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Ziviler Strafvollzug für die Wehrmacht. Militärgerichtlich Verurteilte in ...

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- 62 -<br />

brauchte Hitler wieder Soldaten, ich kam <strong>in</strong>s Strafbataillon 999, dürr wie wir waren, mussten wir erst<br />

aufgepäppelt werden. Ich kam nach Afrika, dann <strong>in</strong> amerikanische Gefangenschaft.« 1947 sei er nach<br />

Hause entlassen worden. 67<br />

Wenn man Hans-Peter KLAUSCH glauben darf, so machten <strong>die</strong> militärgerichtlich <strong>Verurteilte</strong>n unter<br />

den 999ern e<strong>in</strong>en so ger<strong>in</strong>gen Anteil aus, dass sie »weder das Wesen noch <strong>die</strong> Ersche<strong>in</strong>ung <strong>die</strong>ser Sonderformationen<br />

prägten«. 68 Dieser Ansicht stehen <strong>die</strong> Zahlenangaben von Franz W. SEIDLER gegenüber,<br />

wonach von den bis zum 19.01.1943 zur „Afrika-Brigade 999“ überstellten 1.586 Zuchthausgefangenen<br />

500 von <strong>Wehrmacht</strong>stribunalen Bestrafte waren, also immerh<strong>in</strong> 31,5 %. 69 Wenn auch <strong>die</strong><br />

Behauptung von Paul GROSS, »dass <strong>die</strong> Stoßtruppen des Generals Rommel <strong>in</strong> Afrika nur aus ehemaligen<br />

Moorsoldaten bestanden«, 70 stark übertrieben se<strong>in</strong> dürfte, ist somit doch festzustellen, dass offensichtlich<br />

<strong>in</strong> den ersten Monaten ihrer Aufstellung <strong>in</strong> erheblichem Maße auch militärgerichtlich <strong>Verurteilte</strong><br />

zu <strong>die</strong>ser „Sonderformation“ e<strong>in</strong>gezogen wurden.<br />

Im September 1944 löste Himmler als neuer Befehlshaber des Ersatzheeres <strong>die</strong> Truppe auf. 71 Er<br />

wollte alle Bewährungse<strong>in</strong>heiten e<strong>in</strong>schließlich der „Bewährungstruppe“ der Waffen-SS, der Sonderformation<br />

„Dirlewanger“, unter se<strong>in</strong>er Kontrolle zu e<strong>in</strong>er »e<strong>in</strong>heitlichen Bewährungs-Division Dirlewanger«<br />

vere<strong>in</strong>igen, was aber am Widerstand der <strong>Wehrmacht</strong> scheiterte: Die E<strong>in</strong>richtung der „500er“<br />

blieb unverändert. Neben den zivilgerichtlich Bestraften sollten allerd<strong>in</strong>gs ab Herbst 1944 auch <strong>die</strong><br />

67<br />

Ber. Willy Schulz 1997 (1., 2. u. 4. Zitat); Gef.-Buch d. SGL VII, 1941/42, Gef.-Nr. 530/41, StA OS, ebd. Nr.<br />

1196 Bd. I (3. Zitat); Gef.-Karteikarte d. SGL VII zu Willy Schulz (Gef.-Nr. 916/42), 23.07.1942, StA OS,<br />

ebd. Nr. 463. – Weitere Übere<strong>in</strong>stimmungen mit Otto D.: Auf der Gef.-Karteikarte von Schulz (ebd.) f<strong>in</strong>det<br />

sich der gleiche Rechtsbezug <strong>für</strong> <strong>die</strong> Entlassung: »Verf[ügun]g. R[eichs-]J[ustiz-]M[<strong>in</strong>ister] bezüglich der<br />

Entlassung der Jahrgänge 08 und jünger«. Außerdem war der Abtransport ursprünglich offenbar <strong>für</strong> den 30.11.<br />

1942 geplant; <strong>die</strong>ses Datum ist bei beiden masch<strong>in</strong>enschriftlich e<strong>in</strong>getragen, dann jedoch handschriftlich <strong>in</strong> »1.<br />

Dezember« korrigiert worden (Vgl. auch Gef.-Karteikarte d. SGL VII zu Otto D. (ebd.)). – Willy Schulz verstarb<br />

im Oktober 2001 <strong>in</strong> Wesel (KÖSTERS 2002, S. 37).<br />

68<br />

KLAUSCH 1986, S. 25. – Diese Aussage bezieht sich auf <strong>die</strong> Zeit von Oktober 1942 bis Mitte 1944 (Ebd.).<br />

