Einladungen und damit elementare sozialeKontakte, die besonders zu Einheimischenwichtig sind, damit dieseBeziehungen zu Flüchtlingen aufbauenund Solidarität zu ihnen entwickelnkönnen.Flüchtlinge werden bei uns abhängig gemachtvon einer entwürdigenden Fremdversorgungauf niedrigem Niveau. Dassihre eigenen Kräfte und Entfaltungsmöglichkeitendabei verkümmern, wirdbilligend in Kauf genommen, obwohldiese Politik nicht nur für die Betroffenensondern auch für die Aufnahmegesellschaftnegative Konsequenzen hat.Es erscheint äußerst fragwürdig, ob diederzeitige Rechtslage den Betroffenengegenüber durch übergeordnete Gesichtspunktezu rechtfertigen ist. Besondershervor gehoben werden muss indiesem Zusammenhang die Tatsache,dass die Mehrheit der deutschen Bevölkerungdie Hintergründe für die Nichtbeschäftigungder Asylbewerber undFlüchtlinge nicht kennt.Arbeitsmigranten, besonders jene dienicht aus der EU kommen, gehören aufdem deutschen Arbeitsmarkt zu denunterprivilegierten Gruppen: Sie sindüberproportional in Tätigkeiten beschäftigt,die nur geringe Qualifikationen erfordernund schlecht bezahlt werden.Ihre Arbeitslosenzahl ist überproportionalhoch. Ende 2002 waren 19,1 Prozentaus dieser Gruppe arbeitslos, Deutschezu 10,8 Prozent. Der Vergleich derZahlen der Sozialhilfeempfänger fälltnoch krasser aus: Ende 2002 bezogen8,6 Prozent der Arbeitsmigranten Sozialhilfe,gegenüber einer Quote von 2,9Prozent unter deutschen Staatsangehörigen.Die Lage kann sich für diese Gruppe inZukunft noch verschlechtern wenn das„Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungenam Arbeitsmarkt“ (Hartz IV)in Kraft tritt und die Zusammenlegungvon Arbeitslosenhilfe II und Sozialhilfewirksam wird. Damit ist für dieseGruppe das Risiko gegeben, dass diePläne der Bundesregierung zu steigenderArmut und einer vermehrten Inanspruchnahmeder Sozialhilfe führen.Hinzu kommt: Aufgrund größererstruktureller Probleme bei der Wiedereingliederungin den Arbeitsmarkt sindausländische Staatsangehörige in besonderemMaße von Langzeitarbeitslosigkeitbetroffen. Oftmals fehlen ausreichendeformale Bildungsabschlüsse,die – kombiniert mit aufenthaltsrechtlichenHindernissen – den Zugang zuBerufen und Beschäftigung erheblicherschweren.Spezifische Armutsrisiken fürArbeitsmigrantenDoch auch diejenigen, die einen Arbeitsplatzinnehaben, sind spezifischenRisiken ausgesetzt. Viele sind nachlangjähriger Tätigkeit in Beschäftigungsverhältnissen,die nur geringeQualifikation, dafür aber hohen körperlichenEinsatz erfordern, erkrankt undkönnen nicht mehr die nötige Leistungerbringen. Wenn sie in eine Erwerbsunfähigkeitsrentekommen, ist dieseaufgrund der unterdurchschnittlichenEinkünfte und vielen Lücken in derErwerbsbiografie sehr klein, und reichtoft nicht aus, um einen durchschnittlichenLebensstandard aufrecht zu erhalten.Eine weitere Ursache für die Armut beiden Arbeitsmigranten sind die familiärenVerpflichtungen. Nicht selten müssensie einen Teil der Familie in ihrenHerkunftsländern finanziell unterstützen.Das beschränkt sich nicht nur aufdie engeren Familienmitglieder (Ehegatten,Kinder), sondern auf den breiterenFamilienkreis. Viele haben Häuserin ihren Heimatländern gebaut und führeneinen doppelten Haushalt. Um diesalles finanzieren zu können, wird gespart,was zu Lasten der Lebensqualitätgeht. Nicht selten bekommt das die gesamteFamilie zu spüren – zum Beispielbei der Wahl