Druck von außen wirkt nur kurzfristigEinige sind vielleicht der Meinung,dass die Gruppen, die dem Terrorismusden Kampf angesagt haben, Druck aufdie arabischen Regime zugunsten politischerReformen und Förderung derDemokratie auszuüben versuchen. ImFalle der Terrorismusbekämpfung werdendiese Reformen aber unter Zwangvollzogen, während man dafür im Rahmender WTO und der Euro-MediterranenPartnerschaft ohne Androhungmilitärischer Aktionen plädiert. Wieschon oben erwähnt, sind Fortschrittenur langsam erreicht worden. Aber einProzess der besonnenen Integration indie WTO und die Euro-MediterranePartnerschaft kann durchaus als einpositives Zeichen gewertet werden,wenn sich darin eine konstruktiveHaltung gegenüber Veränderungenwiderspiegelt, die zum Nutzen der ganzenNation sind und nicht nur denInteressen einiger weniger Unternehmendienen. In diesem Sinne wirkendie als Beitrittsbedingungen vorgegebenenRegelungen als ein wichtiger Motordes Wandels in der Region, sowohlwirtschaftlich (Schaffung einer Freihandelszone),sozial (Kulturaustausch)wie auch politisch (Demokratie undMenschenrechte).Aber wie schon der diesjährige SocialWatch Länderbericht aus Bahrein dazuausführt: „Der Beitritt Bahreins zurWTO wirkte sich positiv auf die Demokratisierungsprozesseund die Förderungder Menschenrechte aus. Aber dieStrategie der USA, Terrorismusbekämpfungmit Reformen verbündeterRegime wie Bahrein zu verknüpfen, istzwar kurzfristig positiv zu bewerten,könnte sich langfristig aber ins Gegenteilverkehren.“ 11 Mit anderen Worten:Sollte es das Ziel politischer und strukturellerReformen sein, lediglich denmultinationalen Konzernen ein förderlichesUmfeld zu schaffen, anstatt diemenschliche Sicherheit der Bevölkerungzu verbessern, wird dies den gesamtenProzess stören und sich langfristignegativ auf die innere Sicherheitauswirken.Nichtregierungsorganisationen undsoziale BewegungenDie größten gewaltsamen Auseinandersetzungendes 20. Jahrhunderts fandenhäufig im Namen der Religion, Politik,ethnischer Zugehörigkeit oder rassischerÜberlegenheit statt. 12 Nicht nurarme Länder sind an Kriegen beteiligt –„die größten Kriege dieses Jahrhundertssind zwischen einigen der reichstenVölker ausgetragen worden. Das heißt,man braucht politische Ansätze fürFragen menschlicher Sicherheit“. 13Unter diesen politischen Ansätzen findetsich auch das Recht von „Nichtregierungsorganisationen(NRO), dieSicherheit neu aufzubauen“. 14 Es istüberaus wichtig, dass der entscheidendeBeitrag der NRO zur Erreichungmenschlicher Sicherheit und ihr Einsatzfür ein besseres Verständnis des Konzeptesin der Öffentlichkeit entsprechendeAnerkennung findet. Die NROkönnten das Konzept mit Erfolg überden wissenschaftlichen und politischenRaum hinaus in die öffentliche Debatteeinbringen, um für Verständnis undBewusstsein zu werben und auf diesemWege beginnen, menschliche Sicherheitzu verwirklichen. „Je mehr wir unsunmittelbar auf Symptome statt aufTransformation der Institutionen unddie zugrundeliegenden Werte konzentrieren,um so sicherer ist es, dass dieKrise sich verschlimmern wird, weilkeine angemessenen Maßnahmen ergriffenwurden. Unter diesen Umständenist eine theoretische Untersuchungder Ursachen des Zusammenbruchsnicht nur von wissenschaftlicher Bedeutung.“15Die arabischen zivilgesellschaftlichenOrganisationen spielen eine zentraleRolle, wenn es darum geht, die Ursachender Probleme menschlicherSicherheit in arabischen Staaten anzugehen,indem sie sich für Themen wieMenschenrechte, Frauenrechte, Kinderrechte,soziale Sicherheit, Nahrungssicherheit,Wohnungswesen etc. engagieren.Ein solcher Prozess würde abersowohl eine andere Politik gegenüberInstitutionen und Werten in arabischenStaaten voraussetzen, damit arabischezivilgesellschaftliche OrganisationenLegitimität und Autonomie gewinnen,als auch einen Rechtsrahmen, der ihnenihre Aufgabe erleichtert.11 Bahrain Human Rights Society. „Bahrain:Progress and setbacks in a period of transition“,im diesjährigen Social Watch Report2004; engl. Fassung; www.socialwatch.org12 Bajpai, Kanti, s. oben.13 Heinbecker, Paul, s.oben.14 ebenda.15 Korten, David C. Getting to the Twenty-FirstCentury: Voluntary Action and the GlobalAgenda. New York: Kumarian Press, 1990.Social Watch Report Deutschland / 33
