</strong>e Mittagssuppe<br />

erhalten (KdSGL an Vh. SGL I - V u. VII, 07.01.1943, StA OS, ebd.).<br />

617 SUHR, ebd., S. 119f. – Teilweise wurde <strong>die</strong> Tages-Brotration auch abends verteilt (Ebd.). – Lagerarzt Dr.<br />

PFEIFFER (1935, S. 15f.) schreibt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Dissertation „Über Lagerhygiene“ bezüglich des Lageressens: »Es<br />

ist darauf zu achten, dass bei der Zubereitung der e<strong>in</strong>zelnen Mahlzeiten so viel Abwechslung gebracht wird,<br />

wie es der Kunst des Kochs und dem Umfang des Etats entsprechend möglich ist. Folgen sich <strong>die</strong>selben Speisen<br />

zu häufig, oder werden <strong>die</strong> Speisen zu e<strong>in</strong>tönig breiförmig zubereitet, so tritt das Gefühl des Abgegessense<strong>in</strong>s<br />

auf, und Magendarmstörungen können als langdauernde Folgen zurückbleiben.«<br />

618 SUHR, ebd., S. 118 - 122; SIELING 1979, S. 21 - 23.

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