der Nahrungsmittel, die inder Regel zu einer billigen, kohlehydratreichenaber vitaminarmen Ernährungsweiseführen.Soziale ProblemfelderAbschließend sei kursorisch noch aufeinige soziale Problemfelder hingewiesen,die die wirtschaftlichen Engpässeoftmals nach sich ziehen: SoziokulturelleGepflogenheiten führen immerwieder zu unkontrollierten Geldausgaben– auch für Dinge, die nach deutschemVerständnis nicht unbedingt notwendigsind. So geben die Eltern für dieHochzeit ihrer Kinder zum Beispielgroße Summen aus und leben selberdafür – zumindest zeitweise – am Randdes Existenzminimums.Viele Arbeitsmigranten haben aufgrundihrer Beschäftigung Kredite bei denBanken aufgenommen, um Häuser inder Heimat zu bauen oder andere Käufewie Landmaschinen oder Autos zu tätigen.Durch Arbeitslosigkeit, Krankheitoder Frühverrentung sind sie nichtmehr in der Lage die Rückzahlung derKredite zu leisten, was mit großenSchwierigkeiten im Familienkreis verbundenist. Nicht selten müssen sie ihrVermögen verkaufen, um die Schuldenzu begleichen.Bei älteren Arbeitsmigranten, die einemangelhafte Ausbildung haben, sindauch die Einkünftige dementsprechendniedrig. Ihre – in Deutschland aufgewachsenen– Kinder aber wollen dengleichen Lebensstandard genießen wiedie gleichaltrigen meist besser situiertendeutschen Kinder. Das bringt dieEltern in Schwierigkeiten, die zu familiärenKonflikten führen.Social Watch Report Deutschland / 19
Hindernisse für menschliche Sicherheit –Analyse der Social Watch Länderberichte für 2004VON KARINA BATTHYÁNY 1Sicherheit ist das Thema hitziger Debattenüberall in der Welt: Es ist eineDebatte darüber, welche Politik dieWelt und die in ihr lebenden Gesellschaftensicherer machen würde, eineDebatte über die Faktoren, die zuUngewissheit, Angst und Unsicherheitunter den Menschen und innerhalb derStaaten führen. In diesem Prozess kanndas Konzept menschlicher Sicherheitdazu beitragen, dass sich der Schwerpunktder Debatte weg bewegt vondem, was einige wenige Staaten undihre spezialisierten Sicherheitsorganeinteressiert oder was sie wahrnehmen –hin zu dem, was die Menschheit wirklichwill.Ursprünge und Definition menschlicherSicherheitDas Konzept der menschlichen Sicherheittauchte erstmals in den 80er Jahrenim Zusammenhang mit der Friedensforschungals Kontrapunkt zu dem imKalten Krieg vorherrschenden Konzeptder ‚nationalen Sicherheit’ auf. Es fand1994 international weite Verbreitung,nachdem das Entwicklungsprogrammder Vereinten Nationen (UNDP) es zurGrundlage seines Berichts über dieMenschliche Entwicklung 2 machte.Als Ausgangspunkt wurden von UNDPacht Bestimmungsgrößen menschlicherSicherheit (und folglich menschlicherUnsicherheit) identifiziert: die wirtschaftliche,die finanzielle, die hygienischeund umweltbezogene, die persönlicheund geschlechtsbezogene, diesoziale und die politische Dimension.1 Karina Batthyány leitet die sozialwissenschaftlichenUntersuchungen des Instituto del TercerMundo in Montevideo, Unrugay.2 Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen:Neue Dimensionen Menschlicher Sicherheit.New York, Oxford University Press,1994.Wenige Jahre später griffen Regierungenin Ländern wie Japan, Norwegenund Kanada auf die dem Konzept zugrundeliegendenVorstellungen für dieGestaltung ihrer Außenpolitik zurück.Sie listeten dazu bestimmte Themenauf, unter anderem das Verbot vonAntipersonenminen, die Kontrolle vonKleinwaffen, das