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Ziviler Strafvollzug für die Wehrmacht. Militärgerichtlich Verurteilte in ...

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- 8 -<br />

Geschichtsschreibung“ geht WÜLLNER 1991 noch e<strong>in</strong>gehender mit Schw<strong>in</strong>ge und dessen Thesen <strong>in</strong>s<br />

Gericht. 30<br />

Nur e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziger Wissenschaftler hält jedoch noch immer SCHWELING/SCHWINGE <strong>die</strong> Treue: Franz<br />

W. SEIDLER, Professor <strong>für</strong> Neuere Geschichte an der Universität der Bundeswehr <strong>in</strong> München. SEID-<br />

LERs Werke wie „Die Militärgerichtsbarkeit der Deutschen <strong>Wehrmacht</strong> 1939 - 1945“ und „Fahnenflucht.<br />

Der Soldat zwischen Eid und Gewissen“ 31 liefern zwar hilfreiche Fakten und geben E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong><br />

bisher unveröffentlichte Quellen; es zeigt sich jedoch e<strong>in</strong> »teilweise eklatanter Mangel an Quellenkritik,<br />

der wesentlich der apologetischen Grunde<strong>in</strong>stellung geschuldet ist«. 32 Zur erstgenannten Veröffentlichung<br />

bemerkt Norbert HAASE, sie solle »ansche<strong>in</strong>end der Beschwichtigung e<strong>in</strong>er durch <strong>die</strong> Diskussion<br />

über <strong>die</strong> <strong>Wehrmacht</strong>justiz verunsicherten Klientel von <strong>Wehrmacht</strong>-Traditionalisten <strong>die</strong>nen«.<br />

HAASEs E<strong>in</strong>stufung der Kapitel zum militärischen <strong>Strafvollzug</strong> und ganz besonders desjenigen über<br />

<strong>die</strong> ELL als »[u]nzureichend, entstellend und oberflächlich« 33 ist nichts h<strong>in</strong>zuzufügen.<br />

Seit etwa Mitte der 80er Jahre wurde der wissenschaftliche und gesellschaftliche Diskurs bezüglich<br />

der Militärjustiz mit zwei weiteren Gesichtspunkten verbunden: zum e<strong>in</strong>en der „Deserteurs-Debatte“,<br />

zum anderen dem Wirken der <strong>Wehrmacht</strong> im „Vernichtungskrieg“ im Osten. Die erste Verknüpfung<br />

liegt auf der Hand, waren doch <strong>die</strong> Deserteure, „Wehrkraftzersetzer“ usw. <strong>die</strong> Hauptopfer der Kriegsgerichte<br />

gewesen. Im Rahmen der Friedensbewegung, <strong>die</strong> nach neuen Vorbildern suchte, wurden <strong>die</strong><br />

Deserteure aus ihrem tra<strong>die</strong>rten Ansehen als „Vaterlandsverräter“ herausgelöst; <strong>in</strong> vielen Städten bemühten<br />

sich Initiativen, dem „unbekannten Deserteur“ e<strong>in</strong> Denkmal zu setzen, was wiederum bei ihren<br />

Gegnern erbitterten Widerstand auslöste. 34 Es wurde e<strong>in</strong>e Reihe von regionalgeschichtlichen Stu<strong>die</strong>n<br />

ausgelöst, als deren erste (1985) und richtungsweisende „Ich habe <strong>die</strong> Metzelei satt und laufe<br />

über…“ des Kasseler Wissenschaftlers Jörg KAMMLER hervorzuheben ist. 35 Den Ansatz e<strong>in</strong>er „unteren<br />

L<strong>in</strong>ie“ des militärischen Widerstandes von WEISENBORN wiederaufnehmend, spürte <strong>die</strong> durch sozial-,<br />

alltags- und regionalhistorische Impulse erweiterte Geschichtswissenschaft verstärkt e<strong>in</strong>er „Militärgeschichte<br />

von unten“ (so auch der Untertitel e<strong>in</strong>es Sammelbandes von Wolfram WETTE 36 ) nach. In dem<br />

gerechten Streben nach Rehabilitierung und Entschädigung schlossen sich 1990 ehemalige Deserteure,<br />

„Wehrkraftzersetzer“ u. a. zur „Bundesvere<strong>in</strong>igung Opfer der NS-Militärjustiz“ zusammen.<br />

Auch <strong>die</strong> Verb<strong>in</strong>dung zur Rolle der <strong>Wehrmacht</strong> im Krieg gegen <strong>die</strong> Sowjetunion und andere osteuropäische<br />

Staaten rückte <strong>in</strong>s Zentrum des wissenschaftlichen Interesses. Angestoßen wurde <strong>die</strong>s pri<br />

Ersten Weltkrieg wurden nur 48 Soldaten h<strong>in</strong>gerichtet. Die Zahlen der alliierten Staaten im Zweiten Weltkrieg:<br />

In den USA gab es 763 Todesurteile, davon 146 vollstreckt. Die Zahl der ausgesprochenen Todesstrafen<br />

ist <strong>für</strong> Großbritannien und Frankreich nicht bekannt; h<strong>in</strong>gerichtet wurden 40 Briten und ca. 102 Franzosen. In<br />

Italien waren es 156 Todesurteile, von denen 88 vollstreckt wurden (Ebd., S. 11).<br />

30 WÜLLNER 1997.<br />

31 SEIDLER 1991 bzw. 1993.<br />

32 KLAUSCH – Bewährungstruppe 1995, S. 7; vgl. auch SCHNACKENBERG 1997, S. 11 Anm. 9.<br />

33 HAASE – Gefahr 1996, S. 28.<br />

34 Siehe hierzu auch Kap. 4.3.8. – Zu den lokalen Arbeitsgruppen vgl. SOERGEL 1990; <strong>die</strong> Sammelbände von<br />

HAASE 1987, AUSLÄNDER 1990, WETTE 1995 und HAASE/PAUL 1995 fassen <strong>die</strong> Diskussion zusammen.<br />

35 KAMMLER 1997; weiter s<strong>in</strong>d hier u. a. zu nennen: FAHLE – Verweigern 1990 (Ems-Jade-Raum); MALLMANN/<br />

PAUL 1991 (Saarland); EBERLEIN u. a. 1994 (Marburg); REICHELT 1995 (München); HAASE – Gefahr 1996<br />

(Wilhelmshaven).<br />

36 WETTE 1992.

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