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Ziviler Strafvollzug für die Wehrmacht. Militärgerichtlich Verurteilte in ...

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- 18 -<br />

Gründen <strong>in</strong>s Lager IX Versen verlegt. 41 Im SGL XIV Bathorn waren Strafgefangene m<strong>in</strong>destens von<br />

Juli bis September 1939 untergebracht, e<strong>in</strong> Vorkommando bereits ab Ende November 1938; 42 im Lager<br />

XI Groß-Hesepe waren Justizhäftl<strong>in</strong>ge ab Ende Juni 1939 43 . Dass auch <strong>in</strong> <strong>die</strong> übrigen Lager – also<br />

Wesuwe, Dalum, Wietmarschen und Alexisdorf – jemals Strafhäftl<strong>in</strong>ge e<strong>in</strong>gewiesen wurden, ist nicht<br />

anzunehmen; 44 wahrsche<strong>in</strong>lich wurden <strong>die</strong>se Barackenunterkünfte erstmals im Herbst 1939 mit<br />

Kriegsgefangenen belegt. 45<br />

In den emsländischen Justizgefangenenlagern wurden neben ‚gewöhnlichen‘ „Krim<strong>in</strong>ellen“ 46 sowie<br />

Homosexuellen, <strong>die</strong> gegen <strong>die</strong> § 175 oder § 175 a RStGB verstoßen hatten, 47 auch e<strong>in</strong>e beachtliche<br />

Zahl politischer Gefangener <strong>in</strong>haftiert. Die Schätzungen, welchen zahlenmäßigen Anteil <strong>die</strong> „Politischen“<br />

vor dem Krieg darstellten, differieren deutlich. 48 Da <strong>die</strong>se Sträfl<strong>in</strong>gsgruppe E<strong>in</strong>fluss auf <strong>die</strong> ansonsten<br />

tonangebenden „Krim<strong>in</strong>ellen“ gewannen, wurden im Juli 1937 alle politischen Häftl<strong>in</strong>ge der<br />

ELL im SGL II Aschendorfermoor zusammengefasst. Diese Maßnahme erzielte aber nicht <strong>die</strong> gewünschte<br />

Wirkung, so dass schon im folgenden Jahr wegen politischer Vergehen verurteilte Gefangene<br />

auch wieder <strong>in</strong> andere ELL e<strong>in</strong>gewiesen wurden. 49<br />

Anfang 1938 brachte M<strong>in</strong>isterialdirigent Rudolf Marx vom Reichsjustizm<strong>in</strong>isterium gegen Kommandeur<br />

Schäfer e<strong>in</strong> Dienststrafverfahren <strong>in</strong> Gang, bei dem <strong>die</strong> »ungenügende Überwachung der Lager«<br />

durch Schäfer – mit anderen Worten: Duldung und Veranlassung von Häftl<strong>in</strong>gsmisshandlungen<br />

durch <strong>die</strong> Wachmannschaften – im Mittelpunkt stand. 50 Aufgrund der E<strong>in</strong>flussnahme hoher Parteifunktionäre,<br />

v. a. des Gauleiters Weser-Ems Karl Röver, wurde Schäfer trotz geradezu erdrückender<br />

41<br />

WWA Meppen an RegPräs. OS, 15.07.1939, StA OS, Rep. 675 Mep Nr. 315 (= KW 1983, Dok. C I/5.04, S.<br />

896 - 900, hier S. 900); Aktionskomitee 1991, S. 53. – Nach anderen Angaben war Versen erst ab 21.06.1939<br />

mit Strafgef. belegt (ITS 1979, S. 727).<br />

42<br />

TITZ 1990, S. 32 - 34; ITS 1979, S. 728; Aktionskomitee 1991, S. 73.<br />

43<br />

ITS, ebd.<br />

44<br />

Dagegen spricht u. a., dass <strong>die</strong>se Lager – sowie das ja ca. vier Monate zuvor geräumte SGL X Fullen – <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Besprechung, <strong>in</strong> der es um <strong>die</strong> Übergabe der südlichen ELL an das OKW g<strong>in</strong>g, als nicht »mit Unterkunftsgeräten<br />

ausgestattet« bezeichnet werden (Niederschrift e<strong>in</strong>er Besprechung von Vertretern versch. M<strong>in</strong>isterien u.<br />

d. OKW, 29.09.1939, zit. n. KW 1983, Dok. D/2.03, S. 3403f., hier S. 3404).<br />