Verbot der Rekrutierungvon Kindersoldaten, die Förderungdes humanitären Völkerrechts, dieUnterstützung der von den VereintenNationen neu geschaffenen Menschenrechtsorgane,die Flüchtlingshilfe sowiedie Teilnahme an friedenserhaltendenOperationen.Das Konzept der menschlichen Sicherheitwird also ständig weiter entwickelt;die damit ausgelöste Diskussion bieteteine hervorragende Möglichkeit, überkommene,auf militärische Schlagkraftausgerichtete Sicherheitspläne zu überdenkenund dabei die Bedürfnisse allerMenschen in all ihrer Vielfalt in einerWeise zu berücksichtigen, wie es bisherin den allgemeinen öffentlichen Politikprozessennoch fast nie geschehen ist.Die Kommission für MenschlicheSicherheit wurde auf Initiatve der japanischenRegierung ins Leben gerufen.Den Vorsitz übernahmen Sadako Ogata,ehemals Hochkommissarin der UN fürFlüchtlinge und Armatya Sen, Nobelpreisträgerder Wirtschaftswissenschaften.Das Gremium definiertemenschliche Sicherheit als „Schutzlebenswichtiger Freiheiten. Sie bedeutetden Schutz der Menschen vor kritischen,sich ausbreitenden Bedrohungenund Situationen und geht dabei auf ihreStärken und Wünsche ein. Sie bestehtaus politischen, sozialen, umwelttechnischen,wirtschaftlichen, militärischenund kulturellen Systemen, die denMenschen Bausteine für das Überlebenin Würde und für den Lebensunterhaltbieten.“ 3Menschliche Sicherheit ergänzt insoferndie Idee der territorialen Sicherheit3 Kommission für Menschliche Sicherheit.„Schlussbericht“ unter www.humansecuritychs.org/finalreport/des Staates, als sie sich mehr um denEinzelnen und die Gemeinschaft alsden Staat kümmert. Es ist durchausmöglich, klar zwischen einer Politik der‚nationalen Sicherheit’ mit Schwerpunktauf territorialer Unversehrtheitdes Staates und der Freiheit zur Wahlder Regierungsform und menschlicherSicherheit zu trennen. Eine Gefährdungder Sicherheit von Menschen kannunter anderem auch bei Bedrohungenund in Situationen vorliegen, die vomStandpunkt staatlicher Sicherheit ausnicht unbedingt als bedrohlich eingeschätztwerden. Gleichzeitig erweitertdas Konzept der menschlichen Sicherheitden Kreis der betroffenen Akteure,da hierbei nicht mehr der Staat derallein Handelnde ist. Das Ziel menschlicherSicherheit besteht nicht nur darin,Menschen zu schützen, sondern sieauch in die Lage zu versetzen, für sichselbst zu sorgen.Führende Wissenschaftler haben seitJahren darauf gedrängt, diese neueSichtweise menschlicher Sicherheit alsein Instrument zur Neubewertung derZukunft und des Konzeptes der Entwicklungselber zu verwenden, das sichnicht nur auf ein Pro-Kopf-Einkommen,sondern auch auf mehr Freiheitund Würde des Einzelnen bezieht.Amartya Sen zum Beispiel tritt für eineAgenda ein, in der die am dringendstenbenötigten Veränderungen enthaltensind: Handelsabkommen, Patentgesetze,globale Gesundheitsinitiativen, allgemeineSchulbildung, Verbreitung vonTechnologie, Umweltpolitik, Auslandsschuldenaber auch Konfliktbewältigungund Abrüstung. Kurz gesagt, eineAgenda, die eine Perspektive fürmenschliche Sicherheit bietet.Die Ziele menschlicher Sicherheit stehenauch in Einklang mit dem Aktionsprogrammfür eine Kultur des Friedensund der von der UN-Generalversammlungim Jahr 2000 verabschiedetenMillenniumserklärung. In der wissenschaftlichenund politischen DebatteSocial Watch Report Deutschland / 20
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