69<br />

SEIDLER 1991, S. 81. – Auch SEIDLER (1991, S. 81f. (Zitate S. 82)) berichtet von e<strong>in</strong>er Auswahl primär <strong>in</strong> den<br />

ELL, wobei aber Gef. mit krim<strong>in</strong>ellen Delikten denjenigen mit militärischen Vergehen vorgezogen worden<br />

seien. Ob <strong>die</strong> beiden hier angeführten Beispiele – Otto D. und Willy Schulz waren beide wegen Fahnenflucht,<br />

also e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>deutig militärischen Delikt verurteilt – gegen <strong>die</strong>se These sprechen, ist mangels Vergleichsmaterial<br />

nicht klärbar. SEIDLER schreibt weiter, <strong>die</strong> von <strong>Wehrmacht</strong>sgerichten Bestraften seien bei der Ausbildung<br />

auf dem Heuberg häufig als »Hilfsausbilder« herangezogen worden, da sie als E<strong>in</strong>zige »miltärisch vorgebildet«<br />

gewesen seien.<br />

70<br />

GROSS o. J. (wie Anm. 38). – Vgl. dazu auch <strong>die</strong> e<strong>in</strong>gehenderen Ausführungen bei KLAUSCH 1986 und SEID-<br />

LER 1991.<br />

71<br />

KLAUSCH – Erziehungsmänner 1995, S. 80. – Zum Charakter <strong>die</strong>ser Bewährungstruppe vgl. ebd., S. 76 - 80.<br />

Wahrsche<strong>in</strong>lich aus <strong>die</strong>sem Grunde – weil <strong>die</strong> Bewährungstruppe, <strong>für</strong> <strong>die</strong> sie vorgesehen waren, aufgelöst<br />

werden sollte oder bereits war – wurden <strong>die</strong> am 02.09.1944 vom Kdo. Nord <strong>in</strong>s SGL VII zurückgekehrten<br />

Gef. Franz Du., Kurt Kal., Helmut P. und Karl Sch. nicht mehr zur »Sonderform[ation].«, also den 999ern, <strong>für</strong><br />

<strong>die</strong> sie vorgesehen waren, geschickt, sondern blieben weitere fünf Monate <strong>in</strong> Esterwegen, ehe sie mit dem<br />

letzten Transport zur WGA Milowitz (siehe auch oben) <strong>in</strong> Richtung Bewährungstruppe 500 <strong>in</strong> Marsch gesetzt<br />

wurden, woh<strong>in</strong>gegen z. B. der mit dem gleichen Transport aus Norwegen <strong>in</strong>s SGL VII zurückgebrachte Ludwig<br />

F., der aber <strong>für</strong> »Torgau« vorgesehen war, nach eigenen Angaben schon Anfang November 1944 dorth<strong>in</strong><br />

gebracht wurde. Für <strong>die</strong>se Annahme spricht auch der Rechtsbezug (bei der Verlegung nach Milowitz statt<br />

nach Baumholder) »Verf[ügun]g. WBK L<strong>in</strong>gen vom 18.1.45« (»Namentliches Verzeichnis der aus dem Wik<strong>in</strong>ge<strong>in</strong>satz<br />

zurückgekehrten Strafgefangenen aus Anlass der Begnadigung oder der Nichte<strong>in</strong>satzfähigkeit«, o.<br />

D. [Aug./Sept. 1944], StA OS, Rep. 947 L<strong>in</strong> I Nr. 778 (1. u. 2. Zitat); Zugangsliste d. SGL VII, 02.09.1944,<br />

StA OS, ebd.; Abgangsliste d. SGL VII, 08.02.1945, StA OS, ebd. Nr. 800; handschriftl. AV o. D. auf Gef.-<br />

Karteikarte d. SGL VII zu Franz Du. (Gef.-Nr. 586/42), 09.07.1942, StA OS, ebd. Nr. 453 (3. Zitat); Ludwig<br />

F., Frankfurt am Ma<strong>in</strong>, an Verw. SGL VII, 05.05.1946, StA OS, ebd. Nr. 229 Bearb.-Nr. 47). – Zu Helmut P.<br />

siehe auch Kap. 5.4 Anm. 609.

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