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Menschliche Sicherheit durch Zivile KonfliktbearbeitungVON CHRISTOPH WELLER 1Mit dem Begriff der ‚menschlichenSicherheit’ wird unsere Aufmerksamkeitdarauf gelenkt, dass vornehmlichMenschen und nicht Staaten auf Sicherheitangewiesen sind. Und menschlicheSicherheit besteht nicht allein darin, vorphysischer Gewalt bewahrt zu werden,sondern auch vor Armut, Krankheit,Not und vor der Verletzung von Menschenrechten.2 Und diese Zielsetzungerfordert eine grundlegend veränderte„Sicherheitspolitik“, in der das Militärnur noch ein Element neben vielenanderen ist. Zivile Konfliktbearbeitunggewinnt damit an Bedeutung.Eine solche Umorientierung ist dringendgeboten, sterben doch deutlichmehr Menschen in wirtschaftlicher Notoder an heilbaren Krankheiten als dasssie in Kriegen ihr Leben verlieren. Dassdie Massenmedien uns viel intensiverüber Kriegs- als über Armutsopfer informieren,ist dagegen allein derenOrientierung an spektakulären und einmaligenEreignissen geschuldet. Vordiesem Hintergrund ist es um so wichtiger,dass Konzepte ‚menschlicherSicherheit’ für die weitaus größerenGefährdungen durch Armut und Unterentwicklungsensibilisieren. Statt derErhöhung von Militärhaushalten wirddie Umschichtung der Mittel zugunstenziviler Maßnahmen im Rahmen derEntwicklungspolitik gefordert.Falsche SicherheitsdebatteDoch wird die öffentliche Debatte heutewieder von Bedrohungsszenarien dominiert,die einmalige Gewaltereignissein den Mittelpunkt rücken: TransnationalerTerrorismus, die Verbreitung vonMassenvernichtungswaffen und Staatszerfallwerden als akute Gefährdungen1 Dr. Christoph Weller, Wissenschaftlicher Geschäftsführerdes Instituts für Entwicklungund Frieden (INEF) der Universität Duisburg-Essen, E-Mail: weller@uni-duisburg.de2 Vgl. dazu Michael Brzoska: Human Security -mehr als ein Schlagwort, in: Friedensgutachten2004, Münster, Juni 2004, S. 158f.unserer Sicherheit dargestellt. Spätestensseit den militärischen Reaktionenauf den 11. September 2001 stehenkriegerische Instrumente und die mitihnen einhergehenden Denkschemata(zum Beispiel die „Achse des Bösen“)wieder im Vordergrund der ‚Sicherheitspolitik’.3Mit militärischer Sicherheitspolitik, diedie gewaltsamen Mittel der Konfliktbearbeitungin den Vordergrund stellt, lassensich weder die Ursachen von Gewaltkonflikten– zu denen Armut undungleiche Ressourcenverteilung gehören– beseitigen, noch gesicherte Strukturenschaffen, innerhalb derer zukünftigeKonflikte ohne Gewaltanwendungausgetragen werden können. 4 Zudemwerden bei der militärischen SicherheitspolitikRessourcen aufgebraucht,die dringend für die Armutsbekämpfungund für Maßnahmen gegen Unterentwicklung,also für die Verbesserungmenschlicher Sicherheit benötigt werden.Gewaltkonflikte bedrohen menschlicheSicherheit3 Vgl. dazu Christoph Weller / Ulrich Ratsch /Reinhard Mutz / Bruno Schoch / CorinnaHauswedell (Hrsg.): Friedensgutachten 2004,Münster, Juni 2004, S. 3-21.4 Vgl. dazu Bettina Führmann: Krisenpräventionin einer gewaltträchtigen Welt: WelchenBeitrag kann die Armutsbekämpfung leisten?,in: Friedensgutachten 2004, Münster, Juni2004, S. 184f.Neben Armut, Krankheit und Menschenrechtsverletzungensind auch eskalierendeKonflikte auf lokaler, regionaleroder inter-ethnischer Ebene eineernsthafte Bedrohung menschlicherSicherheit. Und am stärksten haben zumeistdie Ärmsten unter Gewaltkonfliktenzu leiden. In diesen Fällen sind dieGeberorganisationen der Entwicklungszusammenarbeitgefordert, ihre Maßnahmenin der Weise an die Konfliktsituationanzupassen, dass nicht nurden Opfern der AuseinandersetzungenHilfe zukommt, sondern auch die KonfliktparteienAnreize bekommen, ihreKonfliktaustragungsformen zu deeskalieren.Daneben besteht für die Organisationender Entwicklungszusammenarbeit dieMöglichkeit, auch direkt auf die Konfliktsituationund seine AustragungsformEinfluss zu nehmen. Darauf zielenMaßnahmen der Krisenpräventionund Zivilen Konfliktbearbeitung. Esgeht darum, die Eskalationsgefahr vonKonflikten noch vor dem Ausbruch kollektiverGewalt zu erkennen und gewaltvorbeugendeMaßnahmen zu ergreifen.Dazu gehören beispielsweisedie Stärkung von Friedenskräften undvon Organisationen, die auf Ausgleichund Vermittlung zielen. Bezogen aufdie staatlichen Strukturen geht es etwaum die Förderung von Good Governance(guter Regierungsführung), umeine zivilisierende Reform des Sicherheitssektorsoder um die Verbesserungdes Rechtssystems und der breiten Zugängezu solchen Institutionen zivilerKonfliktbearbeitung. 5Zunächst aber heißt die Grundforderungan alle Maßnahmen der Entwicklungszusammenarbeit„Konfliktsensibilisierung“.Entwicklungszusammenarbeitist nie neutral im Hinblick aufexistierende Konflikte in den Empfängerländern.Dies betrifft in besondererWeise Ressourcenkonflikte sowieStrukturen materieller Ungleichheit,die, wenn sie in Bewegung kommen,erhebliches Konflikt- und Gewaltpotenzialhervorbringen können. Die möglichenkonfliktverschärfenden Konsequenzender Entwicklungszusammenarbeitsind abzuschätzen und entlangder Forderung „Do no harm“ (etwa„Richte keinen Schaden an“) zu modifizierenoder mit direkt konfliktbegrenzendenMaßnahmen zu kombinieren.5 Vgl. dazu Norbert Ropers: Friedensentwicklung,Krisenprävention und Konfliktbearbeitung,Eschborn 2002.Social Watch Report Deutschland / 42

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