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Ziviler Strafvollzug für die Wehrmacht. Militärgerichtlich Verurteilte in ...

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fert. 64 Über se<strong>in</strong>e Haftzeit dort ist nichts bekannt. Im Nachh<strong>in</strong>e<strong>in</strong> betrachtet hatte Kohnen – angesichts<br />

des oben erwähnten Schicksals der im Januar 1945 noch <strong>in</strong> den ELL e<strong>in</strong>sitzenden luxemburgischen<br />

Häftl<strong>in</strong>ge – großes Glück, denn Ende 1944 wurde er bereits zur Überprüfung se<strong>in</strong>er Eignung <strong>für</strong> <strong>die</strong><br />

Bewährungstruppe <strong>in</strong>s <strong>Wehrmacht</strong>gefängnis Torgau-Fort Z<strong>in</strong>na verlegt.<br />

Im Januar 1945 kam er nahe Krakau erstmals wieder zum E<strong>in</strong>satz; wie er später berichtete, habe er<br />

»bis zu zwanzig Stunden auf Posten« stehen müssen, so dass e<strong>in</strong>e Erholung von den Strapazen des<br />

ELL-Aufenthalts – auch angesichts der schlechten Verpflegung bei der Bewährungse<strong>in</strong>heit – nicht<br />

möglich gewesen sei. E<strong>in</strong> »fanatischer Gruppenführer« meldete ihn, weil er »im Traum von ‚Überlaufen‘<br />

phantasiert und Äußerungen gegen <strong>die</strong> <strong>Wehrmacht</strong> gemacht« hätte. Doch erneut hatte er Glück,<br />

denn se<strong>in</strong>e Vorgesetzten glaubten ihm, dass er nur e<strong>in</strong>en Schwächeanfall gehabt habe, und er kam mit<br />

der Versetzung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e andere Kompanie davon. 65 Als Kohnen Anfang Mai am Verhalten se<strong>in</strong>er Vorgesetzten<br />

und der »Nervosität« se<strong>in</strong>er Kameraden merkte, »dass etwas <strong>in</strong> der Luft lag«, beschloss er,<br />

bei der erstbesten Gelegenheit überzulaufen. Im Schutz der Dunkelheit und obwohl dabei von e<strong>in</strong>em<br />

»fanatischen Bewacher« auf ihn geschossen wurde, gelang ihm im Sudetenland schließlich der Übertritt<br />

zu tschechischen Partisanen. Im Juli 1945 konnte Kohnen nach Luxemburg zurückkehren. 66<br />

Das letzte hier zu erörternde Gebiet, <strong>in</strong> dem nach der Annektion Zwangsrekrutierungen vorgenommen<br />

wurden, ist der Nordteil Sloweniens. Dieser gehörte bis 1919 zum österreichischen Teil der Donaumonarchie<br />

und fiel nach dem Friedensvertrag von Sa<strong>in</strong>t-Germa<strong>in</strong> e<strong>in</strong>schließlich e<strong>in</strong>iger Landstriche<br />

Kärntens und der Steiermark an das neue Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen (ab 1929<br />

Jugoslawien genannt). 67 Als im April 1941 <strong>die</strong> deutsche <strong>Wehrmacht</strong> Jugoslawien überfiel und besiegte,<br />

wurde Slowenien – wie auch der restliche jugoslawische Staat – erneut aufgeteilt: Die nördlichen<br />

Gebiete (Oberkra<strong>in</strong>, Südkärnten und <strong>die</strong> Untersteiermark mit dem Zentrum Marburg, dem slowenischen<br />

Maribor) wurden ohne formelle Annektierung dem Großdeutschen Reich e<strong>in</strong>verleibt, der südliche<br />

Teil Sloweniens mit der Hauptstadt Laibach (slowenisch Ljubljana) Italien zugesprochen. Chef<br />

der Zivilverwaltung (CdZ) <strong>in</strong> Oberkra<strong>in</strong> wurde der Kärntner Gauleiter und Reichsstatthalter Friedrich<br />

Ra<strong>in</strong>er, <strong>in</strong> der Untersteiermark wurde der steirische Gauleiter Siegfried Uiberreither mit <strong>die</strong>sem Amt<br />

betraut. Bald setzte e<strong>in</strong>e „E<strong>in</strong>deutschungspolitik“ e<strong>in</strong>, <strong>die</strong> zur Bildung der Vere<strong>in</strong>igungen „Kärntner<br />

Volksbund“ und „Steirer Heimatbund“ führte; beide Gruppierungen sollten auch Druck auf <strong>die</strong> deutsche<br />

Bevölkerung Sloweniens mit dem Ziel zahlreicher „freiwilliger“ Meldungen zur <strong>Wehrmacht</strong> und<br />

Waffen-SS ausüben. Wie <strong>in</strong> den anderen Annektionsregionen wurde der „artverwandten“, „heimattreuen<br />

Bevölkerung der befreiten Gebiete“ <strong>die</strong> deutsche Staatsangehörigkeit auf Widerruf zuerkannt. 68<br />

64 Namensverzeichnis d. Durchgangsgef. d. HA L<strong>in</strong>gen, 1941 - 1945, StA OS, ebd. Nr. 134. Fernand Kohnen<br />

wird hier mit e<strong>in</strong>gedeutschtem Vornamen »Ferd<strong>in</strong>and« aufgeführt.<br />

65 Bericht von Fernand Kohnen, o. D., zit. n. KLAUSCH, ebd.; vgl. auch AUSLÄNDER, ebd.<br />

66 Bericht von Fernand Kohnen, o. D., zit. n. KLAUSCH, ebd., S. 312; vgl. auch AUSLÄNDER, ebd.<br />

67 Auch <strong>in</strong> Teilen des übrigen Kärntens hatte im Oktober 1920 e<strong>in</strong>e Volksabstimmung stattgefunden, <strong>die</strong> jedoch<br />

mit 57 % Zustimmung den Verbleib bei Österreich ergab.<br />

68 Etwa 500.000 von 800.000 E<strong>in</strong>wohnern der slowenischen Gebiete sollen <strong>die</strong>se Staatsangehörigkeit auf Widerruf<br />

erhalten haben (MADAJCZYK 1988, S. 469).

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