18.11.2012 Aufrufe

Ziviler Strafvollzug für die Wehrmacht. Militärgerichtlich Verurteilte in ...

Ziviler Strafvollzug für die Wehrmacht. Militärgerichtlich Verurteilte in ...

Ziviler Strafvollzug für die Wehrmacht. Militärgerichtlich Verurteilte in ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

- 34 -<br />

e<strong>in</strong>e Gefahr <strong>für</strong> <strong>die</strong> Manneszucht der Truppe bilden, bei denen aber e<strong>in</strong>e kriegsgerichtliche Bestrafung<br />

nicht e<strong>in</strong>treten kann«. 15 Es s<strong>in</strong>d <strong>die</strong>s <strong>die</strong> 1936 e<strong>in</strong>gerichteten Sonderabteilungen. Sie waren vorgesehen<br />

<strong>für</strong> folgende Gruppen:<br />

»a) Wehrpflichtige, <strong>die</strong> auf Grund ihres Vorlebens als Gefahr <strong>für</strong> den Geist der Truppe anzusehen<br />

s<strong>in</strong>d, soweit sie sich nicht bei Erfüllung der Arbeits<strong>die</strong>nstpflicht e<strong>in</strong>wandfrei geführt haben.<br />

[…]<br />

b) Soldaten, deren Verbleiben <strong>in</strong> der Truppe wegen ihrer gesamten Haltung, E<strong>in</strong>stellung und<br />

Ges<strong>in</strong>nung unerwünscht ist. […]<br />

c) Soldaten, <strong>die</strong> wegen unehrenhafter Handlungen gerichtlich bestraft s<strong>in</strong>d und deren Weiteroder<br />

Nach<strong>die</strong>nen <strong>in</strong> der Truppe aus <strong>die</strong>nstlichen und diszipl<strong>in</strong>aren Gründen unerwünscht<br />

ist.« 16<br />

Die Überweisung zu e<strong>in</strong>er Sonderabteilung geschah also aufgrund von schlechten Beurteilungen<br />

durch Vorgesetzte bzw. von <strong>die</strong>sen verhängte Diszipl<strong>in</strong>arstrafen. 17 Sieben <strong>die</strong>ser E<strong>in</strong>heiten wurden<br />

beim Heer und jeweils e<strong>in</strong>e bei Luftwaffe und Mar<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>gerichtet. 18 KLAUSCH beschreibt ihren Charakter<br />

wie folgt:<br />

»E<strong>in</strong>er <strong>in</strong> Teilbereichen gegebenen weitreichenden Gleichstellung mit regulären <strong>Wehrmacht</strong>sangehörigen<br />

(z. B. bei Besoldung und Verpflegung) standen e<strong>in</strong>e verschärfte Überwachung, e<strong>in</strong><br />

weitgehendes Urlaubsverbot, Ausgangsbeschränkungen sowie andere Härten und Entbehrungen<br />

gegenüber. „Straffster Dienst“ und „unermüdliche Fürsorge“ bildeten <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>schlägigen Richtl<strong>in</strong>ien<br />

<strong>die</strong> zentralen Begriffe, nach denen sich <strong>die</strong> Behandlung der Del<strong>in</strong>quenten ausrichten sollte.«<br />

19<br />

Bei guter Führung <strong>in</strong> der Sonderabteilung w<strong>in</strong>kte den „Erziehungsmännern“ <strong>die</strong> Versetzung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />

reguläre E<strong>in</strong>heit. Diejenigen, <strong>die</strong> sich jedoch <strong>in</strong> den Augen der <strong>Wehrmacht</strong> »böswillig allen Erziehungsmaßnahmen<br />

widersetzten«, konnten aus dem aktiven Wehr<strong>die</strong>nst entlassen und der Polizei zur<br />

E<strong>in</strong>weisung <strong>in</strong> e<strong>in</strong> KZ übergeben werden. KLAUSCH schätzt, dass bis Kriegsbeg<strong>in</strong>n zwischen 3.000<br />

und 6.000 Soldaten <strong>die</strong>se „Sonderformationen“ durchliefen, von denen etwa 120 schließlich den zuletzt<br />

geschilderten Weg gehen mussten; <strong>die</strong>se KZ-Häftl<strong>in</strong>ge seien <strong>die</strong> ersten der Kategorie „SAW“<br />

(Sonderaktion bzw. -abteilung <strong>Wehrmacht</strong>) gewesen. Zu Beg<strong>in</strong>n des Zweiten Weltkrieges wurden <strong>die</strong><br />

Sonderabteilungen aufgelöst, ihre Angehörigen normalen Fronte<strong>in</strong>heiten zugeteilt oder aber, sofern<br />

man sie als »unverbesserliche <strong>Wehrmacht</strong>sschädl<strong>in</strong>ge« e<strong>in</strong>stufte, <strong>in</strong> KZs überwiesen. 20<br />

Schon im Februar 1940 wurden beim Feld- und beim Ersatzheer erneut Sonderabteilungen e<strong>in</strong>gerichtet,<br />

wobei nun »das bekannte Pr<strong>in</strong>zip von „Zuckerbrot und Peitsche“ e<strong>in</strong>e deutliche Gewichtung<br />

h<strong>in</strong> zur „Peitsche“ erfuhr«; der zu rekrutierende Personenkreis wurde <strong>die</strong>ses Mal so umrissen:<br />

»In <strong>die</strong> Sonderabteilungen gehören bestimmungsgemäß Schwererziehbare. Darunter fallen <strong>die</strong><br />

Gruppen der Faulen, Nachlässigen, Schmutzigen, Widersetzlichen, Renitenten, Anti- und Asozia<br />

15<br />

Kurze Übersicht über Organisation und Aufgaben des <strong>Wehrmacht</strong>strafvollzugs, der Bewährungstruppe sowie<br />

der Sondere<strong>in</strong>heiten des Heeres, 16.03.1943, zit. n. KLAUSCH – Erziehungsmänner 1995, S. 68. – Bei SEIDLER<br />

(1991, S. 150 - 166) werden <strong>die</strong> Sondere<strong>in</strong>heiten dennoch im Kapitel „Strafvollstreckungsformen“ behandelt.<br />

Im Gegensatz zu den <strong>in</strong> hier erörterten Erziehungs- und Strafe<strong>in</strong>heiten werden <strong>die</strong> Bewährungstruppen von<br />

<strong>Wehrmacht</strong> und SS <strong>in</strong> Kap. 4.2.3 behandelt.<br />

16<br />

Aufstellungsbefehl d. Reichskriegsm<strong>in</strong>isters v. 25.05.1936, zit. n. KLAUSCH – Bewährungstruppe 1995, S. 22.<br />

17<br />

WÜLLNER 1997, S. 661f.<br />

18<br />

Zu den Stationierungsorten vgl. KLAUSCH, ebd., S. 21f.<br />

19<br />

Ders. – Erziehungsmänner 1995, S. 69.<br />

20<br />

Ebd., S. 69f. – Die Ende 1939 <strong>in</strong>s KZ Sachsenhausen (bei Oranienburg, nordwestlich von Berl<strong>in</strong>) e<strong>in</strong>gelieferten<br />

„SAW“-Häftl<strong>in</strong>ge wurden besonders schwer misshandelt (Ebd., S. 70).

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!