Bedürfnissen der ungelernten Wanderarbeiterinnenund -arbeitern, derMenschen, die in Konfliktsituationenleben und derjenigen, die Pflegediensteverrichten, vor allem Frauen.• Die Fähigkeit von Regierungen entwickeln,Ressourcen und Einkünftezur Finanzierung von Sozialprogrammenzu mobilisieren, die denBedürfnissen der Ärmsten und ammeisten Verletzbaren gerecht werden.7. Allgemeinen Zugang zu grundlegenderGesundheitsvorsorge gewähren.[...] Gesundheitsgefährdungen imZusammenhang mit Armut sind vielleichtdie größte Last menschlicher Unsicherheit[...]. Armut und Krankheitbilden eine gefährliche Spirale mit negativenwirtschaftlichen und menschlichenAuswirkungen. Und alle Formenvon Gewalt – kollektiv, zwischenmenschlichund gegen sich selbst gerichtet– sind öffentliche Gesundheitsprobleme,die andere Zusammenhängezwischen Gesundheit und menschlicherSicherheit enthüllen [...].Kommunale Gesundheitsinitiativen:Kommunale Gesundheitsdienste undSelbstversicherungssysteme sindgrundlegend für Fortschritt [...]. Einrichtungenzum Teilen von Risiken, diedie Fonds der Mitglieder zusammenfassen,haben sich als erfolgreich erwiesen,wie die Pionierleistungen vonNichtregierungsorganisationen gezeigthaben, so zum Beispiel das BangladeshRural Advancement Committee und dieGrameen Bank in Bangladesch und dieSelf Employed Women’s Association inIndien. Nationale und globale Ressourcensollten kommunale Versicherungssystemefinanziell und organisatorischunterstützen.Beobachtungssysteme: Die Weltbraucht dringend Basisgesundheitsdiensteund nationale Systeme zurÜberwachung von Krankheiten – dieformell zu einem globalen Netzwerkverknüpft sind [...].8. Ein effizientes und gerechtes weltweitesSystem für Patentrechte entwickeln.[...] Für einen Teil wichtigerMedikamente gibt es keine patentrechtlichenBegrenzungen. Wo es sie abergibt, werden viele der ärmsten Menschenin der Welt durch die gegenwärtigeninternationalen Regeln zum Schutzgeistigen Eigentumes vom Gebrauchvon Medikamenten ausgeschlossen.Weil das Leben so vieler Menschen aufdem Spiel steht, gibt es einen dringendenBedarf an institutionellen Regeln,um preiswerte und erschwinglicheGenerika für die Entwicklungsländerzur Verfügung zu stellen, die diese ammeisten brauchen [...].9. Alle Menschen durch allgemeineGrundbildung ermächtigen – durchwesentlich stärkere globale und nationaleAnstrengungen. [...] AllgemeineGrundbildung ist sowohl eingrundlegendes Menschenrecht als aucheine ungeheuer wichtige Investition inmenschliche Sicherheit [...]. Wesentlichstärkere und nachhaltige globale undnationale Anstrengungen sind erforderlich,um allgemeine Grundbildung zugewährleisten und geschlechtsspezifischeUngleichheiten bei der Bildung zubeseitigen [...].10. Die Notwendigkeit einer weltweitenmenschlichen Identität klarstellen.Die Entwicklung von Mitgefühlund ethischen Sichtweisen ist grundlegend,um menschliche Gemeinschaftenzu ermächtigen und menschlicheSicherheit voran zu bringen und verdientweit mehr Aufmerksamkeit alsdies im Allgemeinen geschieht. [...]Die Förderung von Respekt für dieMenschenrechte und für Unterschiedeverdient auch die besondere Beachtungvon Sicherheitskräften, Polizei, Militärund anderen mit Zugang zu Zwangsmitteln.Mehr und mehr werden dieseGruppen zum Schutz menschlicherSicherheit gerufen. Werden sie zurBeachtung der Menschenrechte undzum Widerstand gegen Diskriminierungenund Vorurteilen ausgebildet,werden dadurch die Bürgerinnen undBürger, die sie schützen sollen, sicherer,und für alle wird die Bedrohungdurch Gewalt geringer.Die vielen Initiativen zu einerglobalen Allianz verknüpfenIm Blick auf jeden dieser Tagesordnungspunktesollten Allianzen derwichtigsten Akteure gefördert werden –Netzwerke öffentlicher, privater undzivilgesellschaftlicher Akteure, dieNormen entwickeln und integrierteAktivitäten anstoßen können und dieFortschritt und Leistung überwachenkönnen [...].Die internationale Gemeinschaft solltemehr in die Zivilgesellschaft investieren,unter Einschluss von NGOs, unddabei die Rolle bekräftigen, die Einzelpersonen,Unternehmen, Stiftungen undreligiöse Organisationen spielen bei derVerteilung von Ressourcen an Gemeinschaftenund Menschen in Not [...].Eine entscheidende Initiative – bei derbereits der Einsatz geringer Mittelgroße Wirkung hätte – wäre die Schaffungeiner Steuerungsgruppe, die dieunterschiedlichen Akteure im Bereichmenschlicher Sicherheit zu einer starkenAllianz um die Vereinten Nationenund die Bretton Woods Organisationenverbinden würde.“Social Watch Report Deutschland / 13
