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Ziviler Strafvollzug für die Wehrmacht. Militärgerichtlich Verurteilte in ...

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Zeit und um <strong>die</strong> abendliche Brotration, <strong>die</strong> nicht gewährt wurde, war <strong>die</strong> Arbeitsleistung [das Arbeitssoll]<br />

nicht erfüllt.« 376<br />

Die <strong>in</strong> Calais stationierten Gefangenen (»Circuit Calais«) wurden etwa im März/April 1944 nach<br />

Samer und im Mai nach Arras verlegt; der »Circuit Berck« gelangte im Mai 1944 nach Watten und im<br />

Juni oder Juli nach Cambrai. Als weiter entfernte E<strong>in</strong>satzorte des Teilkommandos aus Calais werden<br />

Saleux und Pihen-lès-Guînes sowie <strong>für</strong> den »Circuit Berck« Rang du Fliers genannt. 377 Es hat den Ansche<strong>in</strong>,<br />

dass <strong>die</strong> hier skizzierte Zweiteilung des „Kdo. X“ bis zum Spätsommer 1944 strikt e<strong>in</strong>gehalten<br />

wurde. 378<br />

He<strong>in</strong>rich Frommen wurde Ende April 1944 zu e<strong>in</strong>em »Katastrophen-E<strong>in</strong>satz« nach Saleux bei Amiens<br />

verlegt; <strong>die</strong> 400 bis 500 Häftl<strong>in</strong>ge seien dort <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ehemaligen Sp<strong>in</strong>nereigebäude untergebracht<br />

gewesen. »Die meiste Zeit war ich im Straßenbau e<strong>in</strong>gesetzt. Wir rückten morgens um 5 Uhr aus und<br />

waren mittags um 14 Uhr wieder zurück.« Nach dem „Mittagessen“ – e<strong>in</strong>em Schlag Suppe – hätten<br />

zahlreiche Gefangene im Fluss Selle gebadet, um sich von der schweren Arbeit zu erholen. 379 Auch<br />

Helmut Schulz berichtet, zwei bis drei Monate lang <strong>in</strong> Amiens e<strong>in</strong>gesetzt gewesen zu se<strong>in</strong>, von wo er<br />

am 14.06.1944 floh; 380 Kurt Hoppe, der wahrsche<strong>in</strong>lich am 23.06.1944 zum Kdo. X stieß, gibt an, er<br />

376 SAATHOFF u. a. 1993, S. 104f. – Welcher Moorsoldat hier vom Kdo. X berichtet, wird nicht explizit gesagt;<br />

aus dem Zusammenhang heraus kann es sich jedoch nur um Johann Scholtyssek, Lothar Pfeiffer oder Karl<br />

He<strong>in</strong>z Ribitzki handeln. – Zur „V 3“, der geplanten „Kanone <strong>für</strong> London“, vgl. auch KERN/PREVISANI 1996.<br />

377 „Bestandsaufnahme…“ 1946 (wie Anm. 296), S. 1979f. (Zitate S. 1979); ITS 1979, S. 730. – Samer liegt<br />

südöstlich von Boulogne-sur-Mer, zwischen Calais und Etaples; Arras ist <strong>die</strong> Hauptstadt des Départements<br />

Pas-de-Calais und liegt zwischen Lille und Amiens. Watten bef<strong>in</strong>det sich südöstlich von Calais, im Dreieck<br />

Calais - Dunkerque - St. Omer; Cambrai liegt an der Schelde (frz. Escaut) südöstlich von Arras, zwischen<br />

Douai und St. Quent<strong>in</strong>. Saleux liegt an der Selle und ist e<strong>in</strong> Vorort von Amiens (zum dortigen E<strong>in</strong>satz siehe<br />

auch unten); Pihen-lès-Guînes bef<strong>in</strong>det sich zwischen Calais und Boulogne. Rang-du-Fliers liegt östlich von<br />

Berck; <strong>die</strong>ser Ort wird nur <strong>in</strong> der „Bestandsaufnahme…“, nicht aber im ITS genannt.<br />

378 Da<strong>für</strong> sprechen auch <strong>die</strong> Angaben von Karl He<strong>in</strong>z Ribitzki (Ber. o. D.). – Nur <strong>die</strong> Aussage von Hermann R.,<br />

der vom SGL I aus nach eigenen Angaben im Januar 1944 zum Kdo. X stieß, widerspricht der strengen Teilung.<br />

