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Ziviler Strafvollzug für die Wehrmacht. Militärgerichtlich Verurteilte in ...

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richtet, er habe 1940 <strong>in</strong> Esterwegen ganz anderes erlebt: Mitgefangene, <strong>die</strong> ihr Pensum geschafft hatten,<br />

hätten sich nach verrichteter Arbeit <strong>in</strong> der Kuhle schlafen gelegt. 74<br />

Die Kuhlarbeit wurde im Gebiet Hilkenbrook am längsten und mit dem E<strong>in</strong>satz der meisten Gefangenen,<br />

<strong>die</strong> ausschließlich aus dem SGL Esterwegen kamen, betrieben. Das Interesse der Moorverwaltung<br />

war dabei nicht, <strong>die</strong> Häftl<strong>in</strong>ge so lange wie möglich mit schwersten körperlichen Tätigkeiten zu<br />

beschäftigen, um so den ‚berüchtigten‘ Ruf der „Moorlager“ zu rechtfertigen, wie KOSTHORST/WAL-<br />

TER vermuten; vielmehr waren wohl regionale Wirtschaftsbelange wie <strong>die</strong> Existenzfähigkeit und das<br />

Wohlergehen der Hilkenbrooker Siedler ausschlaggebend. 75<br />

War <strong>die</strong> Kuhlarbeit beendet und das Gelände erneut entwässert worden, konnte <strong>in</strong> der Regel <strong>die</strong><br />

landwirtschaftliche Nutzung beg<strong>in</strong>nen. Unter der Aufsicht der StMV bauten Strafgefangene zunächst<br />

vielfach Düngerpflanzen an, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Ergiebigkeit des Bodens verbessern sollten, oder der Erde wurde<br />

Kunstdünger zugeführt 76 . Bevor das Land an Siedler vergeben wurde, verg<strong>in</strong>gen mehrere Jahre, <strong>in</strong> denen<br />

<strong>die</strong> Moorverwaltung <strong>die</strong> Äcker von Häftl<strong>in</strong>gen bestellen und abernten ließ. Die landwirtschaftlichen<br />

Tätigkeiten <strong>für</strong> <strong>die</strong> StMV g<strong>in</strong>gen auch während des Zweiten Weltkrieges weiter, <strong>in</strong> der dritten<br />

und vierten Beschäftigungsphase 77 allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> deutlich reduziertem Umfang. Ab April 1939 musste<br />

der Preußische Staat <strong>für</strong> <strong>die</strong> »Bestellungs- und Erntearbeiten auf den fertig kultivierten Flächen von<br />

der dritten Ernte ab« je Gefangenentagewerk 2,00 RM an <strong>die</strong> Kasse der Zentralverwaltung der ELL<br />

bezahlen. 78 Die Staatliche Mooradm<strong>in</strong>istration Aschendorfermoor unterhielt über<strong>die</strong>s e<strong>in</strong>en eigenen<br />

Adm<strong>in</strong>istrationshof, das frühere „Gut Dieckhaus“, auf dem u. a. Schwe<strong>in</strong>ezucht betrieben wurde; hier<br />

arbeiteten Häftl<strong>in</strong>ge des SGL II. 79<br />

E<strong>in</strong>e weitere arbeits<strong>in</strong>tensive, schwere körperliche Gefangenenbeschäftigung, 80 <strong>die</strong> hauptsächlich<br />

<strong>für</strong> das WWA durchgeführt wurde, war <strong>die</strong> Torfgew<strong>in</strong>nung <strong>für</strong> den Bedarf des Lagers, der Moorbehörden<br />

und der Lagerverwaltung. 81 Das Abtorfen e<strong>in</strong>es Gebietes sei zum Teil e<strong>in</strong>e Vorarbeit gewesen, um<br />

74<br />

Int. Kulzer 1981. – Zu Kulzer siehe auch Kap. 4.2.2.<br />

75<br />

KW 1985, S. 152; Dir. StMV an RegPräs. OS, 05.03.1943 (wie Anm. 19). – Wann <strong>die</strong> Arbeiten auch dort zum<br />

Erliegen kamen, lässt sich nicht genau feststellen. Woltemade (Int. 1996) bestätigt, dass 1943 <strong>in</strong> Hilkenbrook<br />

noch per Hand gekuhlt wurde.<br />

76<br />

In Neusustrum gab es 1944 e<strong>in</strong>e »Düngerkolonne« mit etwa 20 Gefangenen; das Düngen stellte e<strong>in</strong>e leichtere<br />

Arbeit dar (Int. Reumann 1996).<br />

77<br />

Siehe Kap. 5.1.1.<br />

78<br />

RMfEL an RegPräs. OS, 17.05.1939, StA OS, Rep. 675 Mep Nr. 315. – Zur Kultivierung rechnete auch »<strong>die</strong><br />

erstmalige Bestellung mit Früchten, <strong>die</strong> ke<strong>in</strong>en Ertrag erbr<strong>in</strong>gen, z. B. Gründüngung« (Ebd.). – Die Begriffe<br />

„Gefangenentagewerk“ und „Gefangenenarbeitstag“ werden nachfolgend synonym verwendet.<br />

79<br />

H. MÜLLER 1994, S. 121f. – GROSS spricht ebenfalls vom »A[dm<strong>in</strong>istrations]-Hof, e<strong>in</strong>em Staatsgut zwischen<br />

dem Lager I und II« (Paul GROSS – … und das war das Ende! E<strong>in</strong> Tatsachenbericht vom Ende der Militär-<br />

Konzentrations-Lager Papenburg/Ems. Zeitspanne: 7. - 21. April 1945. O. O. [Braunschweig?] o. J., StA OS,<br />

Rep. 947 L<strong>in</strong> I Nr. 789). – PERK (1970, S. 132) und Braehler (zit. n. STÜMKE/FINKLER 1981, S. 320) nennen<br />

e<strong>in</strong>en solchen Gutshof auch <strong>für</strong> das Lager Brual-Rhede. Ob bei den übrigen StMAdm. <strong>in</strong> Börgermoor und<br />

Neusustrum ebenfalls solche Betriebe bestanden haben, ist nicht bekannt.<br />

80<br />

SCHEEL (1993, S. 355) bezeichnet <strong>die</strong>se Tätigkeit sogar als <strong>die</strong> schlimmste überhaupt. Dies hängt mit Sicherheit<br />

damit zusammen, dass 1943/44, als Scheel <strong>in</strong> Aschendorfermoor <strong>in</strong>haftiert war, dort nicht mehr „gekuhlt“<br />

wurde.<br />

81<br />

Aus diversen Dokumenten der Akte Rep. 675 Mep Nr. 834 des StA OS geht hervor, dass kaum jemals mehr<br />

Torf produziert wurde, als <strong>für</strong> <strong>die</strong> Lager, Zentralverwaltung, StMV und WWA benötigt wurde, so dass nur <strong>in</strong><br />

sehr ger<strong>in</strong>gem Umfang e<strong>in</strong>e Abgabe an Wirtschaftsbetriebe, Partei-Institutionen und Privatbevölkerung stattfand.<br />

– Zum Gefangenene<strong>in</strong>satz <strong>in</strong> der Torf<strong>in</strong>dustrie siehe Kap. 5.1.2.3.1.

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