Keine menschliche Sicherheit ohne die Gleichstellung vonFrau und MannJUNE ZEITLINDORIS MPOUMOU 1Die Vereinten Nationen waren vorallem in den letzten 30 Jahren ein fürdie weltweite Frauenbewegung entscheidendesForum. Vom InternationalenJahr der Frau 1975 über die UN-Frauendekade (1976-1985) bis zu denglobalen Konferenzen und Gipfeltreffender 1990er Jahre 2 griffen Frauen aktivin die wirtschaftliche, soziale und nachhaltigeEntwicklung der Welt ein. Dabeiwurde weitgehend akzeptiert, dassdie Förderung der Gleichstellung undFrauenförderung im Sinne von Empowerment3 für die menschliche Entwicklungund die Beseitigung der Armutunabdingbar sind.Aber trotz dieser Fortschritte im politischenRaum und trotz aller Anstrengungenum rechtliche und politische Veränderungenauf der Grundlage der vonden Regierungen eingegangenen Verpflichtungenzum Schutz und zur Förderungder Frauenrechte auf nationalerEbene geht es vielen Frauen – vorallem armen Frauen – heute schlechterals 1994.Im Laufe des letzten Jahrzehnts sindmaßgebliche globale Kräfte entstanden,die die von den Frauen erkämpftenVerbesserungen in Frage stellen. Dasneoliberale Wirtschaftsmodell und einevom Markt beeinflusste Politik – insbesondereveränderte Handels- undFinanzregeln sowie die Deregulierungund Privatisierung öffentlicher Güter1 Bei den Autorinnen handelt es sich um dieGeschäftsführerin, resp. die Programmkoordinatorinfür „Gender und Governance“ derWomen’s Environment & Development Organization(WEDO). Website: www.wedo.org/5050kit.htm.2 UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung,Rio, Brasilien 1992; UN-Menschenrechtskonferenz,Wien 1993; Internationale Konferenzüber Bevölkerung und Entwicklung,Kairo, Ägypten 1994; UN-Konferenz fürSoziale Entwicklung, Kopenhagen, Dänemark1995; 4. UN-Weltfrauenkonferenz, Peking,China 1995.3 Mit Empowerment ist gemeint, das Menschendazu befähigt werden, ihren BedürfnissenAusdruck zu verleihen, Lösungen mit anderenAkteuren auszuhandeln und über die dazunötigen Machtmittel zu verfügen [die Red.].und Dienstleistungen – haben zu größererArmut, Nahrungsunsicherheit undwirtschaftlicher Ausgrenzung aufSeiten der Mehrheit geführt, währendsie gleichzeitig den Wohlstand und diewirtschaftlichen Möglichkeiten – unddamit den übermäßigen Konsum – einigerweniger Privilegierter ansteigen ließen.Angesichts unilateraler Militärinterventionenund Gewalt zwischenMitgliedern einer Gemeinschaft oderzwischen Ethnien wird die Welt gleichzeitigimmer gefährlicher. EskalierenderMilitarismus und neuer oder neuentfachter Fundamentalismus sowohlsäkularer wie religiöser Art haben zuviele Versuche zu progressiver Veränderungim Keim erstickt.Strukturelle UngleichheitenZwar gibt es ausreichend Beweise dafür,dass Frauenförderung wesentlichzur Beseitigung der Armut und nationalenEntwicklung beiträgt, aber trotzdemsind Frauen noch immer erheblich benachteiligt,wenn es um Zugang zuRessourcen, bezahlter Beschäftigungund Entscheidungsfunktionen geht. Dader Gender-Aspekt viel zu häufig ausden makroökonomischen nationalenpolitischen Maßnahmen ausgeklammertwird, bleiben diese ohne Wirkung aufdie Bedürfnisse armer und Minderheitenangehöriger Frauen. In vielenTeilen der Welt hat die Verantwortungder Frauen für das Familieneinkommensowie häusliche und pflegerische Aufgabendurch die AIDS/HIV Pandemieweiter zugenommen.Diese von den internationalen Finanzinstitutionenund der WTO gefördertenKräfte und Trends schreiben strukturelleUngleichheiten zwischen Männernund Frauen in Wirtschaft und Gesellschaftfest – und verstärken sie noch.Einige Regierungen sind aufgrund dieserBeschränkungen nur bedingt in derLage, grundlegende soziale Bedürfnisseihrer Bevölkerungen zu befriedigen,während die wachsenden Ausgaben fürdas Militär und ‚Terrorismusbekämpfung’die ohnehin schon begrenztenöffentlichen Mittel für Bildung,Gesundheit und soziale Dienste nochweiter schmälern. Die Konzentrationauf nationale Sicherheit und Polizeipräsenzführt überdies dazu, dass harterkämpfteBürgerrechte und bürgerlicheFreiheiten ausgehöhlt werden.Diese Trends werden noch durch diePolitik der Vereinigten Staaten verschärft,deren gegenwärtige Administrationihre unübertroffene militärischeund wirtschaftliche Macht zugunstenbegrenzter wirtschaftlicher, politischerund ideologischer Interessen einsetzt –mit schlimmen Folgen für die Menschenin den Vereinigten Staaten undanderen Teilen der Welt. Vor dem bisherextremsten Beispiel des amerikanischenUnilateralismus, dem Krieg gegen denIrak, wurde schon das Kyoto-Protokollabgelehnt, die USA zogen sich aus demVertrag für einen Internationalen Strafgerichtshofzurück und ratifizierten dieKonvention über jegliche Form derDiskriminierung der Frauen (CEDAW)ebenfalls nicht.Globalisierung und Unilateralismusschaden FrauenrechtenVertreterinnen der Frauenbewegung, diesich für die Umsetzung der globalenpolitischen Verpflichtungen der 90erJahre engagierten, sind häufig wegendieser globalen Herausforderungenunter Druck geraten. Zwar sind die UNwohl als universelle und legitime Institutionder globalen Steuerung (globalgovernance) unübertroffen, aber auchsie befinden sich aufgrund ihrerSchwächung durch fehlende Ressourcenund einer breitgefächerten Agendasowie ungleichen Machtverhältnisseninnerhalb ihrer vielfältigen Mitgliedschaftan einem Wendepunkt. Die Vertreterder Entwicklungsländer, derZivilgesellschaft und vor allem jene,Social Watch Report Deutschland / 34
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