R. gibt an, außer <strong>in</strong> St. Pol-sur-Ternoise (siehe Anm. ) auch <strong>in</strong> Calais e<strong>in</strong>gesetzt gewesen zu se<strong>in</strong>, ehe er<br />

am 09.04.1944 krankheitshalber nach Börgermoor zurückkehrte (Hermann R. an JVA L<strong>in</strong>gen, 04.09.1978<br />

(wie Anm. 375); Transportliste d. SGL I, 09.04.1944, StA OS, Rep. 947 L<strong>in</strong> I Nr. 662).<br />

E<strong>in</strong> Widerspruch ergibt sich allerd<strong>in</strong>gs nur dann, wenn davon ausgegangen wird, dass <strong>die</strong> Gef. des ersten<br />

Transports von Oktober 1943 nur nach Calais und <strong>die</strong>jenigen der zwei folgenden Transporte im Januar und<br />

April 1944 nur nach Berck-Plage gebracht wurden; wenn z. B. e<strong>in</strong> Teil des zweiten Transports auch <strong>in</strong> Calais<br />

untergebracht worden wäre oder e<strong>in</strong> partieller Gef.-Austausch zwischen beiden Teilkdos. stattgefunden hätte,<br />

wären beide Aussagen (<strong>die</strong> von Hermann R. und <strong>die</strong> der „Bestandsaufnahme…“) durchaus <strong>in</strong> E<strong>in</strong>klang zu<br />

br<strong>in</strong>gen (zu Hermann R. siehe auch Anm. 386).<br />

379 „Tagebuch“ v. He<strong>in</strong>rich Frommen (1. Zitat); FROMMEN 1994, S. 34 (2. Zitat). – Dr. He<strong>in</strong>rich Frommen wurde<br />

am 04.06.1907 <strong>in</strong> Bedburg an der Erft bei Köln geboren. 1942 wurde er zur <strong>Wehrmacht</strong> e<strong>in</strong>gezogen und kam<br />

zur Sanitätsabt. 6 <strong>in</strong> Hamm/Westfalen. Im Oktober führte er <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em »Fronturlauberzug« e<strong>in</strong> »pol[itisches].<br />

Gespräch[]«; se<strong>in</strong> Gesprächspartner denunzierte ihn, und Frommen wurde am 25.05.1943 vom Gericht der<br />

<strong>Wehrmacht</strong>kommandantur Berl<strong>in</strong> wegen „Wehrkraftzersetzung“ zu fünf Jahren Zh. verurteilt. Mitte Juli 1943<br />

kam er im SGL II Aschendorfermoor an, von wo er im Oktober 1943 zum Kdo. X nach Calais und von dort<br />

Ende April 1944 nach Saleux gebracht wurde. Im September 1944 kam Frommen mit den übrigen Gef. des<br />

„Lagers West“ <strong>in</strong> Lendr<strong>in</strong>gsen (siehe unten) an, wo er bis zur Jahreswende 1944/45 blieb. Dann wurde er „zur<br />

Front begnadigt“, kam nach Torgau und von dort nach Brünn zur Bewährungstruppe 500. Das Truppentransportschiff<br />

„Cap Guir“, das ihn und se<strong>in</strong>e Kameraden zur Front nach Kurland br<strong>in</strong>gen sollte, wurde auf der<br />

Ostsee torpe<strong>die</strong>rt und sank; He<strong>in</strong>rich Frommen überlebte und wurde zur Ausheilung se<strong>in</strong>es Unterschenkelbruchs<br />

<strong>in</strong>s Lazarett nach Schwer<strong>in</strong> gebracht. Ende Juni 1945 konnte er nach Hause zurückkehren. – Der langjährige<br />

Geme<strong>in</strong>dedirektor von Elsdorf (bei Bergheim an der Erft) verstarb im Oktober 1998 <strong>in</strong> Bedburg-Millendorf<br />

(Ber. Frommen o. D. (Zitate); „Tagebuch“ v. Frommen; KÖSTERS 1999, S. 35; Namensverzeichnis d.<br />

Durchgangsgef. d. HA L<strong>in</strong>gen, 1941 - 1945, StA OS, ebd. Nr. 134).<br />

380 Int. Helmut Schulz 1999; »Entweichungsliste« d. Lagers West, 1943 - 1945, StA OS, ebd. Nr. 545.

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