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Ziviler Strafvollzug für die Wehrmacht. Militärgerichtlich Verurteilte in ...

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daten, <strong>die</strong> durch falsche Angaben, etwa über Fliegerschaden, von Kameraden oder von der Zivilbevölkerung<br />

Darlehen erschw<strong>in</strong>delt hatten, auch gelegentlich Zechpreller tauchten im W[ehrmachts]G[efängnis].<br />

auf.« 407<br />

Wegen Betruges verurteilt wurde He<strong>in</strong>z M., geboren 1916 <strong>in</strong> Danzig. M. besuchte nach Abschluss<br />

des Realgymnasiums <strong>die</strong> kaufmännische Handelsschule und absolvierte e<strong>in</strong>e zweijährige Lehre zum<br />

kaufmännischen Angestellten <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Heimatstadt. Nach Ableistung von e<strong>in</strong>em Jahr RAD im ostpreußischen<br />

Arys arbeitete er <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Beruf zuerst fast zwei Jahre <strong>in</strong> Königsberg/Ostpreußen, danach<br />

e<strong>in</strong> knappes Jahr <strong>in</strong> Magdeburg, von wo aus er am 18.11.1938 zur <strong>Wehrmacht</strong> kam. 408 Als Angehöriger<br />

der »2./N[achrichten-]. A[bteilung]. 60« machte er den Polen- und den Frankreichfeldzug<br />

mit. 409 Nur sechs Tage nach dem Waffenstillstand mit Frankreich <strong>in</strong> Compiègne ereigneten sich dann<br />

<strong>die</strong> D<strong>in</strong>ge, <strong>die</strong> zu M.s Verurteilung führten; <strong>in</strong> der Urteilsbegründung heißt es:<br />

»Der Angeklagte kaufte am 28. Juni 1940 <strong>in</strong> Biarritz <strong>in</strong> dem Geschäft der Frau G. 5 Flakons Parfüm<br />

<strong>für</strong> zusammen 255 Frank. Er bezahlte dabei mit e<strong>in</strong>em außer Kurs gesetzten alten Inflationshundertmarksche<strong>in</strong><br />

und erklärte der Verkäufer<strong>in</strong>, der Sche<strong>in</strong> habe nach dem Umrechnungskurs<br />

e<strong>in</strong>en Wert von 2000 Franken. Der Angeklagte erhielt darauf außer dem Parfüm 1745 gültige<br />

Franknoten zurück, <strong>die</strong> er zwischenzeitlich verausgabt hat. Am 3. Juli erschien der Angeklagte<br />

nochmals <strong>in</strong> dem Geschäft und wurde von der Verkäufer<strong>in</strong> daraufh<strong>in</strong> angesprochen, dass der<br />

Sche<strong>in</strong> ke<strong>in</strong>e Gültigkeit haben solle. Er gab der Verkäufer<strong>in</strong> jedoch beruhigende Zusicherungen<br />

h<strong>in</strong>sichtlich der Gültigkeit.<br />

»[…] Der Angeklagte behauptet[,] den Sche<strong>in</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Rastquartier ostwärts der Se<strong>in</strong>e gefunden<br />

zu haben. Dort hätten etwa 500 derartiger Sche<strong>in</strong>e gelegen. Die anderen Kameraden se<strong>in</strong>er<br />

Gruppe hätten sich alle derartige Sche<strong>in</strong>e mitgenommen.« 410<br />

Es dauerte nur e<strong>in</strong>e Woche nach se<strong>in</strong>em zweiten Besuch <strong>in</strong> der Parfümerie, bis der Prozess gegen<br />

He<strong>in</strong>z M. »im Korpshauptquartier« des I. Armeekorps – an welchem Ort sich <strong>die</strong>ses befand, wird nicht<br />

erwähnt – stattfand. Die Richter stuften <strong>die</strong> Frage, ob M. <strong>die</strong> wertlose Banknote tatsächlich zufällig gefunden<br />

hatte oder sie nicht vielmehr bereits aus Deutschland mitgebracht hatte, als irrelevant e<strong>in</strong>.<br />

Wichtig sei nur, dass er den Geldsche<strong>in</strong> im Bewusstse<strong>in</strong> von dessen Wertlosigkeit und »unter Ausnutzung<br />

der Unkenntnis der französischen Zivilbevölkerung <strong>in</strong> der Absicht[,] sich e<strong>in</strong>en rechtswidrigen<br />

Vermögensvorteil zu verschaffen, <strong>in</strong> Zahlung gegeben hat«. Damit sei der Tatbestand des Betruges erfüllt.<br />

Das Gericht sah M.s Fall sogar als e<strong>in</strong>en besonders schweren an, da er »besonders arglistig […]<br />

<strong>die</strong> Unkenntnis der französischen Zivilbevölkerung von deutschen Geldsorten ausnutzte«. Aufgrund<br />

der »schweren Schädigung des Ansehens der <strong>Wehrmacht</strong>« und zur Abschreckung – im besetzten<br />

Frankreich, so <strong>die</strong> Richter, kämen fortwährend gleichartige Fälle vor – sei e<strong>in</strong>e empf<strong>in</strong>dliche Strafe<br />

notwendig. Da gesetzlich bestimmt sei, dass <strong>die</strong> Veränderung außer Kurs gesetzter Banknoten mit<br />

dem Ziel, ihnen den Ansche<strong>in</strong> noch gültigen Geldes zu geben, mit zwei Jahren Zuchthaus zu bestrafen<br />

407<br />

BADER 1945, S. 96.<br />

408<br />

Lebenslauf (Tabelle) v. He<strong>in</strong>z M., geschrieben im SGL VII, 20.10.1940, StA OS, Rep. 947 L<strong>in</strong> II Nr. 4404. –<br />

Arys liegt zwischen Allenste<strong>in</strong> (Olsztyn) und Lyck (Ełk), heißt heute Orzysz und gehört heute zu Polen.<br />

409<br />

»E<strong>in</strong>stellsche<strong>in</strong> 1« d. Ger. d. XIV. Armeekorps (St. L. Nr. 41/40), 26.08.1940, StA OS, ebd.; vgl. auch Abschrift<br />

aus d. Wehrstammrolle zu He<strong>in</strong>z M., 26.08.1940, StA OS, ebd.; Urteil d. I. A. K., Ort? (St. L. Nr. 45/<br />

40) gegen He<strong>in</strong>z M., 10.07.1940, StA OS, ebd. (auch abgedruckt bei KW 1983, Dok. C II a/4.28, S. 1701f.).<br />

410<br />

Urteil gegen He<strong>in</strong>z M., 10.07.1940 (ebd.). – Biarritz liegt im Südwesten Frankreichs an der Côte Basque, kurz<br />

vor der spanischen Grenze.

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