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Ziviler Strafvollzug für die Wehrmacht. Militärgerichtlich Verurteilte in ...

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habe bei Amiens »Panzergräben ausschachten« müssen 381 . Ob Schulz und Hoppe ebenfalls <strong>in</strong> Saleux<br />

oder anderenorts untergebracht waren, ist nicht bekannt.<br />

Im weiteren Verlauf des E<strong>in</strong>satzes veränderten sich nicht nur <strong>die</strong> Arbeitsorte, sondern auch <strong>die</strong> Tätigkeiten:<br />

Am 06.06.1944 begann <strong>die</strong> alliierte Invasion <strong>in</strong> der Norman<strong>die</strong>; <strong>die</strong> deutschen Verteidigungsstellungen<br />

nahe der Kanalküste wurden aufgegeben und das SGL West weiter im Landes<strong>in</strong>neren<br />

e<strong>in</strong>gesetzt. Karl He<strong>in</strong>z Ribitzki berichtet, <strong>in</strong> Arras seien »versch[iedene]. Arbeiten auszuführen« gewesen,<br />

»[z]. B. Bl<strong>in</strong>dgänger buddeln, Bombentrichter zuschütten, <strong>die</strong> Bahngleise[,] welche den Bomben<br />

zum Opfer fielen[,] mussten ausgewechselt werden«. 382 Folgende weitere E<strong>in</strong>satzorte des Kdos. X s<strong>in</strong>d<br />

bekannt: Landrethun-le-Nord (bzw. Mimoyecques) 383 , R<strong>in</strong>xent 384 , Caudry 385 , St. Pol-sur-Ternoise 386<br />

und Berlemont 387 .<br />

381 Int. Hoppe 1992, zit. n. SAATHOFF u. a. 1993, S. 67.<br />

382 Ber. Ribitzki o. D. – Karl He<strong>in</strong>z Ribitzki wurde am 04.04.1922 <strong>in</strong> Dortmund geboren. 1941 leistete er se<strong>in</strong>e<br />

RAD-Zeit <strong>in</strong> Polen ab, danach wurde er zur <strong>Wehrmacht</strong> e<strong>in</strong>gezogen. Nach mehreren Gefechten als Angehöriger<br />

der 376. Division bei Charkow (Ukra<strong>in</strong>e) habe er sich von se<strong>in</strong>er Truppe abgesetzt; e<strong>in</strong> zweisprachiges<br />

Flugblatt, das er zuvor gefunden und e<strong>in</strong>gesteckt hatte, habe es ihm erleichtert, mehrere Wochen Unterschlupf<br />

bei sowjetischen Zivilisten zu f<strong>in</strong>den, ehe er von rumänischen Offizieren verhaftet worden sei. E<strong>in</strong> Feldkriegsgericht<br />

<strong>in</strong> Woroschilowgrad habe Ribitzki am 20.10.1942 wegen Fahnenflucht oder unerlaubter Entfernung<br />

zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt. Etwa im Februar oder März 1943 sei er im SGL II Aschendorfermoor<br />

angekommen, von wo er im Herbst 1943 zum Kdo. X zunächst nach Calais, dann nach Arras und im<br />

September 1944 nach Lendr<strong>in</strong>gsen (siehe unten) gekommen sei. Von Lendr<strong>in</strong>gsen aus sei er dann nach Torgau<br />

gebracht worden, wo er auf se<strong>in</strong>e Eignung <strong>für</strong> <strong>die</strong> Bewährungstruppe geprüft worden sei. Der Krieg endete<br />

<strong>für</strong> ihn auf dem Transport zu se<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>satzziel <strong>in</strong> der Nähe von Hamburg (Ber. Ribitzki 1989; SAAT-<br />

HOFF u. a. 1993, S. 51 - 53; SCHNACKENBERG 1997, S. 106 - 109). – Trotz <strong>in</strong>tensiver Recherchen konnten <strong>in</strong><br />

den ELL-Akten ke<strong>in</strong>e Unterlagen zu Karl He<strong>in</strong>z Ribitzki ermittelt werden.<br />

Auch Johann Scholtyssek erzählt von e<strong>in</strong>er Tätigkeit beim Kdo. X: »Denn Bahnhöfe aufräumen, unter<br />

Bombenhagel, Schienen wieder biegen und <strong>die</strong> Bahnhöfe wieder richtig machen, dass das gängig ist.« (zit. n.<br />

SAATHOFF u. a. 1993, S. 105; zu Scholtyssek siehe auch Kap. 4.4.3 Anm. 107). – Helmut Schulz war im<br />

Raum Amiens ebenfalls mit Eisenbahnarbeiten beschäftigt (Int. Helmut Schulz 1999; zu Schulz siehe auch<br />