Agenda 2010: Ein Armutszeugnis?VON BERNHARD JIRKU 1Die Verarmung der Bezieher vonLohnersatzleistungen und sozialenTransferleistungen und ihrer Familienhat eine Vorgeschichte, deren Auswirkungensich im Verlauf der Jahre addierthaben: Die Sozialhilfe ist bereitsseit etlichen Jahren der Höhe nach nominelleingefroren, das heißt, sie sinktjährlich real um den Prozentsatz derInflationsrate. Die Arbeitslosenhilfesinkt seit vielen Jahren jährlich nominellum 3 Prozent. Sie sinkt also realpro Jahr um 3 Prozent plus Inflationsrate.Auch familien- und kinderspezifischeLeistungen wie zum Beispiel dassogenannte Erziehungsgeld sind seitlangen Jahren nominell eingefroren undsinken dementsprechend jährlich real inHöhe der Inflationsrate.Durch die Agenda 2010 kommt ab Januar2005 die Abschaffung der Arbeitslosenhilfehinzu, von der Haushalte mitmittleren wie unteren Einkommen inbesonderem Maß betroffen sein werden.Vielfältige Formen derEinkommensminderungAuch die Verarmung von Beschäftigtenhat bereits vor Jahren begonnen undführt zu Effekten, die sich aufsummieren:Betriebsaufspaltungen, Auslagerungenoder Privatisierungen, Scheinselbständigkeitund Preissenkungen fürdie Zulieferanten sowie weitere Formender Parzellierung und Kostensenkungin Produktion und Dienstleistungen findenfortlaufend Anwendung. Die Auslagerungvon Teilen der Betriebsabläufeund der Belegschaft trifft vorwiegendeinfache Tätigkeiten (zum BeispielReinigung und Bewachung) und damitdie unteren Vergütungsgruppen. EineVerlagerung ist oftmals mit Lohnsenkungenverbunden. Im Ergebnis werden1 Bernhard Jirku ist auf der Bundesebene alsReferatsleiter der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft,ver.di zuständig für Arbeitsmarktpolitikund Erwerbslosenarbeit.ohnehin relativ geringe Löhne weiterabgesenkt, teils bis auf das Niveau derabsoluten Armut (Sozialhilfeniveau),teils sogar darunter.Gleichzeitig werden übertarifliche Leistungenund Zuschläge abgebaut, findenunterschiedliche Varianten von Tariffluchtsowie andere Formen der LohnsenkungVerbreitung. Derartige Managementmethodentreffen die unterenund mittleren Vergütungsgruppen besondershart, führen hingegen für Anteilseignerund Unternehmensvorständeoft zu stattlichen Einkommenszuwächsen.Als jüngste Variante kommt – gestütztdurch die Agenda 2010 – das Ansinnenhinzu, die Wochen- und Jahresarbeitszeit(ohne entsprechende Lohnzuwächse)zu verlängern. Betrieb fürBetrieb sollen jenseits eines verbindlichenFlächentarifvertrags die Stundenlöhnegesenkt werden. Im Effektdürften untere Einkommen in die absolute,mittlere Einkommen in die relativeArmut (die Hälfte des Durchschnittslohns)gedrängt und noch mehr Menschenentlassen werden.Auch in einem Beschäftigungssegmentmit relativ positiver Entwicklung, demder Teilzeitarbeit, lauern Armutsfallen:Geringfügige Beschäftigung und Teilzeitfördern tendenziell die Verarmung,da zwar der Stundenlohn gleich hochist, der Monatslohn jedoch entsprechendniedriger liegt. Verstärkt werdenderartige Effekte dadurch, dass geringfügigeBeschäftigung und Teilzeit weitüberwiegend in unteren und mittlerenVergütungsgruppen vorzufinden sind –Einkommensgruppen, die selbst beiVollzeit ohnehin in der Nähe oderunterhalb der relativen Armutsgrenzeliegen. Durch die Ausweitung vongeringfügiger Beschäftigung (sogenannteMinijobs) und Teilzeitarbeit imNiedriglohnbereich wächst die Bevölkerungsgruppeder sogenannten‚working poor’ (etwa ,arbeitendeArme’; die Red.), die an oder unter derabsoluten Armutsgrenze leben.Beschäftigung sinktNach dem Platzen der sogenanntenBörsenblase tritt jetzt das Absinken desBeschäftigungsvolumens (vergleichbarden Erscheinungen um 1929) zunehmendzu Tage: Wertberichtigungen inden Bilanzen und Sparmaßnahmen,weniger Arbeitsvolumen und wenigerBeschäftigung, weniger Aufträge undweniger Konsum, Umsatzeinbrüche undmehr Firmenpleiten. Seit Jahren sinkennicht nur die unteren und mittleren Einkommensondern auch die Beschäftigungsquote.Ihr Pendant, die Arbeitslosigkeit,nimmt zu und damit auch dieallmähliche Verarmung breiterer Bevölkerungskreise.Arbeitsverdichtungund Personalabbau (vorzufinden geradeauch bei den einfachen Tätigkeiten beziehungsweiseden unteren Lohngruppen)oftmals in Verbindung mit derAuftragsvergabe an Dritte oder Auslagerungder Tätigkeiten tun ihr Übriges.Addiert man die hier angesprochenenTrends, ergeben sich vielfältige Formender Einkommensminderung, sei es dasssie sich um Lohnsenkungen oder umEntlassungen oder um den Abbau vonSozialleistungen ranken. Im Endergebnisnimmt die Verarmung der unterenund mittleren EinkommensschichtenSchritt für Schritt zu. Die Agenda 2010führt diesen Prozess fort.Armut ist vorwiegend weiblich und/oder hat oftmals einen Migrationshintergrund;sie ist häufig besondersjung oder besonders alt oder behindert.Verunsicherung und Entfremdunggegenüber Staat, Politik und Wirtschaftgreifen um sich. Empörung und Wutkommen hinzu, wenn offenbar einzignoch die Einkommen der sogenanntenLeistungsträger in Vorständen undAufsichtsräten wachsen (die überdiesvon den Politikern fordern, die Spitzensteuersätzeweiter zu senken).Social Watch Report Deutschland / 14
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