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Ziviler Strafvollzug für die Wehrmacht. Militärgerichtlich Verurteilte in ...

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- 13 -<br />

Mitentscheidend <strong>für</strong> <strong>die</strong> Wahl des Standortes Emsland war auch <strong>die</strong> Konkurrenz bezüglich des Kultivierungsgrades<br />

mit den Niederlanden:<br />

»Schließlich darf auch der wichtige Gesichtspunkt nicht außer acht gelassen werden, dass es<br />

grenz- und außenpolitisch auf <strong>die</strong> Dauer unerträglich wirken muss, wenn unmittelbar an der holländischen<br />

Grenze auf demselben Boden und unter denselben klimatischen Bed<strong>in</strong>gungen e<strong>in</strong>e<br />

hochkultivierte Landwirtschaft betrieben wird, während auf der deutschen Seite weit und breit<br />

unfruchtbare Öde sich ausdehnt. Mit Recht weist der Regierungspräsident darauf h<strong>in</strong>, dass dem<br />

Beschauer, der von Westen kommt, sich e<strong>in</strong> Bild bietet, das <strong>die</strong> holländisch-deutsche Grenze<br />

dorth<strong>in</strong> setzt, wo <strong>die</strong> Kultur aufhört.« 8<br />

Für das damit <strong>in</strong> Gang gesetzte Projekt, das unter dem Titel »Neubildung deutschen Bauerntums« 9<br />

firmierte und be<strong>in</strong>haltete, durch Kultivierung von 50.000 ha Ödland <strong>in</strong>nerhalb von zehn Jahren landwirtschaftliche<br />

Flächen <strong>für</strong> 2.300 neue „Erbhöfe“ zu schaffen, 10 waren ab Juni 1933 alle preußischen<br />

KZ-Häftl<strong>in</strong>ge vorgesehen – es wurde <strong>in</strong> den nächsten Jahren mit e<strong>in</strong>em Dauerbestand von ca. 10.000<br />

Schutzhäftl<strong>in</strong>gen gerechnet. Vorhaben <strong>in</strong> anderen Regionen wurden da<strong>für</strong> zurückgestellt. 11 Insgesamt<br />

acht KZs waren im Emsland geplant. Der Aufbau der ersten Lager konnte schon wenige Monate später<br />

abgeschlossen werden: Das Lager Börgermoor 12 (vorgesehen <strong>für</strong> 1.000 Gefangene) wurde Mitte Juli,<br />

das Doppellager Esterwegen (zusammen 2.000 Häftl<strong>in</strong>ge) im August und Neusustrum (Belegstärke<br />

1.000) Ende September 1933 eröffnet.<br />

Die Bewachung der Lager übernahmen zu Anfang Osnabrücker Schutzpolizisten, wenig später <strong>die</strong><br />

SS, deren Selbstverständnis als »zwischen Landsknechtstum und Bandenwesen« liegend beschrieben<br />

wurde. 13 Die Truppen Himmlers begannen e<strong>in</strong>e Terrorherrschaft, <strong>die</strong> zuweilen auch vor der Bevölkerung<br />

des Emslands nicht haltmachte; als Morde an prom<strong>in</strong>enten Gefangenen und Beschwerden der lokalen<br />

Behörden <strong>in</strong> Osnabrück und Berl<strong>in</strong> bekannt wurden, veranlasste Gör<strong>in</strong>g e<strong>in</strong>e erneute Ablösung<br />

der SS-Wachtruppe. In Börgermoor weigerten sich jedoch <strong>die</strong> SS-Männer, das Lager zu räumen, und<br />

drohten dessen Verteidigung mit Waffengewalt an; erst nach e<strong>in</strong>er regelrechten Belagerung durch Berl<strong>in</strong>er<br />

Polizeibeamte ergaben sie sich. 14 Gör<strong>in</strong>g wollte sich e<strong>in</strong>e eigene Machtbasis aufbauen und ordnete<br />

nun an, e<strong>in</strong>e hauptsächlich aus SA bestehende Wachtruppe aufzustellen. Damit wollte er den E<strong>in</strong>fluss<br />

der SS-Führung auf <strong>die</strong> preußischen Konzentrationslager beschneiden; aber auch dem E<strong>in</strong>fluss<br />

der obersten SA-Leitung wollte er <strong>die</strong> Wachmannschaften entziehen. Gör<strong>in</strong>g ließ SA-Mitglieder aus<br />

dem nordwestdeutschen Raum mit der Versprechung anwerben, später e<strong>in</strong>mal mit ihren Familien auf<br />

dem urbargemachten Land siedeln zu können.<br />

8 Ebd.<br />

9 Art. „Gestern Moor – morgen Erbhof“. In: Ems-Zeitung, 20.08.1937, zit. n. KW 1983, Dok. C I/11.01, S.<br />

1075 - 1077, hier S. 1077. – Es existierte zudem e<strong>in</strong> „Gesetz über <strong>die</strong> Neubildung deutschen Bauerntums“<br />

vom 14.07.1933, demzufolge »rassische Gesichtspunkte bei der Auswahl von Siedlern und Vermittlung von<br />

Siedlerstellen maßgeblich berücksichtigt werden« sollten (BORCK 1973, S. 25).<br />

10 SUHR – Konzentrationslager 1985, S. 36.<br />

11 PrMdI an RegPräs OS, 22.06.1933 (wie Anm. 7).<br />

12 In zeitgenössischen Briefen und <strong>in</strong> der Er<strong>in</strong>nerungsliteratur wird das Lager Börgermoor manchmal fälschlicherweise<br />

als Papenburg bezeichnet; „KZ Papenburg“ war jedoch <strong>die</strong> Gesamtbezeichnung der ELL.<br />

13 MOHRMANN 1986, S. 233. – Der damalige Reichsjustizm<strong>in</strong>ister Gürtner sprach 1935 bezeichnenderweise davon,<br />

»<strong>die</strong> Erfahrung der ersten Revolutionsjahre habe gezeigt, daß <strong>die</strong> mit den Prügeleien beauftragten Leute<br />

meist nach kurzer Zeit das Gefühl <strong>für</strong> S<strong>in</strong>n und Zweck der Maßnahmen verlören und persönliche Rachegefühle<br />

und sadistische Inst<strong>in</strong>kte austobten« (RMdJ an RMdI, 14.03.1935, zit. n. SAUER 1974, S. 248).<br />

14 Zum Näheren vgl. DIELS o. J., S. 192 - 194; SUHR – Emslandlager 1985, 33f.

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