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Ziviler Strafvollzug für die Wehrmacht. Militärgerichtlich Verurteilte in ...

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nannten Lager sollen nach Aussage von Albert Göbel sogar etwa 100 Häftl<strong>in</strong>ge – e<strong>in</strong> Fünftel der Lagerbelegung<br />

– <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er »Experimentierbaracke« mit Läusen und Phlegmonen verseucht worden se<strong>in</strong>. 332<br />

Ende Juni 1943 wurde e<strong>in</strong> dritter Gefangenentransport von Stett<strong>in</strong> aus gestartet, dem nur etwa 100<br />

bisherige ELL-Häftl<strong>in</strong>ge sowie ca. 500 Insassen anderer Strafanstalten angehört haben sollen. Von Alta<br />

aus seien <strong>die</strong> Sträfl<strong>in</strong>ge auf <strong>die</strong> Lager Oxsberg, Vuggenes, Aiseroaivve – <strong>die</strong> Lage <strong>die</strong>ser drei Orte<br />

ist gänzlich unbekannt – sowie Alta und Oxselv aufgeteilt worden. 333 Weitere Lagerorte, <strong>die</strong> nur sehr<br />

unsicher bzw. überhaupt nicht lokalisiert werden konnten, s<strong>in</strong>d Breidal 334 , Stokkedalen 335 , Levdun und<br />

Veidal.<br />

Im Frühjahr 1944 war e<strong>in</strong> weiterer Transport mit ‚Nachschub‘ an Gefangenenarbeitskräften <strong>für</strong> das<br />

Kdo. Nord vorgesehen. Ungefähr 650 Insassen diverser deutscher Anstalten wurden zu <strong>die</strong>sem Zweck<br />

zunächst <strong>in</strong>s Emsland gebracht, dem Vernehmen nach überwiegend – möglicherweise auch komplett –<br />

nach Börgermoor; 336 auch <strong>die</strong> Untersuchung <strong>die</strong>ser Häftl<strong>in</strong>ge durch den offensichtlich extra dazu aus<br />

Norwegen angereisten Regierungsmediz<strong>in</strong>alrat Thurn ist belegt 337 . Aus ke<strong>in</strong>em der Sträfl<strong>in</strong>gs-Berichte<br />

geht jedoch hervor, dass tatsächlich e<strong>in</strong> weiterer Transport <strong>in</strong> Nordnorwegen angekommen wäre, 338 so<br />

dass davon ausgegangen werden kann, dass er niemals zustande kam – Gründe s<strong>in</strong>d nicht bekannt. Die<br />

Häftl<strong>in</strong>ge, <strong>die</strong> man „<strong>für</strong> Norwegen“ <strong>in</strong> <strong>die</strong> ELL verlegt hatte, wurden dem Vernehmen nach zu Tätigkeiten,<br />

<strong>die</strong> gerade <strong>für</strong> wichtig erachtet wurden, anderen Vollzugse<strong>in</strong>richtungen zugeleitet. 339<br />

Johann H. beispielsweise, dessen Fall <strong>in</strong> Kap. 5.1.2.1.3 behandelt wurde, war am 23.03.1944 von<br />

der Außenstelle Pock<strong>in</strong>g des Gefängnisses München-Stadelheim aus <strong>in</strong>s SGL I gebracht worden. Die<br />

332 Int. v. Elke Suhr mit Göbel, 1981, zit. n. SUHR – Emslandlager 1985, S. 171; vgl. auch Ber. Göbel o. D. –<br />

SUHR (ebd.) vermutet, <strong>die</strong> <strong>Wehrmacht</strong> habe dabei »Möglichkeiten der Immunisierung gegen Fleckentyphus<br />

und andere Krankheiten erproben« wollen. – Göbel ist allerd<strong>in</strong>gs der e<strong>in</strong>zige Gef., der davon berichtet, obwohl<br />

dort z. B. auch SCHLUCKNER e<strong>in</strong>e Zeit lang <strong>in</strong>haftiert war, der solche Vorgänge jedoch nicht erwähnt.<br />

Auch der Bericht von Sonnack u. a. (o. J. (wie Anm. 317), S. 180 - 182), der sich ausführlich mit den Verhältnissen<br />