Kap. 4.3.4).<br />

383 Werner Surma gibt an, er sei von Calais nach »Lott<strong>in</strong>gham« verlegt worden; bei <strong>die</strong>sem Ort handelt es sich<br />

um Landrethun-le-Nord (zwischen Calais und Boulogne-sur-Mer, südlich von Pihen-lès-Guînes). Die Baustelle<br />

e<strong>in</strong>er V 3-Abschussbasis befand sich bei dem kle<strong>in</strong>en Nachbarort Mimoyecques (Transkript e<strong>in</strong>es Int. v.<br />

Werner Surma mit Johannes Föll o. D., zit. n. FÖLL 1996, Anhang 1, S. 55; KERN/PREVISANI 1996). – Da Pihen-lès-Guînes<br />

ganz <strong>in</strong> der Nähe liegt, ist es denkbar, dass beide E<strong>in</strong>satzorte das gleiche Kdo. bezeichnen.<br />

Werner Surma wurde am 17.04.1922 <strong>in</strong> Ratibor (Oberschlesien, polnisch Racibórz) geboren; se<strong>in</strong> Vater war<br />

Inhaber e<strong>in</strong>er Matratzen- und Bettenfabrik, se<strong>in</strong>e Mutter e<strong>in</strong>e von Hitler begeisterte Russ<strong>in</strong>. Der Sohn trat bereits<br />

mit acht Jahren <strong>in</strong> <strong>die</strong> HJ e<strong>in</strong> und stu<strong>die</strong>rte nach der Schule am Konservatorium <strong>in</strong> Breslau Musik. Als<br />

se<strong>in</strong> Studium abgeschlossen war, arbeitete er an mehreren Musikschulen und zuletzt bei der Stabsmusik <strong>in</strong><br />

Wien, ehe ihn e<strong>in</strong> Vorgesetzter gedrängt habe, sich „freiwillig“ zur <strong>Wehrmacht</strong> zu melden. Bei e<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>satz<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Bunker an der Ostfront habe er sich über <strong>die</strong> Unvernünftigkeit e<strong>in</strong>es Vorgesetzten geärgert, sei mit<br />

<strong>die</strong>sem <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e heftige verbale Ause<strong>in</strong>andersetzung geraten und wegen Offiziersbeleidigung und „Wehrkraftzersetzung“<br />

angezeigt worden. Aus Angst vor der gerichtlichen Bestrafung sei er zur Jahreswende 1942/43<br />

geflohen, mehrfach wiederergriffen worden und erneut geflüchtet. Am 13.04.1943 belegte das Gericht des<br />

Komman<strong>die</strong>renden Generals und Befehlshabers im Luftgau III, Bereich Dresden, Surma wegen Fahnenflucht<br />

mit der Todesstrafe, <strong>die</strong> später auf dem „Gnadenwege“ <strong>in</strong> zehn Jahre Zh. umgewandelt wurde. Am 19.08.<br />

1943 wurde er <strong>in</strong>s SGL II Aschendorfermoor e<strong>in</strong>geliefert, von wo er im Herbst 1943 zum Kdo. West gekommen<br />

sei. Am 29.04.1944 gelang ihm während e<strong>in</strong>es Bombenangriffs <strong>die</strong> Flucht; er habe sich als Bulgare ausgegeben<br />

und bei Bauern gearbeitet. Als ihn Polizisten aufgriffen, sei er <strong>in</strong> e<strong>in</strong> »E<strong>in</strong>deutschungslager <strong>für</strong> Polen«<br />

nach H<strong>in</strong>zert (zwischen Trier und Idar-Oberste<strong>in</strong>, heute Geme<strong>in</strong>de H<strong>in</strong>zert-Pölert, Landkreis Trier-Saarburg)<br />

gebracht worden. Erneut habe er mehrfach fliehen können, unterbrochen von Aufenthalten im Arbeitslager<br />

Frankfurt-Heddernheim und – nach se<strong>in</strong>er Enttarnung – <strong>in</strong> den KZs Buchenwald (bei Weimar) und Theresienstadt<br />

(an der Elbe, südlich von Leitmeritz, zwischen Prag und Dresden, tschechisch Terez<strong>in</strong>). Während<br />

e<strong>in</strong>es Transports gelang ihm Mitte April 1945 <strong>die</strong> endgültige Flucht; nach e<strong>in</strong>em Aufenthalt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Flüchtl<strong>in</strong>gslager<br />

<strong>für</strong> Deutsche <strong>in</strong> Z<strong>in</strong>nwald (an der heutigen deutsch-tschechischen Grenze, zwischen Dresden und<br />

Teplitz) konnte Surma nach Hause zurückkehren. Er übersiedelte nach Stuttgart und war dort als Musiker bei

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