Bei HOHENGARTEN (1973, H. 1, S. 13) heißt es dagegen: »Während des Krieges <strong>die</strong>nten <strong>die</strong> Lager XII, XIV<br />

und XV zeitweilig auch als Gefängnisse und der Zentralverwaltung.« Warum jedoch <strong>die</strong> <strong>in</strong>zwischen als<br />

Kriegsgefangenenlager (siehe auch Kap. 2.2) genutzten Lager Dalum, Bathorn und Alexisdorf plötzlich wieder<br />

dem Papenburger KdSGL unterstanden haben sollen und auf welche Quellen er sich bei <strong>die</strong>ser Angabe<br />

stützt, gibt er nicht an; <strong>die</strong> Behauptung muss daher als ausgesprochen unwahrsche<strong>in</strong>lich bezeichnet werden.<br />

45<br />

Zu den südlichen ELL als Kriegsgefangenenlager siehe Kap. 2.2.<br />

46<br />

Der Begriff „Krim<strong>in</strong>eller“ ist der Alltagssprache entnommen, wird jedoch hier und im Folgenden nicht diskrim<strong>in</strong>ierend<br />

im S<strong>in</strong>ne von „Berufsverbrecher“ gebraucht, sondern bezeichnet Gefangene, <strong>die</strong> wegen Delikten<br />

verurteilt wurden, <strong>die</strong> <strong>in</strong> jeder Gesellschaftsform strafbar und nicht politisch motiviert s<strong>in</strong>d, wie Diebstahl, Unterschlagung,<br />

Körperverletzung, Erpressung usw.<br />

47<br />

Vgl. hierzu auch VON BÜLOW 2000, S. 144 - 147 u. 159 - 161, sowie HOFFSCHILDT 1999, S. 11. – Zu den von<br />

Kriegsgerichten bestraften „Sittlichkeitsdelikten“ siehe <strong>die</strong> Kap. 4.3.5.1 und 4.3.5.2.<br />

48<br />

Dies liegt e<strong>in</strong>erseits an unterschiedlichen Verhältnissen <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen Lagern, andererseits daran, dass <strong>die</strong><br />

verschiedenen Autoren divergierende Auffassungen über <strong>die</strong> Zuordnung von Delikten zur Gruppe der „politischen<br />

Straftaten“ vertreten. SUHR (Emslandlager 1985, S. 50) nennt e<strong>in</strong>en Anteil von »zeitweise etwa 20 %«<br />

Politischen, KOSTHORST/WALTER (1985, S. 263f.) kommen nur auf ca. 10 %, wobei jedoch alle militärgerichtlich<br />

<strong>Verurteilte</strong>n (siehe Kap. 2.2) unberücksichtigt blieben. BADRY (1968, S. 130) schätzt den Anteil auf 6 bis<br />

7 % vor und 10 bis 12 % während des Krieges. – Dazu Näheres <strong>in</strong> Kap. 4.3.7.<br />

49<br />

Die Massierung von Gleichges<strong>in</strong>nten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Lager ermutigte <strong>die</strong> Gef. teilweise sogar zu offenen Protestaktionen.<br />

Die 1937 <strong>in</strong> Aschendorfermoor zusammengezogenen „Politischen“ blieben dort dennoch, soweit sie<br />

nicht vorher entlassen worden waren, bis 1940 (SUHR, ebd., S. 49f. u. 158 - 166).

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