<strong>in</strong> Raxevarre beschäftigt, erwähnt nichts von Experimenten an Gef.<br />

333 Sonnack u. a., ebd., S. 183f. – Aufgrund der Ausschiffung <strong>in</strong> Alta ist e<strong>in</strong>e Nähe der Lagerorte zu <strong>die</strong>ser Hafenstadt<br />

zu vermuten; <strong>die</strong>s ist jedoch anderweitig nicht belegbar. – Alternative Schreibungen: Ohrberg; Fuggenes;<br />

Aisaroive, Aisariove.<br />

Der Anstieg der Gef.-Arbeitskräfte lässt sich auch durch e<strong>in</strong>e Arbeitsstatistik belegen: Waren im Bereich<br />

der OT-Oberbauleitung Alta im Juli 1943 noch 1.098 Strafgef. beschäftigt, waren es im August 1943 1.611<br />

(Übersichten zum E<strong>in</strong>satz der E<strong>in</strong>satzgruppe Wik<strong>in</strong>g <strong>in</strong> Norwegen, <strong>in</strong>sbesondere zum E<strong>in</strong>satz von Stafgefangenen<br />

(Juli 1943 - April 1944), zit. n. KW 1983, Dok. C I/7.03, S. 948 - 962, hier S. 956).<br />

334 Etwa 9 km südlich von Skaidi an der Straße Alta - Skaidi gibt es e<strong>in</strong>en Ort namens Breiddalstua; vielleicht<br />

befand sich dort oder <strong>in</strong> der Nähe der Lagerstandort Breidal.<br />

335 Südwestlich von Narvik <strong>in</strong> der Nähe von Ballangen gibt es e<strong>in</strong>e Ortschaft Stokkedal; hier könnte <strong>die</strong>ses Lager<br />

vermutet werden, <strong>die</strong> relativ große Entfernung zu allen anderen Lagerorten spricht jedoch nicht da<strong>für</strong>.<br />

336 Die »Liste der aus den Anstalten des Reiches überwiesenen Gefangenen <strong>für</strong> den Wik<strong>in</strong>g-E<strong>in</strong>satz« (StA OS,<br />

Rep. 947 L<strong>in</strong> I Nr. 778) umfasst 703 Namen von Gef., <strong>die</strong> zwischen Februar (?) und Mai 1944 <strong>in</strong> <strong>die</strong> ELL<br />

überstellt werden sollten. 51 Namen <strong>in</strong> der Aufstellung wurden nachträglich durchgestrichen, so dass wahrsche<strong>in</strong>lich<br />

652 Gef. tatsächlich überstellt wurden.<br />

337 Wie Anm. 156.<br />

338 Insbesondere <strong>in</strong> dem detaillierten Bericht von Sonnack u. a. (Ber. o. J. (wie Anm. 317), <strong>in</strong> dem alle Transporte<br />

e<strong>in</strong>gehend behandelt werden, hätte auch e<strong>in</strong>e vierte Überführung hunderter Gef. <strong>in</strong>s SGL Nord erwähnt<br />

se<strong>in</strong> müssen, wenn sie tatsächlich vollzogen worden wäre.<br />

339 Darauf deutet u. a. e<strong>in</strong>e Passage <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em offiziellen Schreiben, demzufolge »nunmehr <strong>die</strong> <strong>für</strong> den Wik<strong>in</strong>ge<strong>in</strong>satz<br />

vorgesehenen[,] aus anderen Anstalten des Reiches hierher [<strong>in</strong> <strong>die</strong> ELL] zugeführten Gefangenen auf Anordnung<br />

des Herrn Reichsm<strong>in</strong>isters der Justiz restlos <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>für</strong> sie nachträglich bestimmten Anstalten überstellt<br />

worden s<strong>in</strong>d«. Mit Letzteren s<strong>in</strong>d offenbar weder <strong>die</strong> abgebenden Anstalten noch <strong>die</strong> SGL Nord geme<strong>in</strong>t<br />

(KdSGL an Vh. SGL VII, 18.07.1944, Rep. 947 L<strong>in</strong> I Nr. 726).

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